Das Schreien der Lämmer

UPDATE: Eine Ergänzung dieses Artikels habe ich unter “Schreiende Lämmer – Das Nachspiel” geschrieben. Und unter “Das Gewicht der Selbstbestimmung” noch etwas über die Kontrolle und Verantwortung, die man über und für sein eigenes Leben übernehmen kann.

Die Debatte über Alltagssexismus, die momentan allerorten hochpoppt, macht mich wütend. Sehr wütend. So wütend, dass ich mich in den letzten zwei, drei Tagen zu Äußerungen hinreißen ließ, die knapper und aggressiver waren als gut gewesen wäre. Dafür möchte ich mich bei allen, die sich dadurch verletzt gefühlt haben, entschuldigen.
Weil ich die Debatte wichtig und notwendig finde und weil mir nichts ferner liegt, als die Erfahrungen von Frauen, die sexueller Gewalt ausgesetzt waren, herabzusetzen, zu bagatellisieren oder lächerlich zu machen.

Dennoch möchte ich sagen, was mich wütend macht und warum.
Ich glaube, dass diese Debatte, die ich so wichtig finde, an mehreren Stellen falsch läuft. Das macht mich wütend, weil ich befürchte, dass sie deshalb verpuffen wird. Die Debatte wird bisher nach meinem Gefühl sehr eindimensional geführt und bestimmte Aspekte werden ausgelassen, die nach meinem Gefühl nicht ausgelassen werden dürfen.
Ich möchte gerne versuchen, auf diese Aspekte ein Licht zu werfen.

Es geht mir im Folgenden nicht darum, so zu tun, als gäbe es keinen Sexismus, sondern darum, was jeder Einzelne von uns als sexistisch empfindet und wie wir damit umgehen.

Hinweis: dieser Artikel wird sehr, sehr lang, weil da oft “nach meinem Empfinden”, “meines Erachtens”, “ich finde” usw. steht. Das stört den Textfluss zwar manchmal etwas und zieht den Text in die Länge, ist aber bei diesem Thema leider unerlässlich. Geht also besser nochmal auf Klo, bevor Ihr anfangt.

1.) Die Verquickung von z.B. Sexismus und Kindesmissbrauch, Sexismus und Vergewaltigung, Sexismus und körperlichen Übergriffen.

Die geschätzte Daniela Warndorf hat das bei Facebook so formuliert:

“Das Problem an Debatten über Sexismus ist, dass vielen Frauen gar nicht klar ist, dass Sexismus und sexuelle Belästigung verschiedene Dinge sind.”

Die Vermischung dieser Schlagworte überdramatisiert das Eine und — weitaus schlimmer — bagatellisiert das Andere. Die Grundhaltung mag bei allem eine ähnliche sein, nämlich die Objektifizierung des Gegenübers, aber das ist nach meinem Empfinden auch alles.
Kindesmissbrauch und Vergewaltigung sind schwerste Verbrechen und allein schon dadurch ganz klar zu trennen von Sexismus, der zwar oft unangenehm, schmierig und geschmacklos, aber eben kein Verbrechen ist. Solche schlimmen Verbrechen für die Lösung eines sozialen Problems zu missbrauchen, empfinde ich als Ohrfeige ins Gesicht aller Opfer sexueller Gewalt (sie selbst mögen das freilich anders empfinden).

2.) Das Ignorieren unterschiedlicher Wahrnehmungen.

Was genau als sexistisch und unangenehm wahrgenommen wird, ist — obwohl es reichlich allgemeingültige Definitionsversuche gibt (bei Bedarf bitte selber googeln) — unterschiedlich.
Und zwar nicht nur von Frau zu Frau unterschiedlich, sondern auch von Situation zu Situation, von Mann zu Mann, von Alter zu Alter, von Lebensphase zu Lebensphase, von Mentalität zu Mentalität.

  • Wenn mir ein Mann auf der Straße hinterherpfeift – sexistisch oder nicht?
    Wenn er mir wie in der schönen 80er-Jahre-Parfumwerbung plötzlich Blumen schenkt – sexistisch oder nicht?
  • Wenn ein Mann, den ich als unattraktiv empfinde, ein bisschen zu dicht neben mir steht – unangenehm oder nicht?
    Wenn er aussieht wie [hier attraktiven Schauspieler einsetzen] – unangenehm oder nicht?
  • Wenn mir ein mir nur oberflächlich bekannter Mann ein zurückhaltendes, freundliches Kompliment über mein Kleid macht – Übergriff oder nicht?
    Wenn *schüttel* Rainer Brüderle das tut – Übergriff oder nicht?
  • Wenn ein erwachsener, einigermaßen gebildeter Mann, den ich kaum kenne, schleimige Bemerkungen über meine Brüste macht – geht das zu weit oder nicht?
    Wenn das ein 18-jähriger Junge macht, auf dem Zenit seines Hormoneinschusses – geht das zu weit oder nicht?

Ganz zu schweigen davon, dass Frauen Situationen einfach unterschiedlich empfinden. Die eine fühlt sich durch Blicke bereits bedrängt und zum Objekt degradiert, die andere erst, wenn körperliche Grenzen überschritten werden (Hand auf den Rücken legen, Handkuss etc.). Ab einer gewissen Intensität und Aggressivität des männlichen Verhalten sind höchstwahrscheinlich alle einig, aber auf die Frage, wo Sexismus anfängt, gibt es vermutlich so viele Antworten wie Frauen.

Die Vielfalt an persönlichen Maßstäben, die in meinen Augen jeden Versuch einer allgemeingültigen Definition ad absurdum führen muss, wird in meiner Wahrnehmung bisher nur von einzelnen Frauen berücksichtigt.
Gerade bei einem so heiklen Thema finde ich aber Verknappung und Verallgemeinerung völlig kontraproduktiv. Ebenso kontraproduktiv finde ich es, hier kurzerhand den “sensibelsten Filter” als Verhaltensmaßstab zu benennen.

3.) Die Weigerung vieler Frauen, Verantwortung zu übernehmen.

Sexismus ist ein komplexes, multikausales Monster, das zu allem Überfluss noch an die empfindlichsten Punkte von Männern und Frauen rührt: ihre sexuelle Identität. Ein so heikles Thema braucht meines Erachtens eine umsichtige Betrachtung von allen Seiten.
Der einzige Lösungsansatz, den ich in dieser ganzen Debatte wahrnehme, ist die Anklage und die Forderung an Männer, es anders zu machen, sich zu ändern. Diese Anklage manifestiert sich für mich unter anderem in der Twitteraktion #Aufschrei, in der Frauen ihre mal mehr, mal weniger erschreckenden Erfahrungen mit Alltagssexismus schildern.
[Einschub: hier habe ich übrigens circa 60% Schilderungen gelesen, die ich erschreckend fand, und 40%, die mir wie kleinliches Pillepalle erschienen. Dies nur zur Verdeutlichung, was ich mit “unterschiedliche persönliche Grenzen” meine.]

Sexismus ist nach meinem Dafürhalten in erster Linie ein komplexes, soziales Problem und wie bei den allermeisten sozialen Problemen liegt die Lösung in den Händen beider Partner. Fefe bringt das in seinem Blog (in einem Nachklapp zur Creepercard-Aktion auf der 29c3) so auf den Punkt:

“Sexismus ist ein soziales Problem, sowas löst man, indem man miteinander redet.”

Sich zurückzulehnen und zu sagen “Es ist eine Zumutung mit Euch Männern, ändert Euch”, ist nicht miteinander reden, das ist doof und unerwachsen.

Sexismus ist ein Problem, das über Jahrtausende der Menschwerdung “gereift” ist.
Frauen als Objekt zu sehen, ist ein uraltes männliches (und natürlich völlig überkommenes) Verhalten.
Ebenso überkommen ist aber auch das uralte weibliche Gegenstück: das Stillhalten, das Ignorieren eigener Grenzen, das Sich-nicht-wehren, das Unterordnen.

Wenn Frauen nun also zu Recht von Männern verlangen, dass sie ihre völlig veralteten Frauenbilder und Verhaltensmuster überdenken, müssen sie dann nicht auch ihr eigenes Verhalten überdenken? Weniger hinnehmen, klarer sprechen, für sich selber einstehen, statt auf Rettung zu warten, nicht immer still sein, “damit die liebe Seele ihre Ruhe hat”?

Zitat aus einer Facebook-Diskussion:

“Wie sollen Männer lernen, wo die (bei jeder Mann/Frau-Konstellation wo anders liegende) Grenze zwischen im Zweifel auch tollpatschiger Beziehungsanbahnung und unstrittig tatsächlicher Belästigung liegt, wenn Frau das Mann nicht sagt?”

So funktioniert doch soziale Reifung: Männer lernen von Frauen, Frauen lernen von Männern, man spricht gemeinsam darüber, wie man mit unterschiedlichen Bedürfnissen umgehen kann, Menschen [sic!] wachsen aneinander.

Zu warten, bis die Welt durch die Einsicht, Klugheit und Rücksichtnahme der Männer ein besserer Ort geworden ist, während man sich selber auf die Schilderung erschütternder Erlebnisse beschränkt, halte ich für falsch. Das ist für mich unmündiges Verhalten. Ausdruck von Schwäche und Unreife, sowie der Weigerung, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen.

Die Gesellschaft wird für Euch Frauen nicht einfach schöner werden, wenn Ihr nur lange genug drauf wartet, denn hier kommt der Riesenbrüller: Ihr seid die Gesellschaft. Wir sind die Gesellschaft. Jeder Einzelne von uns allen ist die Gesellschaft und jede [sic!] Einzelne von uns kann und muss dazu beitragen, dass die Gesellschaft besser wird.
Das ist nicht die Aufgabe von Männern, das ist unser aller Aufgabe.

4.) Die Opferhaltung vieler Frauen, die sich in der Debatte äußern.

“Frauen haben nie gelernt, Grenzen zu setzen […]”

“Aufgrund der christlichen Sozialisierung […] werden solche Übergriffe garnicht so wirklich wahrgenommen”

“Also lehnen Feminist_innen die Vorstellung ab, dass Frauen sexistisch gegenüber Männern sein können, weil Frauen die institutionelle Macht fehlt, die Männer haben” (http://sanczny.wordpress.com/2012/07/19/was-ist-sexismus/)

Also alle Frauen sind Opfer, zur Wehrlosigkeit verdammt. Und selbst die, die sich nicht als Opfer und fortwährend durch Männer bedroht fühlen, sind trotzdem Opfer, weil sie durch Jahrhunderte der Sozialisierung quasi gebrainwasht und daher unmündig und ohne eigenen Willen und eigene Entscheidung in solchen Fragen sind. Weiters dürfen Frauen Männer pauschal verurteilen und für sich selber Sonderrechte einfordern, weil sie ja qua Geschlechtshistorie niemals Täter (sondern wenn überhaupt, nur Opfer) sein können.

Ich möchte hierzu festhalten: ich bin kein Opfer und ich will von niemandem dazu gemacht werden. Ich bin in meinem Leben noch in keine Situation gekommen, die ich selber als sexistisch empfunden habe. Mittlerweile habe ich in Diskussionen schon von mehreren Frauen gehört, dass es ihnen auch so geht oder, falls sie doch einmal in einer unangenehmen Situation waren, sie den Mann einfach in seine Schranken gewiesen haben.

Hört auf, so zu tun, als hätten Frauen nur die zwei Optionen, entweder unangenehme Annäherungen über sich ergehen zu lassen oder auf das Wohlverhalten der Männer zu hoffen. Hört auf, so zu tun, als sei Wehrhaftigkeit und Selbstbewusstsein das Privileg einiger weniger Frauen und alle anderen seien den Männern, dem Leben und überhaupt der ganzen Welt hilflos ausgeliefert.

Ich bin der Meinung, dass zu den meisten ausbeutenden, unterdrückenden Situationen immer zwei Parteien gehören: einer, der unterdrückt, und einer, der sich unterdrücken lässt. Frauen können sich also an irgendeinem Punkt in ihrem Leben entscheiden, ob sie Opfer sein wollen oder nicht. (Körperliche Angriffe sind davon natürlich ausgenommen)

Sich zu befreien, heißt für mich, die Tür einzutreten, und nicht zu warten, bis der Hausherr [sic!] die Tür aufschließt.

