Neulich stieß ich bei Onlinedating auf ein Männerprofil, in dem stand, er suche eine Frau, “die gerne Frau” sei. Es folgte eine kurze Aufzählung von Indikatoren, an denen man das seiner Meinung nach ablesen kann. Ablesbar war daran aus meiner Sicht aber nur eines: er suchte eine Frau, die das Verhalten und das Aussehen, das ihr von der männlichen Zivilisation zugedacht ist, gerne annimmt. Hochhackige Schuhe, Kleider, gerne mit “devoter Ader”. Zeit, die Formulierung “gerne Frau” mal etwas aufzudröseln.
Vorausgeschickt sei, dass solche Formulierungen per se in etwa so sinnvoll sind wie zu sagen “Ich bin gerne heterosexuell” oder “Ich bin gerne 1,73m groß”. Mein Geschlecht ist nichts als biologischer Zufall (künstliche Befruchtung ausgenommen), ich habe es mir nicht ausgesucht, genau so auf die Welt gekommen zu sein. Ich bin eine Frau, ich kenne nichts anderes. Aber das nur der Vollständigkeit halber.
Was also meinen wir, wenn wir sagen, eine Frau ist “gerne Frau”?
In der Regel meinen wir damit genau das Gleiche wie der Profilschreiber von oben. Wir meinen Frauen, die sich in die Geschlechterrolle einfügen, und zwar freiwillig und selbstbewusst. Die sich so kleiden, wie es den meisten Männern gefällt, die Geschlechterklischees leben, die also Männer anhimmeln, im Bett passiv sind und gerne gefallen. Eine Frau, die all das nicht tut oder mag ist demnach eine Frau, die nicht gerne Frau ist. Ich trage gerne Kleider, aber niemals hochhackige Schuhe. Meine Nägel sind immer lackiert, aber ich trage meine Haare kürzer als mancher Mann. Bin ich also eine Frau, die gleichzeitig gerne und ungerne Frau ist? Schrödingers Frau, oder wie?
Sie sehen schon, dass wir so nicht weiterkommen. Geschlecht von zugeschriebenen Geschlechtererwartungen zu trennen, um zum Kern der eigenen Identität vorzudringen, ist sehr schwierig. Wir alle sind mit diesen Erwartungen aufgewachsen. Vom ersten Atemzug an haben uns andere Menschen Kleidung angezogen, Verhalten und Vorlieben antrainiert, die sie für richtig, für “normal” hielten. Wir haben in unseren Familien gesehen, wie sich die Eltern der Partnerperson und anderen Menschen allgemein gegenüber verhielten, und verinnerlichten es als “normal”. So ist ein Mann, so eine Frau. Dieses tägliche Erleben hat unser aller Selbstverständnis geprägt – nicht nur, aber eben auch das geschlechtliche. Dennoch lohnt sich der Versuch, gesellschaftliche Erwartung und angeborene Identität voneinander zu trennen, damit der Satz “Ich bin gerne Frau”, den ich übrigens früher selbst oft gesagt habe, eben mit der Identität gefüllt wird und nicht mit Erwartung.
Frau sein
Ich bin eine Frau. Eine Frau Mitte Vierzig, die seit fast 20 Jahren ihren Eisprung nicht unterdrückt, deren Sexualität und Körper also weitgehend naturbelassen ist. Was bedeutet das für mich?
Es bedeutet zum Beispiel, dass ich nicht an jedem Tag meines Zyklus gleich gut funktioniere. Dass mein Energielevel schwankt, meine Konzentrationsfähigkeit, meine emotionalen Bedürfnisse. Das so sagen zu können und gegen eine Gesellschaft zu verteidigen, die den Wert von Menschen an ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit misst, war für mich ein großer Schritt. In der ersten Zyklushälfte bin ich fierce, wie man so schön sagt, eine furchtlose Amazone, der nichts und niemand etwas kann. In der zweiten hingegen verwandle ich mich in einen kraftlosen Schlappsack, der gerne jemanden hätte, der ihn an die Hand nimmt. In der ersten Hälfte ist meine Libido sehr stark, in der zweiten habe ich kaum Interesse an Sex. In der ersten arbeitet mein Gehirn fokussiert und logisch, in der zweiten wird mein Handeln eher durch meine emotionalen Bedürfnisse geprägt. Die Liste ließe sich noch eine Weile fortsetzen, aber Sie sehen vermutlich auch so, wohin ich will.