5.) Nicht alles ist Sexismus

Menschen interagieren miteinander. Dabei geht manchmal etwas schief. Wenn es schief geht, ist das nicht zwangsläufig männlichem Dominanzverhalten geschuldet, sondern manchmal vielleicht auch einfach nur unglücklicher menschlicher Kommunikation.

  • Der verunglückte Versuch, eine Frau einfach kennenzulernen.
  • Fehleinschätzung einer zwischenmenschlichen Situation.
  • Eine holperig gewählte Formulierung.
  • Kein Gespür für Nähe und Distanz.
  • Schlechte Kinderstube.
  • Erfahrung.

Nochmal: es geht nicht um eindeutige Bedrängungen, die (vermutlich) alle Frauen unangenehm finden, sondern um den Graubereich von Verhaltensweisen, die eben nicht eindeutig sind. Die man durchaus unterschiedlich wahrnehmen und interpretieren kann. Nicht alle diese Verhaltensweisen gehen tatsächlich darauf zurück, dass der Mann seine weibliche Gesprächspartnerin nicht respektiert oder nur mit ihr ins Bett will. Nicht jeder Mann, der eine Frau einfach nur kennenlernen will und ihr das unbeholfen, holprig oder tollpatschig zeigt, ist ein rückständiger Arsch.

Ich glaube, es ist wichtig, das im Hinterkopf zu behalten, weil ich befürchte, dass die inflationäre Verwendung des Wortes “Sexismus” für alles und jedes am Ende nur dazu führen wird, Kommunikation zu beenden, nicht zu beginnen. Dazu, dass bei dem Wort niemand mehr genau zuhört und alle nur noch reflexhaft reagieren, egal in welche Richtung.

Und das wäre eine Tragödie.

Nachwort

Ich habe mich bemüht, den Artikel mit aller gebotenen Vorsicht zu formulieren. Ich habe ihn mit Absicht erst jetzt geschrieben, wo ich schon über den Zenit meiner Wut hinaus bin. Sechs Stunden habe ich an diesem Monster gesessen. Formuliert, gestrichen, neu formuliert, ergänzt, gekürzt. Und doch weiß ich, dass es Leser geben wird, die nur herauslesen, was sie herauslesen wollen. Da daran auch weitere Umformulierungen nichts ändern werden, erkläre den Artikel hiermit für fertig.

Ich habe in den letzten Tagen viele Dinge zu dem Thema gelesen. Wichtige, wertvolle Beiträge. Aber genauso oft habe ich eindimensionales, pauschaliserendes Geblubber gelesen, das die oben erwähnte Wut in mir ausgelöst, mich zwei schlaflose Nächte, viele Tränen und noch mehr Kraft gekostet hat. Von diesem Geblubber habe ich so viel gelesen, dass ich mir vorbehalte, Kommentare, die ich als solches empfinde, nicht freizuschalten.

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271 Kommentare

  1. Ich kann ziemlich viel von dem unterschreiben, was hier steht. Ich bin ganz weit davon weg, zu denken, dass Frauen, die sich nicht zu wehren wissen oder sich das nicht trauen (Abhängigkeitsverhältnis und/oder mangelndes Selbstbewusstsein) irgendwie die Schuld zugewiesen bekommen dürfen.

    Dennoch ist für mich eins klar: Es bringt nichts, darauf zu warten, dass sich etwas ändert, wenn nicht jede Einzelne (oder jeder einzelne Mann) ganz klare Ansagen macht. Man muss aufräumen mit dem überkommenen Frauenbild im eigenen Kopf und dem Schamgefühl, als hätte man selbst etwas falsch gemacht. Das kann uns niemand abnehmen.

    In einer idealen Welt wäre es natürlich nicht nötig, sich gegen Sexismus, sexuelle Belästigung u. ä. zur Wehr zu setzen. Doch in einer solchen Welt leben wir nicht, und stilles Erdulden bringt auch niemanden diesem Ideal näher.

    Viele Grüße
    Anne

  2. […] muss in dieser abwartenden Opferrolle), nur deutlich besser und differenzierter. Ihr solltet ihren Text dazu lesen, ganz ehrlich, vor allem die Frauen, aber auch Männer, generell jeder, der sich wie ich […]

  3. Vielen Dank für den Artikel. Er stellt die Gefühle, die ich als Mann beim Verfolgen der Sexismus-Debatte empfinde, in angemessener Weise dar.
    Wie Sie richtig erläutert haben, werden Männer in der #aufschrei-Aktion oftmals und meiner Meinung nach aber auch oft zu unrecht als schwanzgesteuerte Verbrecher dargestellt, wobei ich damit keine offensichtlichen Grenzüberschreitungen wie Anfassen o.Ä. meine.
    Aber das haben Sie ausreichend beleuchtet.
    Merci

  4. Hallo liebe Autorin, ich, ein Mann, bin über Twitter auf deinen Blog gestoßen. Ich finde es mehr als gelungen wie objektiv du das Thema beleuchtet und wünsche mir, dass unsere Medien auch in diese Richtung gehen.

    Als Mann komme ich mir gerade wie ein pauschalisierter Triebtäter vor. Wenn das so weiter geht, werden die Männer in 10-20 Jahren keine Frau mehr auch nur ansprechen und ihre Männlichkeit als etwas böses und schlechtes verteufeln… ob es dann das ist, was die Frauen wirklich wollen?

  5. Das finde ich mal wieder sehr klar aber differenziert auf den Punkt gebracht.
    Ich habe vorhin gedacht, dass sich Ähnliches auch zu “Rassismus” und “Antisemitismus” sagen lässt. Es gibt bei massiven Übergriffen Einigkeit, aber wo fängt es an? Und wenn alle möglichen Verhaltensweisen vom schiefen Blick bis zur körperlichen Gewalt in einer Schublade landen, bringt einen das in der Diskussion eben auch nicht weiter.

  6. Vielen Dank für diesen Artikel, der die Probleme der “#Aufschrei”-Geschichte sehr gut aufzeigt. Möge er viel Gehör finden.

  7. “Wenn es schief geht, ist das nicht zwangsläufig männlichem Dominanzverhalten geschuldet, sondern manchmal vielleicht auch einfach nur unglücklicher menschlicher Kommunikation.”

    Ein sehr wichtiger Satz. Alles unter dem Gesichtspunkt “Stellvertretender Kampf jedes Mannes um Vorherrschaft der Gruppe Mann” zu sehen bringt einem nur ein schönes Feindbild, aber sicher nichts in der Sache

  8. Wie schräg die aktuelle Debatte ist, sieht man auch daran, dass ca. ein Drittel dieses lesenswerten Postings eigentlich ein Disclaimer ist, was man alles nicht gesagt haben, und wen man keinesfalls verletzen will. Ich finde nicht, dass Du das nötig hast.

  9. Trifft den Nagel in jeder Hinsicht auf den Kopf. Danke fürs Schrieben.

  10. Was ich nicht verstehe. Du schreibst:

    “Wenn Frauen nun also zu Recht von Männern verlangen, dass sie ihre völlig veralteten Frauenbilder und Verhaltensmuster überdenken, müssen sie dann nicht auch ihr eigenes Verhalten überdenken? Weniger hinnehmen, klarer sprechen, für sich selber einstehen, statt auf Rettung zu warten, nicht immer still sein, “damit die liebe Seele ihre Ruhe hat”?”

    Müsstest Du dann nicht völlig ausrasten vor Freude, dass das unter dem Hashtag #Aufschrei nun endlich in einem größeren Maßstab passiert? Ist es nicht genau das, was Du hier forderst?

    Ich – männliche Heteroperspektive – bekomme solche Dinge immer nämlich immer nur dann mit, wenn mir Frauen im Vertrauen darüber berichten. Ich weiß, dass mir und anderen Männern dieses Hashtag viel Einblick in eine Erfahrungswelt bietet, die uns sonst verschlossen bleibt. (in diesem Fall gibt es nun mal zwei sehr unterschiedliche Erfahrungswelten bei Mann und Frau) Ich sehe das 100% als Kommunikationsangebot und bin sehr froh darum.

    • Mir geht es vor allem um direkte Kommunikation in der jeweiligen Situation.
      Ich habe jetzt mehrfach mitbekommen, dass Frauen es als Zumutung empfinden, wenn von ihnen gefordert wird, in zweideutigen oder sonstwie missverständlichen sozialen Situationen klar anzusagen, was Phase ist. Einem Mann deutlich mitzuteilen “Das empfinde ich als unangenehm”.
      Klare Ansagen, Grenzen deutlich aufzeigen.

      Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich #Aufschrei für unnütz halte. Nur finde ich eben die bloße Beschreibung der Situation ein bisschen wenig.

      • Ich versteh diese Meinung wenn es um sexistische Erfahrungen geht, aber sie ist mir zu wenig reflektiert, wenn es um Belästigung oder Schlimmeres geht. Derartige Erfahrungen sind nur zu häufig
        mit Schamgefühlen und mehr verbunden. Hier ist ein anschließendes Inneres Erstarren und damit verbundenes Schweigen beinah logische Konsequenz. Nur deshalb funktionieren sexuelle Übergriffe doch häufig so reibungslos für den “Täter” – da erscheint mir die bloße Forderung nach die Frau solle sich direkt wehren als naiv und auch nicht ganz fair.

        • Deshalb schrieb ich ja auch mehrfach, dass ich mich nur auf den legalen Bereich beziehe und mir die Trennung zwischen Sexismus und Sexualverbrechen sehr wichtig ist.

          • Leider sind die meisten Belästigungen juristisch überhaupt nicht relevant.

        • Toller Artikel, aber ich stimme Theres zu. Die innere Starre überwinden oder wie Alice Schwarzer es bei Günther Jauch (bei dessen Sprüchen am letzten Sonntag mein Blutdruck hochging)auf den Punkt brachte: wir sind topausgebildet, haben das “Emanzentum” und die “Endweiblichung” nicht mehr nötig und es hat sich trotzdem nichts geändert. Folge: Sprachlosigkeit.

          Es bedarf leider einiger Übung mit sexuellen Übergriffen, bis man verstanden hat was da gerade passiert.Ich finde die Aufschrei – Aktion nicht schlecht, weil sonst vieles niemals ans Licht gekommen wäre. Viele haben vielleicht auch jetzt erst verstanden was da eigentlich passiert ist und dass sie nicht alleine sind. Denn die Schuld wird leider immer zuerst bei den Betroffenen gesucht und nicht bei den Aggressoren. Ein System des Tatsachenverdrehens das über lange Zeit entwickelt wurde. Aber wir schaffen das gemeinsam!

  11. Vielen Dank. Genau auf den Punkt gebracht, wie immer. Ich hoffe, dass sich diese differenzierte Sichtweise auch unter Frauen weit verbreitet.

  12. Da kann ich jeden einzelnen Satz unterschreiben… dass dieser Vergleich Sexismus – sexuelle Belästigung so gefährlich ist, wäre mir selbst ehrlich gesagt nicht gekommen, leuchtet aber mehr als ein.

    Im Rückblick – auf einem feierfreudigen und recht deftigen Dorf aufgewachsen – gibt es allerdings viele Situationen, die eigentlich eindeutig sexistisch waren… nur haben die Frauen dort gerne mal mit gleicher Münze zurückgezahlt (und tun dies noch heute): ein Wunsch der “netten Truppe”, den anwesenden Damen die Oberweiten zu vermessen, wurde mit dem Spruch “…an der Nase des Mannes erkennt man usw.” und der Bitte, dann doch auch die Nasen vermessen zu dürfen, gekontert.

    Gefährlich an der ganzen Geschichte ist allerdings dieses “Sie/er hätte sich ja wehren können” – jemand anderen, der mir zu nahe tritt, in seine Schranken zu weisen, fällt mir leicht, anderen sehr schwer… sicher “gehören immer zwei dazu” – aber leider ist das auch nicht so einfach… kurz gesagt ein sehr sehr heikles Thema – aber sehr bedächtig und (trotz aller Wut zwischen den Zeilen) objektiv.

  13. Ich glaube nicht, dass man von sich, egal ob Frau oder Mann, behaupten könne, man sei kein Opfer. Oder nie Opfer von Sexismus geworden.

    Man kann gerne daran glauben, dass es so ist. Meinethalben es sich auch schön lügen. Aber man wird es dennoch hier und da.