Frau sein bedeutet für mich, nicht jeden Tag gleich zu sein, weil während meines Zyklus unterschiedliche Prozesse in meinem Körper ablaufen. Frau sein bedeutet also in gewisser Weise auch, unberechenbar zu sein – als “launisch” wertet es die Männerzivilisation ab.
Frau sein bedeutet für mich damit auch etwas sehr Körperliches – eben weil mein Verhalten, mein Wohlbefinden und meine Arbeitsleistung so stark durch meinen Zyklus beeinflusst werden. Um zu meiner Identität als Frau zu kommen, muss ich also meinen Körper kennen, seine Signale wahrnehmen und schlussendlich auch zulassen, dass er im Naturzustand am längeren Hebel sitzt. Diese Körperlichkeit prägt mein Ich-Verständnis sehr stark, ich bin (als Frau) eben das, was mein Zyklus gerade vorgibt.
Was noch? Ich bin extrem emotional. Wie sich das äußert, ist von Situation zu Situation und von – ha! – Zyklushälfte zu Zyklushälfte unterschiedlich. Ebenso wie es Tränenausbrüche und Zorn zur Folge haben kann, führt es zu endlosen Lachanfällen, Momente absoluten Glücksempfindens, berauschender Lust und großer Liebe für das Leben und die Menschen. Die männliche Zivilisation hat Emotionalität als etwas Schlechtes gebrandmarkt, aber ich fühle mich dadurch in meinem täglichen Wahrnehmen extrem bereichert, auch wenn die Ausprägung nicht immer eine angenehme ist.
Welche meiner sonstigen Eigenschaften “typisch Frau” ist, vermag ich nicht zu sagen. Ich habe ein höheres Risiko als ein Mann, an Angststörungen und Depressionen zu erkranken (und bin es auch schon), bin aber im gesunden Zustand weder besonders vorsichtig noch bedrückt. Meine Empathie sorgt dafür, dass ich in Gegenwart unglücklicher oder schwacher Menschen schnell mitleide, aber kleine Babies, die schwächsten also von allen, lösen in mir nicht automatisch Liebesgefühle aus. Liebesfilme und -geschichten finde ich verdummend, mich den ganzen Tag mit Make-up zu befassen, erscheint mir verschwendete Zeit. Dennoch bin ich eitel, schaue mich gerne im Spiegel an und finde die Tatsache, dass meine Haare vom häufigen Bleichen anfangen zu brechen, ausgesprochen lästig. Welche dieser Erscheinungen aber originär in mir liegen, durch angeborene physische Faktoren, und welche sich durch mein Leben in einer vierköpfigen Familie eingeschlichen haben, weiß ich nicht.
Wenn ich also nur für mich selbst spreche, bedeutet Frau sein zunächst einmal eine große Ambivalenz in meinen Eigenschaften und Vorlieben. Dass diese Ambivalenz sich manchmal angenehm anfühlt und manchmal eher unangenehm, liegt in der Natur der Sache.
Bin ich all das gerne? Ja. So wie ich gerne 1,73m groß bin. Ich habe es mir nicht ausgesucht.
Wie ist das bei Ihnen und Euch? Was bedeutet Frau sein?
Ich – schon etwas länger gerne Frau als Du – sage danke für die klare Einordnung, die ich so unterschreiben möchte. Noch nie habe ich es so gezielt differenziert durchdacht, aber es trifft’s genau, was auch ich beim Gebrauch dieser Formulierung meine.
Als Frau bin ich ein Gefäß oder Gehäuse, in dessen Bauch sich der (Hetero-) Mann super wohl fühlt. Und auch ich fühle mich, wenn ich den Mann mag, von ihm wohlig ausgefüllt und ergänzt. Zudem brauche ich den Mann, um mich fortzupflanzen zu können. Doch weil der Mann mich, sein wohliges, warmes “Zuhause”, so sehr begehrt, fürchtet er mich: Die Himmelstür könnte verschlossen sein. Oder offen auch für einen anderen, lieben Gast. Dann weiß er nicht, ob das Kind, das in mir wächst, von ihm ist. Deshalb will der Mann mich, Wonneschloss und Brutkasten, besitzen und bewachen. Und er will Hausherr sein, will mich, sein Haus, ggf. umbauen, renovieren, abreissen und, wenn ich ihm nicht mehr gefalle, durch einen Neubau ersetzen. Wir Frauen ahnen, was wir wissen: Der Mann ist ohne uns verloren, ist ohne Schutz und Ziel. Dummerweise drehen wir diese Tatsache um. Aus Mitleid?