    Und das schreibt eine Frau die sich ziemlich sicher ist, nur sehr selten Opfer von Sexismus geworden zu sein. Vergleichsweise. Auch weil ich ganz wenig Angst davor habe, als Zicke abgestempelt zu werden und simpel zurück fletsche.

    Opfer sein fängt beim eigentlich Übergriff an. Dabei ist völlig egal, ob man sich gewehrt hat oder erfolgreich gewehrt hat.

    Sorry, so einfach ist dann doch nicht, Meike.

    Ich komme gerade aus einer Arbeitssituation in der ich als 47-jährige Frau, die diesen Job so verdammt nötig hatte, Opfer wurde von Sexismus und mich nicht so einfach wehren konnte aufgrund einer simplen Probezeit in der ich mich befand. Da wehrst Du Dich dann nicht, weil Du den Job behalten willst. Das hätte ich auch nie für möglich gehalten, weil ich mich nämlich genau auch nicht für ein Opfer halte. Und schwups! Passiert! Ich wünsche Dir sehr, sehr, sehr, dass Du nie in die Situation kommen wirst.

    • Entschuldige, Creezy, aber ich glaube einfach nicht, dass es, nur weil man mit jemandem zusammenarbeitet oder sich in der Probezeit befindet, unmöglich sein soll, sich gegen Annäherungen zu wehren. Sich nicht zu wehren, sendet außerdem das völlig falsche Signal: es ist okay, was Du machst, mach ruhig weiter.
      Das Gespräch suchen, klar und bestimmt, ist Teil menschlicher Konfliktlösungsstrategien und damit kann es jeder versuchen, auch jemand, der sich in der Probezeit befindet.

      • sorry, aber dann bist du einfach noch nicht in der verzweifelten Lage gewesen UNBEDINGT für (dein Kind etc) einen job behalten zu müssen. egal was passiert. ich wünsche dir sehr, niemals in diese situation zu kommen und immer so abgesichert zu sein, dass du deine arbeit locker austauschen kannst. egal wie alt du bist. das perfide ist ja gerade dass sexismus so versteckt funktioniert und alle herum stehenden deine reaktion als albern und kindisch (oder hysterisch, typisch frau) empfinden. wie gesagt: sei einfach froh.
        viel glück!

        • Das Problem dabei ist, dass das Ergebnis der Probezeit damit lautet:
          creezy hat erkannt, dass in der Firma und insbesondere bei den Leuten, mit denen sie zusammenarbeiten soll, (mindestens) Sexismus vorkommt. Sie hat erkannt, dass sie dass dulden wird, um die Stelle zu bekommen.
          Die Firma hat erkannt, dass sie nicht aufmucken wird.
          Der Kollege hat erkannt, dass er ungestraft so agieren kann, und sie bereit ist, alles hinzunehmen.

          Wie wird dann wohl die eigentliche Tätigkeit sein?

          Natürlich ist Gegenwehr in so einer Notlage extrem schwer und jeder (Frauen wie Männer), der in so einer Situation ist, ist leicht ausnutzbar. Aber ganz ohne Gegenwehr wird immer alles so bleiben.

      • Na DAS hängt doch ganz viel mit dem beruflichen Umfeld zusammen. Nämlich wie groß ist das Unternehmen. Gibt es überhaupt ausreichend Ansprechpartner, die neutral agieren?Also, gibt es einen Betriebsrat und ist der überhaupt gut und vertrauenswürdig? Oder stiert Dir der Vorsitzende selber ständig in den Ausschnitt?

        Da ist rein gar nichts nur schwarz und weiß.

      • Die Probezeit dient zur beiderseitigen Orientierung: ist der/die Neue Teil der Lösung, oder Teil des Problems? In dieser Phase sollte man den Betriebsrat oder Chef möglichst NICHT mit Problemgesprächen die Zeit rauben.
        Dass Creezy, wie jede/r, der in einem Unternehmen startet, in dieser Situation den Kürzeren zieht, ist doch klar.
        Oder glaubst du wirklich, Meike, ein vertrauensvolles Gespräch mit dem Vorgesetzten hätte zur Folge, dass dieser dankbar für den Hinweis auf einen innerbetrieblichen Misstand ist und den langjährigen Mitarbeiter zur Raison ruft? Und hätte sie die Sache selbst in die Hand genommen, wie wäre wohl ihre Beurteilung ausgefallen?
        Es hat nichts mit Opferrolle zu tun, aber es ist schon so, dass es Männern recht leicht gemacht wird, von ihrer Dominanz ungestraft zu profitieren.
        Sexismus ist auch eine Spielart von Macht.

        • Dass es den Männern leicht gemacht wird, habe ich nicht angezweifelt. Umgekehrt: dass es nicht immer einfach ist, sich aus Situationen zu befreien (ich sage das bewusst so vage), steht völlig außer Frage, aber die Beharrlichkeit, mit der hier Viele immer wieder Gründe suchen und finden, weshalb es für eine Frau unmöglich ist, die Dinge zu verändern, verwundert mich doch sehr.

          Es wird doch wohl niemand behaupten wollen, dass es niemals möglich ist, selbstbestimmt auf Unterdrückungssituationen zu reagieren, weil das alles Abhängigkeiten sind oder sonstige Schieflagen.

          Diese passive Haltung bezieht sich ja nicht nur auf sexistische Situationen, sondern auch auf unglückliche Partnerschaften und Jobs, die einen aus anderen als sexistischen Gründen nicht zufrieden machen. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich Männer und Frauen jahrelang über unglückliche Beziehungen und Jobs habe jammern hören, ohne dass auch nur einem/r in den Sinn gekommen wäre, den unerträglichen Zustand einfach abzustellen. Das meine ich mit “Verantwortung für das eigene Leben”.
          Ein “Ich kann nicht wegen [hier äußere Faktoren einsetzen]” schrumpft nämlich bei genauer Betrachtung sehr häufig zu einem “Ich habe Angst vor den Konsequenzen” zusammen. Diese Angst ist unangenehm, ohne Frage, aber eben etwas anderes als “Es ist unmöglich”.

          Ich halte es für eine grundsätzliche Entscheidung, irgendwann zu sagen “Ich lasse es zu, dass mein Leben einfach passiert, oder ich entschließe mich dazu, es aktiv zu gestalten”. Das Letztere ist ein unangenehmer Weg bisweilen, der auch mal dazu führt, dass man umzieht, einen Job kündigt oder eine Beziehung beendet ohne Netz und doppelten Boden. Ich weiß das, weil ich das in einem ungeheuer anstrengenden Kraftakt selbst durchgemacht habe.

          Wie gesagt: ich kann meine Zeit damit verbringen, immer Gründe dagegen zu finden, und mich damit der quälenden Situation kampflos ergeben.
          Oder ich kann irgendwann anfangen, Gründe dafür zu finden.

          (Dass es trotz einer solchen Entscheidung nicht immer möglich ist, alles zu tun, weiß ich. Es geht mir um die grundsätzliche Haltung.)

          • “Es wird doch wohl niemand behaupten wollen, dass es niemals möglich ist, selbstbestimmt auf Unterdrückungssituationen zu reagieren, weil das alles Abhängigkeiten sind oder sonstige Schieflagen.”
            ———–

            Dass das “niemals” möglich ist, würde ich nicht sagen.

            Aber zu welchem Preis?

            Ich kenne einen Fall, wo eine ausländische Doktorandin von ihrem Prof. vergewaltigt wurde, sich an die zuständige Stelle der Uni gewandt hat, und daher eine Anzeige gemacht wurde. Die Kolleginnen und Kollegen des Professor wandte sich von ihr draufhin ab, obwohl er für solche Übergriffe eigentlich bekannt war. Sie konnte da also ihre Doktorarbeit dort nicht fertig machen, und deshalb bekam sie Probleme mit ihrem Stipendiengeber. Sie bekam auch Probleme mit dem Aufenthaltserlaubnis. Die Justiz wertete den Übergriff als nicht als eine Vergewaltigung an, da die Hürde für eine Verurteilung so hoch ist. Sie musste Deutschland verlassen, ohne hier irgendwas geschafft zu haben und mit Trauma.

            Ja, es war trotzdem richtig von ihr, sich gewehrt zu haben.

            Gerecht ist das nicht.

          • Deshalb sagte ich ja, dass es nicht immer leicht und in manchen Fällen tatsächlich unmöglich ist.
            Verallgemeinern kann man da nicht, ich mit meiner These von der Haltung auch nicht, es sind alles Fallentscheidungen.
            Ich hatte einfach nur den Eindruck, dass sehr, SEHR häufig gesagt wird “Geht nicht, lohnt nicht, ist unmöglich” und wie ich weiter oben schon schrieb, ist ein “Ist unmöglich” manchmal in wirklichkeit ein “Ich habe Angst”, was für mich etwas anderes ist.

          • @Meike (Antwort auf Ihren Beitraf von 17:27)

            Ich habe meine Vergewaltigung angezeigt. Dem Mann ist nichts passiert, er arbeitet weiterhin mit Kindern und Jugendlichen beruflich zusammen. Alles umsonst gewesen, außer dass ich davon nur Nachteile hatte und es mir hinterher noch schlechter ging als vorher. Ja, solche Erfahrung macht einen stark. Ich war schon so nah am Tod, selbst anonyme Mordsdrohungen erschrecken mich nicht mehr. Ja, ich bin stark geworden.

            Bin ich dankbar für diese Erfahrungen?

            Definitiv Nein.

          • Der Schritt vom fremd- zum selbstbestimmten Leben ist u.U. so groß, daß man niemandem einen Vorwurf machen sollte, der ihn nicht geht. Dafür kann es persönliche Gründe geben, die der Betreffende nicht einfach aus dem Weg räumen kann.

            Es ist schön, wenn Du diesen Schritt “gewagt” hast, und ich glaube Dir die Befreiung, die er bringt. Aber nicht jeder ist dazu jederzeit in der Lage.

            Damit möchte ich natürlich nicht die unablässigen Schuldzuweisungen rechtfertigen, die in solchen Situationen oft zu hören sind: Auch wenn man nicht anders kann, als in seiner persönlichen Falle zu verweilen, sind daran nicht automatisch andere Schuld.

            Insofern: Du hast vollkommen recht, auch wenn ich Dir widerspreche.

        • Und einer Frau in der gleichen Position (sie Vorgesetzte / lange dabei, er neuer Mitarbeiter in der Probezeit) würde es nicht ebenso leicht gemacht ?

          Sexismus ist keine Einbahnstraße. Allein das zu unterstellen ist bereits sexistisch. Wie man sich als Mann, der vllt. einfach nur nicht besser weiss wie er sich verhalten soll, fühlt, wenn man immer pauschal der Ar*** ist, darüber denken auch die wenigsten nach.

      • Ich habe das im zarten Alter von 25 mal einem Chef gesagt, dass mich seine Sprüche nerven und er hat mich daraufhin aus seinem Büro geschmissen. Er hatte tatsächlich den Nerv beleidigt zu sein! Danach gings los: fast alle männlichen Kol1legen haben mich mit den übrigen Sprüchen versehen: “Na sind wir heute ein wenig empfindlich..” Der übliche Mist. Das hättte mich ja noch kaltgelassen, aber leider ist es wieder passiert. Das Ergebnis: ich habe irgendwann gekündigt.

    • Ich habe das schon mehr als einer Frau gesagt: “Willst du tatsächlich für jemanden arbeiten, der dich so behandelt? Dann beklage dich nicht über die Konsequenzen.” Das finanzielle Argument sehe ich als das am wenigsten stichhaltige.

      • Dem kann ich nur beipflichten. Das lässt sich auch 1:1 auf “normales” Mobbing-Verhalten (was in diesem Zusammenhang ja letztlich auch nichts anderes ist) übertragen: Auf Dauer woanders eine Stelle finden.

        Womöglich nicht mit demselben Gehalt, aber dafür vielleicht: Mit angenehmeren Mitmenschen, guter Arbeitsatmosphäre, bessere Möglichkeiten zur Einbringung, und der Erfahrung, dass nicht jeder Betrieb voll von Arschlöchern ist.

        cu, w0lf.

  14. Du hast Dir sehr viel Mühe gegeben Deine Gedanken klar darzulegen. Ich weiß nicht, wie oft ich dass schon gemacht habe, wenn mir ein Gegenüber, männliches meist, eine Grenze zu überschreiten drohte oder einfach es an Realitätssinn mangeln ließ. Ich kann sowohl Klartext als auch Schlagfertigkeit, und doch wurde dieses Weiterreden eher als Nachgeben, verstehen wollen, doch irgendwie zustimmen gewertet. Da half dann nur noch nicht mehr mit der Person zu interagieren. Ich hab nicht mitgezählt wie oft aufgrund meiner fehlenden Neigung auf machohafte Annäherungen einzugehen, mir Geld angeboten wurde, als würde dass die andere fehlende Anziehung wettmachen. Das hat mich trotz Selbstbewusstsein und große Klappe haben immer für ein paar Takte aus der Fassung gebracht. Und ich mag einfach nicht immer reden, wenn jemand etwas sagt, von dem mir schlecht wird. Wohler fühler ich mich mit Männern, die sich auch in keine konforme Männlichkeitsrolle flüchten.

  15. Danke. Besonders Punkt 4 musste echt mal gesagt werden. Es kotzt mich dermaßen an, dass ich jedesmal in der Feminismusdebatte zum Opfer degradiert werde. Sowohl von Feministinnen und noch etwas ekliger ist es, wenn es von den selbsternannten Feministen kommt. Die müssen dann nämlich das arme (ihrer Meinung nach unaufgeklärte) Weibchen vor ihrer Einstellung retten und ihr aufwendig erklären, dass sie eben doch Opfer ist.

    Das ging so weit, dass auf meine Bericht hin, dass ich mich als Kind und Jugendliche durchaus unwohl gefühlt habe, dass ich so in die Mädchenecke gedrängt wurde und ich mich in der Rolle als ‘normale’ Frau nie wohlgefühlt habe nun aber eben meine Nische gefunden habe und mich als mässig weiblicher Nerd und Nerds wie ein Fisch im Wasser fühle, mir nahegelegt wurde doch mal zu überlegen ob ich nicht eigentlich doch lieber als normale Frau leben würde und nur verkorkst wurde…

    Grarr.. Da könnte ich lange wüten.

  16. Danke für deinen Beitrag. Du gibt’s das wieder, was ich nie hätte in Worte fassen können. Es entspricht genau meiner Meinung und meinen Gefühlen zu diesem Thema.

  17. Ich hab irgendwie auf meine Art versucht, genau das zu schreiben, was du hier geschrieben hast. Dass es eben Grauzonen gibt und man Verantwortung übernehmen muss und zwischen brutaler, sexueller Gewalt und ungeschicktem Verhalten ein himmelweiter Unterschied besteht. Es ist mir nicht mal annähernd so gut gelungen. (Verdammt) Danke für diesen Text und Applaus und nochmal Danke.

  18. Vielen Dank an die Autorin dieses Beitrags!

    Die verurteilende Aktivität, die sich heute unter #aufschrei findet, wäre gegenüber keinen anderen Gruppe oder Teile der Bevölkerung denkbar. Jede Form der pauschalen Zuschreibung negativer Verhaltensweisen zu Teilen der Bevölkerung mit spezifischen soziodemografischen Kriterien wird zu Recht als Rassismus, soziale Ausgrenzung, Diskriminierung behandelt. Dies sollte ganz einfach auch bei Menschen gelten, die das soziodemografische Merkmal “männlich” aufweisen.

    Nicht der eine Sexismus und die Gewalt von Männern gegenüber Frauen ist das eigentliche Problem sondern die Gewalt der Menschen untereinander, egal welcher Hautfarbe, Geschlechtsmerkmal, Einkommenshöhe, sozialer Stellung, religiösen Hintergrunds. Kein Mensch darf erniedrigt werden.

    Die Autorin dieses Blogposts nimmt genau diesen Punkt des (zu erlernenden) Umgangs mit Unterschiedlichkeit auf. Deshalb gebührt dieser Position jede Unterstützung.

  19. Ich als Mann bin dankbar für diesen Artikel. Es ist sehr angenehm zwischen der ganzen Männerhetze eine fundierte, differenzierte Sichtweise auf dieses durchaus schwierige Thema zu lesen. Ich finde übrigens auch nicht, dass Sie sich so häufig rechtfertigen müssen. Das müssten Sie nur, wenn sie eine provozierende, polemische Meinung vertreten würden, tun Sie aber nicht. Ihre Argumente und Gedankengänge sind gut durchdacht.

  20. […] Das Schreien der Lämmer Sharen mit:Gefällt mir:Gefällt mirSei der Erste dem dies […]

  21. und hier wird es kritisch! du sprichst jetzt jemanden der schlimme erfahrungen gemacht hat (wer bewertet was schlimm ist und was nicht) die opferrolle zu. aber JEDER hat eine geschichte! vielleicht sind andere frauen von ihren müttern immer klein gehalten worden, haben andere erfahrungen gemacht, die ihr selbstbewußtsein vermindert haben. es ist nicht in ordnung zu beurteilen wann es ok ist wenn eine frau nicht reagiert!
    es geht doch einfach um ein menschliches miteinander und so wie du selber sagst, es gibt genügend männer die das wunderbar hinbekommen!!

    • Ich bewerte nicht, was “schlimm” ist, aber es gibt eine ganz klare Grenze zwischen einem tätlichen Angriff bis hin zu jahrelangem Missbrauch und einem schmierigen Kompliment.

      Richtig, es gibt Frauen, die durch Erziehung kleingehalten wurden. Aber wie lange will man Erziehungsfehler der Eltern (ich meine nicht Missbrauch!!) als Entschuldigung vor sich hertragen? Wie lange will man sich da weigern, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Es geht bei dieser Weigerung, Verantwortung zu übernehmen, ja nicht nur um sexuell konnotierte Situationen, sondern ein allgemeines Phänomen.
      Wie lange will ich Gründe DAGEGEN finden, mein Leben, die Welt, meine Partnerschaft, die Gesellschaft zu ändern? Wann fange ich an, Gründe DAFÜR zu finden? (Diese Fragen gelten natürlich auch für Männer)

      • da bin ich völlig bei dir! es geht darum dass jeder anpackt und versucht etwas zu ändern! jeder aber nach seinem vermögen. und es geht darum dieses fehlende vermögen (welches häufig gute gründe hat) nicht zum vorwurf zu machen und erst recht nicht das “angreifer(innen)” verhalten zu rechtfertigen!

      • An dieser Stelle möchte ich kurz einhaken – unterschätze nicht die Wirkungsmacht von biiografisch erworbenen Mustern. Deine Lesart ist “wie lange will man sich denn …”, in der Realität läuft es fast immer auf ein “ich kann nicht anders” hinaus. Denn wenn Leute könnten, dann würden sie ja, zumindest würde ich niemandem unterstellen wollen, dass er freiwillig in defizitären Verhältnissen verweilt.

        • Das ist richtig. Ich selbst braucht zwei Psychotherapien, um mich von dem Gewicht meiner Erziehung zu befreien.

          “Ich kann nicht” ist in 9 von 10 Fällen ein “Ich habe Angst davor”. Und das ist etwas anderes.

      • Ohne jetzt hier von dem Kern deines Artikels wegführen zu wollen (es darf gern gekürzt werden): wenn es erstmal (bewusst wahrgenommene) Angst ist ist schon viel gewonnen, viele sehen meiner Erfahrung nach zunächst die Handlungsalternativen schlicht nicht, haben gar nicht die theor. Möglichkeit, so zu handeln, wie ein Außenstehender es für absolut naheliegend hält. Dann gilt es, diese Handlunsgalternative denkbar zu machen, danach dann die Angst zu überwinden.
        Will sagen: die Lebenswirklichkeit mancher Individuen ist (unverschuldet) derart eingeschränkt, dass für sie manches Handeln schlicht unmöglich ist.
        Nebenaspekt, der wohl wiederum ziemlich viel mit dem eigentlichen Thema zu tun hat: Männern fällt der skizzierte erste Schritt viel schwerer, für viele ist Angst etwas dermaßen aversives und wegerzogenes, dass man sie nur unter größten Widerständen dahin bekommt, sich dem zu stellen. Ergo ist es für Männer wohl auch sehr essentiell, an bewährtem festzuhalten / etablierten Spielregeln zu folgen / Veränderung abzuwehren. Insbesondere was die Spielregeln anbelangt bin ich der Meinung, dass dies einen wesentlichen Anteil am tradierten Sexismus ausmacht. Es ist sicher oft nicht nur ein bewusste Macht- oder Privilegienausübung “nach unten” (Frauen) sondern auch ein (u.U. unbewusstes, feiges) Anpassen an Rollenvorstellungen unter Gleichen (Männern).

      • 1. Die Grauzone ist genau der Bereich IMO, die jede für sich selbst bestimmt. Das ist eine Frage des Respekts voreinander.
        2. Ich glaube, dass du dir mit dem Artikel viel Mühe gemacht hast. Und es ist ein freies Land mit Meinungsfreiheit. Also, sag und denke, was du willst. Stellenweise spricht aber daraus für mich eine Naivität und Ignoranz, die mich fast sprachlos gemacht hätte, aber eben nur fast, sonst würde ich hier nicht schreiben:)
        Warst du jemals in einer Situation, wo du auf Aufträge angewiesen warst? Das nennt man dann “Machtgefälle”. Ja, ein bestimmtes Auftreten kann helfen und das kann man lernen und ich stimme dir auch zu, dass es zur Würde einer Erwachsenen gehört, selbstzubestimmen. Aber, tut mir Leid, wenn ich das jetzt so deutlich sage, deine Haltung erlebe ich als anmaßend und selbstgerecht. Was weißt du über das Leben anderer Menschen und ihre Erfahrungen, ihre täglichen Bemühungen, um ein selbstbestimmtes Leben, wenn sie das nicht von zuhause mitbekommen haben? Mich macht deine Haltung auch wütend: Es ist wirklich großzügig, dass Opfer sexueller Gewalt Verständnis zu erwarten haben. Aber das ist hier gar nicht das Thema. Verstehst du eigentlich, welche Macht und Überwindung darin liegt, ein als ekelhaft empfundenes Erlebnis zu schildern? Und im Zweifel zu wissen, dass andere es relativieren, ignorieren, dir die Schuld zuweisen, etc etc. #aufschrei oder #ihollback sind m.E. großartige Schritte in die richtige Richtung. Und eine erste Grenze. Und niemand, jedenfalls ich nicht, unterstelle deswegen, dass alle Männer Schweine sind. Das wird ja gern zur Einschüchterung losgelassen, nicht wahr? Ich denke auch nicht, dass es irgendeine Frau nötig hat, sich von jemandem erklären zu lassen wie bestimmte Situationen zu verstehen sind. (siehe dein Beitrag oben…über Mißverständnisse in der Kommunikation)
        Was mich mal interessiert: welcher Mann denkt darüber nach, ob er an einer Baustelle voller weiblicher Bauarbeiter vorbeigeht? Ob der Chef heute in der Besprechung seinen sexy Hintern erwähnen wird? Ja es gibt sehr empfehlenswerte Selbstverteidigungskurse (wendo z.B.). Aber die Tatsache bleibt, wenn ich mich als z.B. abhängig Beschäftigte gegen Mobbing wehre, stehe ich am Ende u.U. dennoch ohne Job da. Dann erstreite dir ein gutes Zeugnis und gehe zum nächsten Vorstellungsgespräch. Hurra! M.E. ist sexist. Belästigung wie Bullying. Mal sehen mit wem ichs machen kann. Aber es macht Angst und hemmt und kostet Kraft und Mut sich dagegen zu wehren. Wie schön für dich, wenn es für dich nicht so ist. Aber ein bißchen mehr Respekt für Frauen, für die das ggf. anders it, wäre wünschenswert. Angemessen hätte ich Erschrecken in deinem Kommentar bsplw gefunden. Und wenn du noch nie in einer solchen Sit warst? Woher weißt du dann, welches Verhalten dazu passt? Was unter #aufschrei getwittert wird,haben diese Frauen erlebt und sie finden es offenbar zum Kotzen. Und das heißt als Grenze, “dieses Verhalten ist zum Kotzen. Lass das.” Wie gesagt, von mir Respekt für diesen Mut! Und hoffentlich weiter so und mehr davon.