Etwas OT: Weswegen meine These auch wäre: female choice war uns ist und bleibt immer primär wirksam, sie wandelt nur sie Verkleidung entsprechend der äußeren Einflüsse, den am Ende ist überleben alles und sich dabei wohlfühlen seit Jahrtausenden und heute noch in den meisten Teilen der Welt eher nice to have. Danken wir dem Schicksal dass es hier und heute nach 70 Jahren kein Krieg Chancen gibt das auf die gleiche Stufe zu heben. (Hab das Buch immer noch nicht durch, mea culpa.)
Liebe Meike,
danke für diesen interessanten Text!
Datingprofile, in denen nach einer “typischen” Frau gesucht wird, gibt es leider viel zu oft – das macht mich immer erstmal wütend, weil damit automatisch alle anderen individuellen weiblichen Profile degradiert werden. Umgekehrt wird natürlich auch immer wieder nach “typischen” Männern gesucht, das darf man wohl nicht verhehlen – die Schubladen im Kopf sind also auch nicht unbedingt an ein bestimmtes Geschlecht gebunden.
Aber zu Deiner Frage: “Frau sein” bedeutet für mich, der Gruppe von Menschen anzugehören, die sich selber als “Frau” identifizieren. Als Kind also vor allem meine Mutter, die Mädchen-Gruppe beim Sport, alles, wo “Mädchen” drüberstand. Ich habe das nicht hinterfragt. Heute habe ich diese Gruppe um Menschen erweitert, die sich selber als Frau sehen, aber nicht unbedingt in einem primär weiblichen Körper geboren worden sind.
Es gibt aber Gruppen, denen ich mich zuordne, die sehr viel relevanter für mich in meinem täglichen Leben sind: Ich bin Frau, ich bin aber auch Autistin, Linkshänderin, Mitglied im Club der langen Menschen. Speziell (funktionale) Autistin zu sein, überlagert alle anderen Gruppenzugehörigkeiten bei mir. Und, wenn ich so drüber nachdenke, eigentlich auch, ein “langer Mensch” zu sein – mit fast 1,90 m Körperlänge habe ich noch nie explizit klarstellen müssen, dass ich keine “typische” Frau bin, das schreckt Männer mit klassischem Rollenbild von vorneherein ab.
“Frau” ist also für mich nur eins von vielen zufälligen Merkmalen – und nicht das, das mein Leben am deutlichsten bestimmt, weil ich mich mit anderen Gruppen stärker identifiziere.
Viele Grüße! Anne
Gerne Frau? Mmhh, seltsamer Gedanke. Aber wenn ich bedenke, dass ich noch niemals den geringsten Wunsch verspürt habe, ein Mann oder divers zu sein, könnte das wohl auch auf mich zutreffen. Ein mädchenhaftes Mädchen war ich nicht, typisch Frau nicht als Erwachsene. Kinderwunsch: nö, habe ich niemals verspürt (aus dem Alter bin ich nun aber auch schon lange raus). Meine Dominanz in der Paarbeziehung hat einen bösen Drall in Richtung Herrschsucht, wie ich vor Kurzem erfuhr. Zeitlebens hatte ich (hetero, eitel) viel größeres Vergnügen am Spiel mit den sexuellen Reizen als am eigentlichen oder richtigen Sex – auf die letztere Erkenntnis bin ich übrigens verblüffend spät gestoßen. Was mag das alles bedeuten? Was heißt denn nun Frau sein? Und wie oder wann lernt man sich überhaupt selbst kennen?
Frau sein als zufälliges Merkmal: ja, da stimme ich Anne zu, dennoch empfinde ich dieses zufällige Merkmal als extrem bestimmend, quasi meinen sonstigen Gruppenzugehörigkeiten übergeordnet.