    • Ich denke gerade in vielen Kommentaren und auch bei #aufschrei kommt ganz klar heraus, was Frau Meike sagen will: dass es auch ganz gefährlich sein kann, die, wie sie so schön schreibt, schmierigen Komplimente auf eine Stufe mit sexueller Belästigung zu stellen. Bei allem Ärger, die solche Spacken wie Brüderle (und keine kann mri erzählen, dass sie so jemanden nicht schon mal live erlebt hat) bei der Addressatin erzeugen, ist es doch auf einer ganz anderen Ebene angesiedelt als Begrapschen – DAS ist sexuelle Belästigung. Sexismus ist meiner Ansicht nach so gut wie immer verbal oder visuell. Das schliesst natürlich auch nicht aus, dass es verbale/visuelle sexuelle Belästigungen gibt.

      Aber um jetzt mal beim brüderlen zu bleiben, das ist eine überkommene Verhaltensweise schmieriger alter Männer….

  22. schade, dass meine meinung wieder gelöscht wurde. nochmal in kurzfassung: es ist nicht richtig, dass als belästigend empfundener sexismus oder sogar sexuelle belästigung zwangsläufig aufhören, weil eine Frau sich deutlich und bestimmt wehrt. du sagst ja selbst, du bist nie in die situation gekommen. herzlichen glückwunsch, sei dafür wirklich dankbar, aber urteile nicht über frauen, die diese erfahrungen machen mussten. nicht jede frau, der das passiert, ist ein hilfloses stilles mäuschen, das sich nicht traut, nem kerl die meinung zu geigen!

  23. Ich kann diesem Artikel nur voll und ganz zustimmen.

    Wir sollten doch langsam soweit sein dass wir miteinander anstatt gegeneinander Leben können.
    Manche Frau mag sich nicht zu helfen wissen, genauso wie es mancher Mann einfach nicht besser weiß (Und auch andersherum). Dies ist natürlich nicht immer sehr angenehm aber wir sollten vielleicht einmal versuchen objektiv miteinadner darüber zu Sprechen und nicht immer den Teufel an die Wand malen(Damit meinte ich Männer die über Feministinnen herziehen genauso wie Feministinnen die über Männer herziehen).

    Hierbei bitte beachten dass sich das von mir Gesagte natürlich nur auf, wie von Frau Meike schon differenziert, auf Sexismus bezieht.

  24. So differenziert und auf den Punkt. Danke.

    M.M.n. geht es darum aus dem Macht/Ohnmacht-Spiel auszusteigen -was einer großen gesellschaftlichen Debatte, Bewußtwerdung und Veränderung bedarf.

    Ich finde die #aufschrei Aktion trotzdem gut. In der Hoffnung, dass sie Frauen stärkt ihre Grenzen klar zu zeigen und Männern einen Einblick gewährt.

    Es ist wünschenswert dass diese Aktion und die guten Blogbeiträge zum Thema – also deiner ;-) – den Beginn einer differenzierten Debatte darstellen.

    Liebe Grüße. Tanja

  25. Wenn so ein Mem läuft, finden sich darin nicht immer nur differenzierte Analysen. Aber was die zugrundeliegende feministische Analyse betrifft – die ja seit Jahrzehnten läuft – so finde ich nicht, dass deine Beobachtungen da zutreffen.
    Es wird natürlich unterschieden zwischen Vergewaltigung und sexueller Anmache (und bei der #Aufschrei-Aktion geht es klar nur um letzteres und nicht um ersteres).
    Es ist uns Feministinnen (TM) auch völlig klar, dass verschiedene Frauen unterschiedliche Dinge als übergriffig empfinden, die Forderung ist genau nicht, eine hieb- und stichfeste Definition einzuführen, sondern Sensibilität dafür zu wecken, dass auf den jeweiligen Maßstab der betreffenden Frau geachtet werden muss, also auf die Signale, die sie sendet, ob sie zustimmend oder abwehrend reagiert.
    Ich kann auch nicht sehen, dass die Verantwortung der Frauen ignoriert würde (was faktisch ja auch Quatsch wäre, da in jeder betreffenden Situation die Frau so oder so die Verantwortung hat), sondern worum es geht, ist dass die betreffende Frau nicht die ALLEINIGE Verantwortung zu tragen hat, dass es also nicht ihr individuelles Problem ist, sondern dass die Männer/die Allgemeinheit AUCH eine Verantwortung tragen.
    Und der “Opferdiskurs” ist nun wirklich eine ganz olle Kamelle in der feministischen Debatte, das ist rauf und runter und wieder zurück lange diskutiert.

    (Nebenbei: Dein Blog ist irgendwie so eingestellt, dass ich die Schrift nicht zoomen kann, wenn ich den Bildschirm zoome, werden die Zeilen bloß breiter, aber die Buchstaben bleiben winzig. Für ältere Damen wie mich ist das sehr anstrengend zu lesen :))

    • Huch, aus irgendeinem Grund war Dein Kommentar im Spam gelandet.

      Also, das hier: “Ich kann auch nicht sehen, dass die Verantwortung der Frauen ignoriert würde (was faktisch ja auch Quatsch wäre, da in jeder betreffenden Situation die Frau so oder so die Verantwortung hat), sondern worum es geht, ist dass die betreffende Frau nicht die ALLEINIGE Verantwortung zu tragen hat, dass es also nicht ihr individuelles Problem ist, sondern dass die Männer/die Allgemeinheit AUCH eine Verantwortung tragen.” ist ja genau das zentrale Anliegen meines Artikels.
      Beide. Miteinander. Zusammen. Männer und Frauen schauen, wo sie ihr Verhalten verbessern können, um das Zusammenleben schlicht schöner zu machen.

      Ich habe viele Beiträge nicht freigeschaltet, in denen ausschließlich Gründe dafür gesucht wurden, warum Frauen nichts tun können. Schwere Kindheit, Beruf, Erziehungsfehler der Eltern.
      Entschuldige, aber: sonst noch was?
      Das ist die vollkommene Weigerung, für irgendetwas, was im eigenen Leben passiert (nicht nur sexuelle Erfahrungen), Verantwortung zu übernehmen.

    • @Schrupp

      Ihre Argumente bezüglich Opferrollendiskussion gilt vielleicht für Feministinnen aber der aktuelle Aufschrei zeichnet sich eben gerade dadurch aus das da nicht nur Feministinnen teilnehmen und da gibt es viele Menschen die mit dem Thema Opferrolle nicht vertraut sind.

      Von den ca. 15 Beiträgen zu dem Thema die ich heute gelesen habe, haben nur 2 Autorinnen eine Mit-Verantwortung der Frauen eingeräumt.

      Insgesamt fehlen mir Hilfsangebote … hier schreiben viele Menschen mit echten Problemen ihren Frust und ihre Angst von der Seele aber das hilft nur bedingt im Grunde bräuchten etliche davon echt pyschologische Fürsorge. Ich denke gerade die Opfersituation als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener in denn man sich nicht adequat wehren konnte sollten (psychologisch) aufgearbeitet werden. Denn das hilft auch auf diese Themen nicht mehr so hypersensibel zu reagieren und man vermeidet das man diese Ängste an seine Kinder weitergibt.

  26. Nur zu einem Punkt, das Du in Fefes Argument kondensiert beschreibst: “sowas löst man, indem man miteinander redet.” Ja, im Grunde schon. Und ich sage jetzt mal so: Genau das passiert gerade zum ersten Mal auf einer Ebene, die über persönliche Gespräche und einzelne Kreise hinausgeht.

    Aber Fefes Position überspielt schon stark, dass sich hier gesellschaftlich eingeschliffene Mechanismen mit persönlichen Verhaltensweisen aufs Feinste verknüpfen und dann in sehr schlecht beschreibbaren Machtkonstellationen einschlagen (Macht beschrieben als Summe der Machtverhältnisse zwischen Individuen) – und dann ist genau dieses miteinander reden nicht so einfach. Weil Übergriffigkeiten Opfer erzeugen, und wenn das dann noch Menschen (meist Frauen) trifft, die Opfer sexueller Gewalt bereits geworden sind, macht man es sich sehr, sehr leicht, denen zu sagen, man solle halt darüber reden. So geht das nicht. Zumal die “Täter”, die Sexisten und Übergriffigen, eben (derzeit noch) nur in den seltensten Fällen bereit, willens und fähig sind, ihren Fehler zu sehen, einzugestehen und sich zu entschuldigen, von Besserung ganz zu schweigen.

    Kein Ponyhof. Stattdessen knallt #aufschrei jetzt als eine Möglichkeit herein, das sichtbar zu machen, was nur so brodelt. Und wenn man sich die Masse der Zeugnisse und Erzählungen ansieht, muss man nur konstatieren: Da von einzelnen zu erwarten, sich aus der Opferrolle gefälligst befreien zu können und eine Lösung durch “drüber reden” anzustreben, verlangt womöglich Übermenschliches.

    (Ansonsten: ja, Kontext. Aber den braucht es immer. Auch wenn’s gerne übersehen wird, ist auch Feminismus all about context. Feminismen nämlich. Und in den meisten Punkten hast Du völlig Recht.)

    • @ rrho
      den standpunkt finde ich auch sehr wichtig. es ist wohl für jemanden, der nie diese ohnmacht empfunden hat während eines übergriffes eines körperlich deutlich überlegenen sich nicht wehren zu können bis hin zu todesangst, einfach nicht vorstellbar. ja, ich weiss, hier sind wir schon bei körperlicher gewalt, aber es ist nun mal sexismus der oft in übergriffe mündet. ist mir selbst als teenager mehr als einmal passiert.
      das ist auch so etwas. vorkommnisse, die jahrzehnte zurück liegen werden wieder hochgespült, dinge, die ich weggepackt hatte. nein, es ist nicht schlimm, darüber zu sprechen. ich verstehe allerdings sehr gut, wie es denen geht die das eine oder andere erlebt haben.

    • (Ich muss aber über meinen letzten Satz noch einmal nachdenken. War und bin recht müde und nach einer Zweitlektüre jetzt nicht mehr so sicher, wie viel ich von Deiner Argumentation tatsächlich nachvollziehen kann oder will. Nichts für ungut. Jetzt erstmal gute Nacht.)

      • Ich wunderte mich schon, dass gerade von Dir (= jemand, der ein Gender-Blog betreibt) Zustimmung kam.

  27. Danke Frau Meike! Ich finde Ihre Worte sehr sehr gut und mag die menschliche Sichtweise! Weiblich? Männlich? Menschlich!

  28. […] Meike Lobo – Das Schreien der Lämmer […]

  29. Ich als heterosexueller, junger Mann bin regelrecht erleichtert einen derartig differenzierenden Artikel lesen zu dürfen. Bei Diskussionen über dieses Thema (auch heute bei “#aufschrei”) bekommt man häufig das Gefühl gegeben, dass es etwas grundsätzlich Negatives ist, wenn ein Mann sich für Frauen interessiert. Mann ist quasi ein triebgesteuertes Tier, ein wenigstens potenzieller Verbrecher, so fühle ich mich manchmal klassifiziert. Es ist zwar vollkommen richtig und nachvollziehbar, dass eindeutige sexuelle Belästigung angeprangert wird, aber ich habe teilweise das Gefühl, dass bei dieser Diskussion kein Maß und Blick für Nuancen mehr vorhanden ist. Ich möchte nicht als Mann in einen Topf geschmissen werden mit Männern, die nicht wissen wie man sich benimmt. Diese Pauschalisierung würde in anderen Kontexten völlig zurecht als Rassismus o.ä. kategorisiert werden. Ich finde es gut, dass du darauf hinweist, dass nicht alle heterosexuellen Anbahnungsversuche “Übergriffe” darstellen, zumal es ja wirklich häufig nur im Auge der jeweiligen Betrachterin liegt und oft letztlich die (empfundene) Attraktivität des “Angrabers” den Ausschlag zu dieser Bewertung geben (äußerst problematisch!).
    Problematisch ist außerdem, dass heterosexuelle Kontaktaufnahme gleichzeitig weitgehend als “männliche” Aufgabe betrachtet wird. Es ist aber schwierig sich bei einem derartigen Klima nicht sehr verunsichern zu lassen, aus Angst man könnte “übergriffig” werden. Mann kann nämlich nicht zwangsläufig ahnen, wo, wann, wie man auf welche Frau zugehen soll. Auch wenn völlig klar ist, dass Angrabschen, herabwürdigende Sprüche, Penetranz und ähnliches absolut inakzeptabel sind.