@fraumeike: Zum Feminismus kam ich erst sehr spät. Dein Buch habe ich freudig und im Stück verschlungen, denn mit deiner naturwissenschaftlich gefärbten Herangehensweise sprichst du eine Sprache, die ich – anders als so manche kulturwissenschaftliche Betrachtung – instinktiv (?!) verstehe und genieße!
Hier auch Ausleben der hormonellen Schwankungen. Das mit den Ambivalenzen kann ich unterschreiben, natürlich etwas anders ausgeprägt, ist ja klar.
Trage gerne Kleider, enge Sachen, Ausschnitt. Habe lange Haare, gute Figur. Schminke mich fast immer (aber sehr wenig). Kann auch 3 Tage hintereinander dasselbe Shirt und Jeans tragen, bis zu den Knien im Schlamm versinken etc. Bin gerne treusorgende Mutter, aber egoistische Köchin. (Kocht nur, wenn sie Lust hat. Dann aber gut).
Was mir aber interessanterweise schon von etlichen Männern (nie von Frauen) vorgeworfen wurde: Ich sei in meiner Art, meinem Wesen zu männlich, zu hart.
Obwohl ich dazu neige, mir Kritik nahe gehen zu lassen, hat mich das nie tangiert. Fand das eher amüsant. (womit die Männer sich interessanterweise bestätigt sahen).
Zu solchen Aussagen in Dating-Profilen: Finde ich praktisch. Wenig Wörter und ich weiß sofort, der ist nichts für mich.
Gerne Frau? Nie. Ist so, ist nicht zu ändern, also gut.
Im Zusammenleben mit meinem Mann bin ich sehr gerne Frau, vor allem der körperliche Aspekt ist sehr schön. Bei allen anderen Menschen reicht es mir völlig, also Menschen die ich mag und die Freunde sind, das sie mich als Kumpel sehen. Frau sein wird überbewertet, Mann sein aber auch!
Danke für diesen Beitrag, Frau Meike. Dieses Zyklenhafte des Frauenlebens habe ich erst mit Mitte 20 angefangen zu verstehen (nämlich mit meiner ersten Partnerin) und bin jetzt immer noch am Dazulernen und Besserverstehen. Mir hat das damals niemand erklärt bzw. es wurde nie richtig drüber gesprochen, deswegen finde ich es total gut, dass Sie das hier mal so deutlich auf den Punkt bringen. (Mich hat diese Idee des Zyklus übrigens auch an Wintereinbrüche erinnert, wo sich die Kollegen aufregten, dass durch die Verkehrsbehinderungen durch den Schnee irgendwie alles ins Unordentliche geraten ist. Denen habe ich damals gesagt, dass wir nicht davon ausgehen sollten, dass Alles und Jeder jeden Tag genauso gut funktionieren kann wie sonst auch.) Dieses Denken in Zyklen und Rhythmen, das fehlt unserer Gesellschaft irgendwie bzw. es bleibt deklarativ, könnte uns aber, wenn es denn ein integrales angewandtes Denken werden würde, möglicherweise helfen, das (Zusammen)Leben insgesamt ein bisschen besser werden zu lassen.
Was bedeutet Frau sein?
Frau sein bedeutet für mich vor allem Frau sein im Kopf.
(Das erklärt für mich auch, warum manche Menschen, die in einem biologisch-nicht weiblichen Körper stecken, trotzdem Frau sein können).
Mittlerweile fühle ich mich als starkes Geschlecht. Und genieße es und bin sehr, sehr gerne Frau.
Ich bin sehr schlank, habe einen sportlichen Körper und eher zierliche Kurven. Und trotzdem fühle ich mich sehr als Frau. Ich mag meinen Körper so wie er ist (ok, er könnte wieder ein paar Jahre jünger sein, aber das ist auch schon alles). Und ich liebe es, mich drunter wie drüber feminin anzuziehen. So, wie es vielen Männern gefällt. Nach außen zeige ich so, wie ich mich als Frau fühle. Aber egal was ich trage, wofür ich mich entscheide, das Gefühl Frau zu sein, kommt vom Kopf. Und ist mein persönliches Gefühl.