    Ferner könnten man sich bei der Gelegenheit auch damit auseinandersetzen, dass es auch Sexismus und sexuelle Belästigung gegenübern Männern gibt. Ich persönlich wurde schon mehrmals “Opfer” von “Übergriffen”, auch körperliche und auch mind. einmal durch eine Frau. Das soll ich nicht davon ablenken, dass in den meisten Fällen Frauen betroffen sind. Allerdings ist “männliches Opfertum” in den Geschlechterrollenbildern eher nicht vorgesehen, was die Diskussion m.E. eindeutig verzerrt.

    Leider ist die Kommentarfunktion nicht unbedingt der richtige Ort, um das in angemessener Differenziertheit und Länge auszuführen.

  30. Ich finde die Unterscheidung zwischen sexueller Gewalt, offensichtlicher Belästigung und unangenehmen Verhalten wichtig. Ich denke, es gibt einerseits Männer denen sehr klar gemacht werden sollte, dass sie Grenzen überschreiten, und andere, die Frauen durchaus respektieren und einfach ungeschickt sind.

    Was ich auch noch wichtig finde, auch Frauen verhalten sich mitunter sexistisch. Zum Beispiel sehe ich es so, dass durchaus häufig Frauen in Beziehungen Männer in eine Ernährer- und Versorgerrolle drängen, die das nicht wirklich wollen.

    Auch da gibt es selbstverständlich Verantwortung auf beiden Seiten, aber das allein ist es nicht, wenn sich Frauen nicht ehrlich verhalten. Und leider kommt das vor, auch durch Frauen die sich als Feministinnen sehen.

    Damit will ich definitiv keine sexuelle Gewalt verharmlosen – wichtig finde ich, sich klar zu machen, dass eigentlich beide Geschlechter unter Sexismus leiden und es da keine wirklchen Gewinner gibt.

  31. “Ich möchte hierzu festhalten: ich bin kein Opfer und ich will von niemandem dazu gemacht werden. Ich bin in meinem Leben noch in keine Situation gekommen, die ich selber als sexistisch empfunden habe.”

    Das ist schön, dass das bei dir bis jetzt so gewesen ist. Jetzt möchte ich ein paar MEINER Erfahrungen zur Diskussion beitragen:
    > Als ich 14 war, bin ich in meiner Heimatstadt an einer Gruppe Männer vorbeigegangen, die in einem Café zusammen saßen. Ich war auf meinem Weg nach Hause, trug Jeans und ein schlabbriges T-Shirt. Einer der Männer sagte plötzlich laut zu mir herüber “Sind die Haare ‘da unten’ auch so dunkel wie die am Kopf?”. Die anderen Männer lachten. Keiner protestierte. Ich wurde rot und ging schnell nach Hause, erzählte niemandem davon, weil ICH mich schämte.
    > Als ich etwa 15 oder 16 war: auf einem Stadtfest, es war schon dunkel, ich machte mich grad auf den Heimweg durchs Gebüsch (ja, ich wohnte am Land), eine Gruppe Jungs, die ich nicht kannte, etwa 18 Jahre alt – einer davon rief mir zu “Willst du mal richtig durchgefickt werden?” Die anderen lachten. Keiner protestierte. Ich war damals alleine, es war schon dunkel – natürlich war ich eingeschüchtert. Ich habe nichts gesagt, bin wieder nur schnell nach Hause gegangen. Und habe wieder niemandem davon erzählt, weil ICH mich schämte. Aber auch deshalb, weil ich Angst hatte vor einer Reaktion wie “Ach, sei doch nicht so empfindlich” oder “Sieh es doch als Kompliment!”
    > Mit 23 im Auslandssemester in England: ein Mitbewohner, den ich seit ein paar Tagen kannte, fragt mich, ob ich mit ihm ins Pub gehen will um Fußball zu schauen. Ich denke, klar, wieso nicht, und gehe mit. Im Pub macht er sich dann an mich heran, versucht mich zu berühren, zu küssen. Da ich zu diesem Zeitpunkt zum Glück kein unsicherer Teenager mehr bin, sage ich ihm unmissverständlich, dass er aufhören soll, dass ich nichts von ihm will, auch in Zukunft nicht, weil ich kein Interesse Romantik und Beziehungen habe. Ich gehe heim. Er bleibt mir gegenüber kühl, aber korrekt. Ein paar Monate später erfahre ich von einer Mitbewohnerin, dass er herumerzählt hätte, ich habe ihn geküsst und sei sowieso eine Schlampe.

    Mit 23 war es natürlich weitaus leichter, die eigenen Wünsche auszudrücken und sich dagegen zu wehren, von einem Mann so-oder-so gesehen zu werden. Es gab in der Situation, die ich beschrieben habe, nie ein Missverständnis. Ich habe dem jungen Mann nie etwas getan, außer ihm zu sagen, dass das mit uns nichts wird. Er hörte dann zwar auf mich zu begrapschen, aber offenbar musste er mich, in seinem Stolz verletzt, trotzdem vor anderen schlecht machen.

    Was ich damit sagen will: ich verwehre mich dagegen so hingestellt zu werden, als würde ich mich gerne in eine Opferrolle drängen lassen, weil mir daraus irgendein obskurer Vorteil entstünde. Der Teenager, der ich mit 14, 15 war, war durchaus Opfer. Man kann von einem jungen Mädchen, das unsicher und eingeschüchtert ist und sich schämt, weil es von wildfremden auf intime Körperteile oder Sex angesprochen wird, nicht dafür verantwortlich machen, dass es sich nicht wehrt. Man kann aber sehr wohl von älteren Männer erwarten, sich nicht dadurch zu amüsieren, junge Mädchen zu belästigen. Ähnliche Dinge sind mir schon lange nicht mehr passiert, ich nehme an, weil jene Männer, die so etwas tun (notiere: NICHT alle Männer) sich lieber an jüngere halten, die weniger Erfahrung haben und sich leichter einschüchtern lassen.

    “Zu warten, bis die Welt durch die Einsicht, Klugheit und Rücksichtnahme der Männer ein besserer Ort geworden ist, während man sich selber auf die Schilderung erschütternder Erlebnisse beschränkt, halte ich für falsch. Das ist für mich unmündiges Verhalten. Ausdruck von Schwäche und Unreife, sowie der Weigerung, Verantwortung für sich und sein Leben zu übernehmen.”

    Wirklich? Über derartige Erlebnisse zu berichten, ist Ausdruck von Schwäche? Und hilft niemandem? Erstens sehe ich nicht, was “schwach” daran sein soll über Situationen zu reden, die einem unangenehm waren oder in denen man sich schämte, die man als demütigend empfand. Man hilft damit nicht nur sich selbst – man hilft auch anderen dabei zu sehen, dass ihre Gefühle wichtig sind.

    Zweitens kann man doch nicht einerseits sagen, Männer wüssten oft nicht, wie sie sich verhalten sollen, weil Frauen sich nicht richtig ausdrücken, die falschen Signale senden, und sich dann darüber beschweren, wenn Frauen genau das tun. Ich selbst habe kein Problem mit Männern im Allgemeinen. Ich habe zwei Brüder, zu denen ich ein sehr gutes Verhältnis habe. Ich weiß, dass mein jüngerer Bruder und seine Freunde als Jugendliche oft Frauen hinterher gerufen und gepfiffen haben. Jahre später habe ich ihm irgendwann gesagt, wie blöd ich das finde, weil es sehr vielen Frauen unangenehm ist. Er meinte, das wüsste er inzwischen doch – er sei ja nicht nur älter, sondern auch schlauer geworden. Außerdem habe ihm seine Freundin einmal gesagt, wie unangenehm es ihr ist, wenn Männer das tun. Schon alleine deshalb würde er so etwas nicht mehr machen.

    Man sieht: darüber reden hilft. Darüber reden heißt nicht Opfer spielen und heißt auch nicht alle Männer beschuldigen. Gerade, wenn ich solche Sätze lese “Nicht jeder Mann, der eine Frau einfach nur kennenlernen will und ihr das unbeholfen, holprig oder tollpatschig zeigt, ist ein rückständiger Arsch.” frage ich mich, warum hier gegen Strohmänner argumentiert wird. Wenn man Leute darauf hinweist, dass es DARUM ja gar nicht geht, hört man immer “Das ist aber auch schon getweetet worden.” – Ja, ich werde in JEDER Diskussion über irgendetwas immer auf radikale Positionen finden – das heißt aber nicht, dass die Diskussion an sich lächerlich ist.

    • Die aktuelle Diskussion dreht sich ja gerade darum, daß Sexismus in unserer Gesellschaft systematisch auftritt und toleriert wird. Deine Beispiele taugen dafür eigentlich nicht als Beleg: Sie würden wohl von keinem nennenswerten Teil der Gesellschaft akzeptiert.

      Wenn diese Einzelfälle jetzt so aufgebauscht werden, als sähe die gesamte Gesellschaft so aus, dann ist das zumindest unredlich. Genau das wird mit dieser Brüderle-Geschichte gemacht – die ich im übrigen für deutlich harmloser halte als Deine ersten zwei Beispiele.

      Systematischer Sexismus existiert einfach praktisch nicht mehr. Idioten wird es dagegen wohl immer geben.

  32. Hallo Meike,

    deine Meinung bzw. das was du damit sagen willst teile ich zum Teil oder kann nachvollziehen was der Inhalt ist.
    Ich hab auf jeden Fall das Gefühl, dass du ziemlich emotional geschrieben hast. Meine Kritikpunkte oder das was mir die Nackenhaare sträubt (besonders 4.) ist mal, dass du dich in diesem Text über andere (vor allem Frauen) stellst und erhebst, jedenfalls kommt das in einigen Passagen rüber. Du sprichst von “Euch” und ihr Frauen, dabei bist du ja selber eine. Wenn du dich mit einbeziehst, in deinem Blog, nimmt das diese Heftigkeit (wie ich empfinde) von “Ich stelle mich über Euch Frauen” und erhöhe mich damit, heraus.
    Auch das ist mir aufgefallen: wenn du kein Opfer bist, dann hast du es nicht nötig, das zu schreiben oder zu sagen, weil damit machst du dich automatisch zum Opfer.

    Ich denke, das alles kann nur jemand schreiben, die nicht nachvollziehen kann, was es bedeutet psychische Gewalt zu erfahren, oder auch körperliche. Und ich wünsche dir auch nicht jemals in solch eine grausame Situation zu kommen.

    Vor allem denke ich, so schreibst du auch über “normale” Menschen, denn zu einem Nein gehört auch dies zu respektieren und nicht diese Grenze zu überschreiten.

    Ich selbst bin vergewaltigt worden und war in einer Gewaltbeziehung. Und weiter kann ich dir sagen, dass ich nein sage und mich wehre, vor dieser Beziehung, während dieser Beziehung und auch danach. Grenzen müssen auch von dem anderen respektiert werden, ist dieser jemand jedoch selbst grenzenlos, so ist jedes Wehren, Nein sagen, darauf hinweisen -> das verletzt was du tust, völlig sinnlos.

    Das was aus deinem Text heraus klingt ist, dass ein “Opfer” sich nicht wehrt, nicht nein sagen kann, sich dafür duckt und abwartet. Das ist nicht richtig, und ich bitte dich auch deine Meinung dazu zu überdenken oder dich mit einer Frau wirklich zu unterhalten, die Gewalt erfahren. Wobei ich eigentlich hoffe, dass du das getan hast.

    In diesem Sinne wünsch ich dir einen gewaltfreien Abend. Ciao, Nepher

    • Dein Leidensweg macht mich ebenfalls betroffen.
      Allerdings glaube ich, dass eine Beziehung, in der wie auch immer geartete Gewalt dauerhaft zum Alltag gehört und in der sich der misshandelte/missbrauchte Partner trotz dieser Gewalt über einen längeren Zeitraum nicht von seinem misshandelnden Partner lösen kann, ein völlig anderes Thema ist.

      PS: Die Frauen haben aber damit angefangen zu verallgemeinern und für mich mitzusprechen, als sie Worte wie “jede”, “immer”, “die Frauen” verwendeten. Da wird es wohl erlaubt sein, wenn ich an einem bestimmten Punkt sage “Halt, stopp, hört auf damit!”

      • Hi,

        schreibst du: PS: Die Frauen haben aber damit angefangen zu verallgemeinern und für mich mitzusprechen, als sie Worte wie “jede”, “immer”, “die Frauen” verwendeten. :-) (Stimmt verallgemeinern bringt nichts und ist nicht sinnvoll.)
        Da muss ich aber jetzt echt schmunzeln, weil das hört sich, um es mit deinen Worten zu sagen, doof und unerwachsen an: die haben angefangen, also darf ich auch :-P, also echt, da bist du doch raus, oder?
        Und ich habe auch das Gefühl, dass du dich rechtfertigst bzw. wieder erhöhst. Brauchste aber gar nicht.
        Und als Heartless Bitch International darf ich dir das sagen :-)
        Daher mein Gutachten, vom Inhalt her bin ich deiner Meinung, allerdings zu emotional geschrieben und du stellst dich über “Opfer”, das schmälert deine Aussage leider und kann andere (nicht ganz so Mutige) ziemlich dämlich fühlen lassen und ich glaub genau das war ja nicht dein Ansinnen, sondern eher bestärken.

        Nepher

          • Meike, das kommt echt nicht rüber bei dir, wenn du was ironisch meinst. Nepher

  33. mal wieder ein echt guter Artikel hier, so im Großen und Ganzen. Eine der wenigen qualifizierten Äußerungen in dieser Diskussion, die Frauen als Teile dieser Gesellschaft auch mit in die Verantwortung nimmt. Was ich aber hinzufügen würde, sind zwei Punkte:
    Zum einen muss man natürlich unterscheiden, zwischen Alltagssexismen und tatsächlichen Übergriffen bis hin zu Vergewaltigungen. Aber ohne das Ende dieser Aufzählung verharmlosen zu wollen, muss man auch sagen, das Letzteres oft mit Alltagssexismus anfängt. Wer es ganz normal findet, objektivierende Witze zu reißen, hat vermutlich tendenziell auch weniger Hemmungen, Frauen tätlich zu “objektivieren”.
    Zum anderen spielen Machtverhältnisse gerade bei Alltagssexismen nicht selten eine große Rolle. Deswegen stehen Frauen trotzdem in der Verantwortung, aber man kann das ganze Problem nicht einfach auf ein Kommunikationsproblem zwischen zwei Seiten reduzieren (so überspitzt hast du es wohl auch nich gemeint, wollte das aber gerne noch anfügen).

    • Ich glaube, ein schüchterner, nicht sexistischer Mann neigt eher zu Sexuellen übergiffen, als ein Mann, der seine Sexuelle anziehung (zu) offen auslebt.

  34. Vielen Dank für diesen Artikel. Ich habe mir gerade eine Stunde land #aufschrei Tweets durchgelesen und bin dabei von Moment zu Moment wütender geworden. Niemand hat das Recht, Frauen gegen ihren Willen zu Nahe zu kommen oder sie verbal zu belästigen. Aber mit welcher Ignoranz, Pauschalisierung und Ungerechtigkeit da argumentiert wird, finde ich aus männlicher Sicht echt schockierend.

    Die Diskussion ist notwendig aber so macht sie sich in meinen Augen selbst lächerlich.

  35. […] ein zurückhaltendes, freundliches Kompliment über mein Kleid macht – Übergriff oder nicht?«, fragt Frau Meike. Ja. Aber auch hier liegt es nahe, defensiv zu agieren: Dinge tun, von denen man annehmen kann, […]

  36. zitat”Hört auf, so zu tun, als hätten Frauen nur die zwei Optionen, entweder unangenehme Annäherungen über sich ergehen zu lassen oder auf das Wohlverhalten der Männer zu hoffen.” <– die dritte option ist sich zu wehren, aber das geht mir ehrlich gesagt gehörig auf den keks, wenn ich männern im meeting erkläre dass ICH das protokoll nicht schreiben werde (zusatz "als frau" – lasse ich dann unerwähnt). oder wenn ich meinem letzten chef erklären musste dass sätze wie "das kannst du als frau doch ganz besonders gut" ich ziemlich daneben finde und er dann glaubt ich hätte etwas gegen ihn persönlich, oder dass ich dumme sexistische witze im büro lauthals mit "finde ich nicht lustig" kommentiere. das macht keinen spass.
    noch weniger spass macht allerdings, wenn ich dann das gequälte grinsen von anderen frauen in solchen situationen sehe die dann zu allem überfluss auch noch die armen von mir angegriffenen männer glauben verteidigen zu müssen. "es sich mit denen (männern) blos nicht verscherzen". eigentlich könnte letzteres mir egal sein, würde es nicht gerade solche männer in ihrem tun ständig bestätigen und das verhalten zementieren. und die die sich wehrt, ist dann die spassbremse, humorlose und aussenseiterin. nicht, dass mir das nicht meist egal wäre, es ist aber zuweilen verdammt anstrengend.
    um es auf den punkt zu bringen: ja, das allermeiste was du schreibst sehe ich auch so. allerdings gehört graptschen für mich auch zum sexismus, weil es der frau die rolle des jederzeit verfügbaren objektes aufdrückt und gleichzeitig eine "macht"volle geste ist. nur wer sich höher gestellt glaubt legt dem anderen die hand auf die schulter (oder sonstwohin), eine ganz klare dominanz-geste. das entspricht dem bild was einige männer von sich im kontext zu frauen haben. bei manchen dieser typen warte geradezu darauf, dass sie mir irgendwann wohlwollend über den kopf streicheln.

    ich möchte betonen, dass sehr viele männer sich mir/uns gegenüber sehr zivilisiert, anständig und "normal" benehmen. aber von denen ist hier gerade nicht die rede.

    • Siehst Du, Grapschen (= für mich das Anfassen von intimen Körperzonen wie Busen, Po oder Schenkel) ist für mich ganz klar sexuelle Belästigung. Da habe ich die Grenzen des Sexismus schon lange verlassen.

  37. Auch ich habe zu danken, denn wie einige hier, hätte auch ich nicht die Worte gefunden, wie Sie es getan haben, und wahrscheinlich auch nicht Ihre Geduld bewiesen, wohl aber sehr viel Missverständnis.

  38. Vielen Dank für diesen vernünftigen und klar gefassten Beitrag. Ich wünschte ich könnte das so formulieren, aber ich hab definitiv zuviel Schaum vor’m Äser, nachdem ich in den letzten Tagen mit einer Feministin gerade zu diesem Thema zusammengerasselt bin und ich versucht habe ihr ungefähr das hier klar zu machen.

    Hat nicht geklappt. Buh. Dafür weiss ich jetzt, was “Mansplaining” ist, dass der Modebegriff “Derailing” nur für die Gegenseite, aber nicht sich selbst eingesetzt wird und dass Meinungs-Extremisten irrational handeln dürfen, weil sich sonst ja eh nix ändert und die Ideale der Aufklärung und des Humanismus eh für den Mülleimer, da von Männern nur für Männer und deren eigenen Vorteil formuliert.

    Nachdem dann die Aufschrei-Welle bei Stern, SPON, Twitter losgetreten wurde, hatte ich schon befürchtet, dass jetzt ein Großteil deutscher Frauen auch auf den Zug aufspringen und jedwede Kritik mit dem Vorwurf des Sexismus und dem Anspruch auf absolute Beurteilungshoheit abperlen lassen.

    Wie gesagt, ganz wunderbar analysiert. Vielleicht fehlt mir noch ein wenig die Ermunterung an die Schafe (egal welchen Geschlechts) in besagten Lebenslagen nach GEGENbeweisen für eine bestimmte Herleitung/Erklärung zu suchen. Beispiel: Dass sich öfter mal jemand mit mehr Macht scheisse verhält ist kaum zu leugnen, aber vielleicht hilft es die Ursache des Sexismus zu relativieren, wenn der männliche Chef die ebenso männlichen Azubis genauso scheisse behandelt wie die weiblichen.

    Klar denken, dem anderen eine Meinung lassen und trotzdem kommunizieren – das können wirklich nur sehr wenige Menschen. Eine davon hab ich hier gefunden. danke.

    • by the way: Ich halte es für gut, dass viele Frauen jetzt endlich mal zueinander finden und sagen “hey, es ist tatsächlich so.” weil daraus die Überzeugung und Stärke erwächst aufzustehen und sich zu emanzipieren.

      Mir macht nur das undifferenzierte Angst. So, let’s -fucking- talk about it.

  39. Danke! Du sprichst mir aus der Seele! Ich sehe mich weder als Opfer, noch möchte ich Männer per se als sexistische Monster verdammen.

  40. Hallo,

    ich teile Deine Meinung in vielen Bereichen. Du hast viele Aspekte gut differenziert und auf den Punkt gebracht. Ich sehe das Thema ” Opferrolle” in einigen Punkten ähnlich, allerdings sollte man eben gerade hier nicht Pauschalisieren.

    Es gibt Momente im Leben, in denen man von Ereignissen überrumpelt wird oder nicht die Reife besitzt, sich zu wehren. Wer kennt das nicht: Es passiert etwas, man ist völlig perplex und hinterher fallen einem 10000 tolle Gegenargumente und schlaue Sprüche ein. Nicht jeder Mensch ist in jeder Situation so schlagfertig, sich zu wehren. Das ist Utopie.

    Ein Beispiel: Als ganz junge Journalistin in der Ausbildung musste ich kurzfristig für einen Kollegen zu einer großen CDU-Sitzung fahren. Es war an dem Tag sehr heiß und ich war auch kleidungstechnisch auf einen Tag im Büro eingestellt und musste sofort los. Im rosafarbenen knappen Top. Vor Ort 300 Männer im Anzug. Am Mikro ein Europaabgeordneter von gewisser Prominenz. Ich total aufgeregt, weil alles neu und super wichtig war. Er begrüßt durch das Mikro alle Anwesenden und “die hübsche Reporterin mit dem süßen rosa Top”. 300 Augenpaare auf mich gerichtet und jede Menge doofe Sprüche und doofes Gegrinse. Meine Integrität dahin. Meine Hautfarbe rot. Meine Stimme zittrig. Das war es dann. Meine Schlagfertigkeit dahin. Opfer. Danach im Auto und nachts im Bett hatte ich viele tolle Ideen, was ich hätte sagen können….ich lass mir sonst nichts gefallen….somit: die Aussage zum Thema Opfer ist echt zu pauschal….gerade als Berufsanfängerin ist man oftmals noch sehr unsicher.

    Ähnliche Geschichten habe ich als junge Journalistin immer wieder erlebt. Mittlerweile weiß ich damit umzugehen und hab das Standing und die Erfahrung….dennoch kann auch ich wieder zum Opfer werden…so einfach ist es dann doch nicht…..

    • Ich sehe, dass ich hier trotz der 6 Stunden Arbeit noch zu ungenau war. Natürlich wollte ich damit nicht sagen, dass Frauen nur “eingebildete” Opfer sind (ich hoffe, es wird klar, was ich meine). Natürlich kann man nicht immer und vor allem nicht in jedem Alter angemessen reagieren (ich würde behaupten, dass eine erfahrenere Mittdreißigerin eher etwas kontert als ein junges Mädchen von 18 Jahren).
      Aber pauschalisieren wollte ich nicht. Manche Frauen sind Opfer und manche sind es eben NICHT. Und die, die es sind, sollen mir als Nicht-Opfer nicht unterstellen, es wäre anders und mich zum Opfer MACHEN.

  41. Danke für diesen Text und auch die wirklich gute Diskussion in den Kommentaren. Beides macht mich sehr nachdenklich.

    Ein paar Gedanken aus der Perspektive eines heterosexuellen Mannes, der sich selbst als modern definieren würde, verheiratet, treu und noch nie bewusst “übergriffig” geworden ist.

    Einerseits stimmt meines Erachtens schon der weibliche Generalverdacht, dass Männer – egal wie modern sie sind oder sich finden – eine Frau, die sie zum ersten Mal treffen, unwillkürlich nach ihrer sexuellen Attraktivität her beurteilen. Ich weiß nicht, wie umgekehrt Frauen dabei ticken, aber bei den Männern ist das schon so. Zumindest, wenn ich meine eigene Erfahrung verallgemeinern kann.