Und es ist spannend, dass es für jede Frau wohl zumindest etwas anders ist. Das gefällt mir gut. Sogar so gut, dass mir (Cis-) Männer auf sexueller Ebene ganz egal sind und ich auf Frauen stehe.
Frau sein = vielfältig sein.
Ich wünsche mir, dass sich alle Geschlechter – Frauen, Männer und alle weiteren Geschlechter – sich vielfältig entwickeln dürfen. Ihr Glück und ihre Zufriedenheit finden. Denn “bunt” ist diese Welt so wie so schon. Aber es zu leben, ist doch viel schöner und friedlicher.
Frau sein heißt für mich aber auch, stark sein, durchhalten zu können, viele Geschlechterungerechtigkeiten ertragen zu können, zu “kämpfen”, und immer und immer wieder zu bemerken, wie unsichtbar man als Frau in manchen Bereichen ist (als Lesbe erst recht), sich anhören zu müssen, dass Frauen doch endlich zufrieden sein sollen, was wollen sie denn noch…, dass sich die ganze Welt an Männern orientiert , sogar die Verkehrsführung, damit der Verkehrsfluss nicht gestört wird (auch wenn es das Leben und die Gesundheit von anderen Menschen kostet, und gerade Kindern gegenüber ignorant ist).
Das alles lässt mich nicht aufgeben, bestärkt mich, meine Meinung zu sagen, meine Kinder in meiner Weise zu erziehen, Petitionen zu starten, einfach mal nicht mitmachen, wenn es in irgendeiner Form mädchen-/frauen-/geschlechter-/queerfeindlich ist, usw….
Als Frau spüre, erleide und erlebe ich die ganze Ungerechtigkeiten sehr intensiv und teilweise direkt.
Ja, Frau sein ist vielfältig.
[…] Gerne Frau – Frau MeikeÜber Rollenerwartungen und -zuschreibungen: […]
Danke für dieses Eigenbild, ich denke, man kann gratulieren dazu. Ich oute mich als alter weißer Mann, der das Buch sehr interessant fand, allerdings auch die “wissenschaftlchen” Schlüsse als eine doch sehr subjektive Modellkonstruktion annimmt.
Es wäre spannend, würden hier viele Frauen und Männer so klar und klug Ihr Eigenbild “gerne – sein was was, körperlich, ist….” schildern und ausbreiten.
… dabei klingt hier ja nur ein Ton an, von der Melodie unserer Leben.
Was macht das Frau sein für mich aus: In erster Linie sind es die äußeren Geschlechtsmerkmale, die mich als Frau kennzeichnen. Ansonsten möchte ich einfach nur als Mensch gesehen werden. Mit all seinen Schwachen und Stärken. Mich nicht an Rollenzuschreibungen orientieren müssen.
In mancher Hinsicht ist die Frau an mir vorbeigegangen, denke ich manchmal, weil mir viele Dinge Spaß machen, die nicht typisch Frau sind. Z.B. habe ich als Kind oft mit den Jungs gerangelt, ich fahre leidenschaftlich Motorrad, habe ein paar Jahre Karate trainiert, meine Lehre auf dem Bau gemacht, etc. Ich unterhalte mich lieber mit Männern, weil “typische Frauenthemen” mich eher nicht interessieren. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich in voller Montur auf meinem Motorrad sitze und ein Biker wie alle anderen bin. (Genieße aber schon auch die staunenden Blicke der Männer, wenn ich den Helm abnehme.) Das heißt aber nicht, dass ich lieber ein Mann wäre. Ich fühle mich sehr wohl so, wie ich bin. In mancher Hinsicht bin ich ja auch ganz und gerne Frau. Mit High Heels, Kleid oder Rock und geschminkt.
Ich bin auch Feministin, finde aber eine Frauenquote trotzdem nicht gut und erst recht nicht die gendergerecht Sprache. Wenn ein Planungsprojekt von mir umgesetzt wird und ich auf Baustelle bin, dann ist mir egal, ob man mich als Bauleiter oder Bauleiterin bezeichnet. Ich muss einen guten Job machen, egal ob ich Mann oder Frau bin. Und ich möchte akzeptiert werden, womit ich aber auch eher selten Probleme habe. Weder auf der Baustelle, noch wenn ich als Lehrer lauter Männer in Bautechnik unterrichte.