    Andererseits ist die große Frage, inwieweit man sich das anmerken lässt als Mann. Unter früheren Generationen von Männern war es eine Frage, dass man das radikal auslebt. À la Brüderle an der Hotelbar. Das geht gar nicht und spiegelt aus meiner Sicht schlechte Erziehung bzw. Anstand wieder.

    Ich würde für mich und meine Generation (zweite Hälfte 30) in Anspruch nehmen, dass dieses Verhalten weitgehend verschwunden ist. Wir Männer wissen schon recht genau, was man tun oder sagen kann und was nicht.

    Ich käme zum Beispiel nie auf die Idee, der neuen Kollegin, die wirklich attraktiv ist, zu sagen, dass ihr kurzer Rock ihr wirklich gut steht und sie echt sexy aussieht – auch wenn das natürlich der erste Gedanke ist, der mir durch den Kopf geht, wenn sie mir über den Weg läuft. Unter anderem schweige ich deshalb, weil ich nicht will dass sie denkt, ich wollte sie anbaggern. Wenn ich sie anbaggern wollte, würde ich ebenfalls anders vorgehen.

    Männer müssen die Grenzen kennen. Wer das nicht tut und “übergriffig” wird, hat es verdient, von der “Gegenseite” mit aller Schärfe diese Grenzen aufgezeigt zu bekommen.

    • Ich als Frau kann dir sagen, dass ich Männer auch im ersten Moment nach Attraktivität beurteile. Das ist psychologisch begründet ein vollkommen natürliches Verhalten. Im Folgenden gilt es natürlich, den ersten Eindruck in Frage zu stellen und Vorurteile zu überwinden.
      Ebenfalls habe ich Gedanken, wie : “Der hat aber einen süßen Hintern” etc., die ich auch nicht ausspreche, weil es eben unangemessen wäre. Du siehst, uns Frauen geht es da nicht anders: Auch wir müssen kontrollieren, was wir aussprechen und was nicht.
      Allerdings kann ich mir vorstellen, dass Männer verwirrt sein müssen, was eigentlich angemessen ist und was eben nicht. Da schon ich als Frau nicht alles nachvollziehen kann, was z.T. als sexistisch abgestempelt wird. Darf mir ein Mann auf offener Straße heutzutage nicht sagen, dass ich eine schöne Frau bin? Ist das sexistisch? Meiner Meinung nach nicht!

  42. Danke, danke, danke. Ich (Mann) hatte beim Verfolgen der aktuellen Hysterie-Welle exakt die selben Gedanken. Ich konnte es nur nicht so strukturiert ausformulieren. Die Mühe hat sich gelohnt.

    Männer die Frauen belästigen, oder mit herablassenden Sprüchen nerven, sind keine Sexisten. Sondern Idioten. Wir haben in erster Linie kein Sexismus-Problem, sondern ein Arschloch-Problem.

    @LOTTA_KAA: Was der Chef da an den Tag legt, ist kein Sexismus, sondern das genaue Gegenteil: ein Versuch, die Frauen in die Mannschaft zu integrieren.

    Das ist völlig normales männliches Kumpeltum. So gehen wir miteinander um. In Gruppen machen Männer sich respektlos und teilweise herablassend und aggressiv an. Ständige, hinterhältige Frotzeleien – und immer auf die empfindlichsten Punkte. Wer das abkann und mitmacht und drüber lacht, ist “einer von uns”. Wer dieses Kumpel-Spiel als ernsthafte Agression empfindet, hat schon vor dem Anpfiff verloren. Tatsächlich ist es ein Zeichen, daß man als Teammitglied ernstgenommen wird. Klingt komisch – ist aber so.

    Daß Frauen das im Regelfall völlig falsch einschätzen ( weil sie i.d.R. auf völlig andere Weise Geimeinschaft pflegen ) ist eins der grössten Karrierehindernisse. Auch das ist kein Sexismus, sondern ein reines Kommunikationsproblem.

    Ein einigermassen feinfühliger und halbwegs reifer Mann weiss das und geht mit Frauen entsprechend anders um. Aber was spricht dagegen, daß Frauen im Umgang mit solchen Männerhorden etwas mehr Macho werden, um sich Respekt zu verschaffen?

    • Na, Moment, wir wollen auch an dieser Front bitte die Kirche im Dorf lassen. Ein “Das ist halt unsere Art zu zeigen, dass wir Dich mögen” ist genauso unerwachsen.
      Beide Parteien sollten sich bemühen, richtig verstanden zu werden. Beide Partner sollten aufeinander eingehen. Die Männer ein bisschen umdenken und die Frauen auch.

      Irgendwo habe ich mal (sinngemäß) gelesen, entscheidend dafür, ob eine Äußerung verletzt, ist nicht, wie sie gemeint war, sondern wie sie verstanden wurde. Das würde ich zwar nicht in jedem Fall unterschreiben, aber als grobe Faustregel kann man das, glaube ich, sehr gut anwenden auf zwischenmenschliche Kommunikation.

      • Yep. Entscheidend ist, wie es beim Empfänger ankommt. Wenn er es falsch versteht, muss sich der Sender besser ausdrücken.

      • Da sind wir uns doch einig, Meike:
        Na logisch ist das spätpubertäres Gehabe. Siehe meinen letzten Absatz :)

        Auch das, was du danach antwortest, kann ich hundertprozentig teilen. Über die Mechanismen von Kommunikation nachzudenken, ist aber für die Masse der Bevölkerung etwas zu viel verlangt. So zumindest meine Erfahrung.

        Ergänzend noch:
        “Männer und Frauen müssen feinfühliger miteinander umgehen” kann in der Realität nur heissen:

        ICH muss mir Gedanken machen, wie ich mein Verhalten ändere und mein Umfeld gestalte. Darauf zu warten, daß es andere tun, wird notgedrungen in Frustration ändern.

        Und wenn ich das schon mache, dann ändere ich mein Verhalten zum positiven. Wenn Komplimente machen von Frauen als Anmache verstanden werden kann, mache ich eben auch Männern Komplimente. Und plötzlich ist es vom Geschlecht losgelöst und jedem geht es besser und alle sind gut gelaunt…

        … man wird ja noch mal träumen dürfen :)

  43. Ich finde Deinen Artikel ärgerlich und das, obwohl ich als Frau durchaus meinen Mund aufmache, wenn ich mich ärgere. Punkt 1 und 2: völlig in Ordnung. Bei Punkt 3 und 4 frag ich mich: Echt? Du hast Dich noch nie belästigt gefühlt in Deinem Leben? Dich hat noch nie geärgert, dass Dir an Baustellen nachgepfiffen wird, dass Du an Gruppen von Jungmännern vorbeigehst und Dir einer “Willste ficken” hinterherruft und die anderen grölen? Oder gehst Du tatsächlich bei all diesen Belästigungen jedes Mal hin und sagst den Herren: Mit mir nicht! Wie machst Du das, wenn Du abends in der Bahn sitzt und jemand stiert Dich an? Du sagst “Glotz mich nicht an?”

    Das Problem ist: Je nach Kontext bist Du als intelligente clevere und selbstbewusste Frau immer die Dumme, wenn Du reagierst. Gehe ich zu den Bauarbeitern und sage: …. Tja, was sollte ich da sagen? “Fickt Euch selbst?” “So spricht man nicht mit einer Frau?” Und in der Bahn – ist mir das zu heikel.

    Miteinander reden ist ja gut und schön. Das kann ich. Aber auf der Straße, wo ich noch nicht mal weiß, ob einer der Pfeifer und Hinterherbrüller mir nicht doch hinterher geht? Ich mag’s nicht riskieren. Und ich hab auch keine Lust dazu.

    Warum soll ich als Frau den Männern erklären, dass Frauen auf sowas keinen Bock haben?

    Ja, die Grenzen sind unterschiedlich. Aber ob “Komplimente” gewünscht sind oder nicht, ist ja wohl nicht ernsthaft die Frage bei der Debatte.

    Schöner gesagt hat es ebenfalls eine Frau Maike mit “ai” in ihrem Artikel “Normal ist das nicht”. Ich zitiere: “Seither merke ich wieder, wie unangenehm es ist, jeden Tag an der gleichen Baustelle vorbei zu gehen und angegafft zu werden. Ich merke, wie unangenehm es ist, wenn ich in der vollen Bahn ununterbrochen anzüglich angestarrt werde und mich mangels Platz und Energie der Einfachheit halber umdrehe und den Rest der Fahrt gegen die Wand gucke. Ich merke, wie unangenehm es ist, wenn mir ein Mann gegenüber sitzt, der mich anglotzt und genau im Schritt eine Bierflasche platziert hat, die auf mich zeigt. Ich merke, wie unangenehm es ist, wenn mir ein Mann aus dem Bus auffordernd die wackelnde Zunge entgegenstreckt, als wolle er mich küssen. Ich merke, wie unangenehm es ist, beim Fahrradfahren mit anzüglichen Bemerkungen überholt zu werden. Ich merke, wie unangenehm es ist, aufgefordert zu werden, doch mal zu lächeln. Ich merke, wie unangenehm es ist, mich selbst dort, wo mich gar niemand belästigt, nicht mehr sicher zu fühlen. Sei es, mit einem fremden Mann alleine im Aufzug, an der U-Bahn-Haltestelle, auf dem Gehweg oder sonstwo. ”
    Zitat Ende, gesamter Artikel hier: http://kleinerdrei.org/2013/01/normal-ist-das-nicht/

    Es sind noch nicht mal die Brüderles, die das Ganze so schwierig machen. Bei ihm hätte sich ja eine laute Wiederholung und entsprechender Kommentar gelohnt. Aber die Angst ist ja, zumindest im Hinterkopf, dass aus diesem alltäglichen sexistischen Genervt-werden, dass aus Sexismus dann eben doch sexuelle Belästigung wird – und im schlimmsten Fall sexuelle Gewalt.

    Mich ärgern solche Artikel wie Deiner, weil wieder einmal die Frauen die Verantwortung bekommen, klar, nur einen Teil, aber warum um alles in der Welt sollten die Frauen auch nur einen Teil der Verantwortung tragen???

    Warum müssen Frauen mit jemandem sprechen, der sie belästigt???

    Das ist doch mal eine verkehrte Welt!

    Weiterer Tipp, was die #aufschrei-Frauen vielleicht auch gemeint haben können: Schau Dir nur mal den Trailer zu “Femme de la rue” an, eine Dokumentation einer Frau in Belgien, die einen Tag ihren Alltag beim ganz normalen Gang durch die Straßen gefilmt hat, im Kleid war sie unterwegs, “noch nicht mal ein Mini”, Sommerkleid, manchmal sogar mit Jacke. Erschreckend. Und sie sagt laut und deutlich: Nein. Wen interessiert’s?

    Ich finde diese Debatte wichtig und richtig. Schade, dass sie durch Deinen Artikel klein gemacht wird – ich glaube noch nicht mal, dass Du das wolltest, aber es ist so.

    • “Bei Punkt 3 und 4 frag ich mich: Echt? Du hast Dich noch nie belästigt gefühlt in Deinem Leben? Dich hat noch nie geärgert, dass Dir an Baustellen nachgepfiffen wird, dass Du an Gruppen von Jungmännern vorbeigehst und Dir einer “Willste ficken” hinterherruft und die anderen grölen? Oder gehst Du tatsächlich bei all diesen Belästigungen jedes Mal hin und sagst den Herren: Mit mir nicht! Wie machst Du das, wenn Du abends in der Bahn sitzt und jemand stiert Dich an?”

      Nein. Hier greift Punkt 2: Unterschiedliche persönliche Grenzen. Mich stört das schlicht nicht, wenn mir jemand hinterherruft, und angegrapscht hat mich noch kein Mann, so schwer das für manche hier zu glauben ist. Gleiches gilt für die meisten Punkte, die Maike mit AI aufgeführt hat. Die meisten ihrer Punkte sind für nichts oder allenfalls plumpe Anmache. Daran störe ich mich schlicht nicht.

      “Weiterer Tipp, was die #aufschrei-Frauen vielleicht auch gemeint haben können: Schau Dir nur mal den Trailer zu “Femme de la rue” an, eine Dokumentation einer Frau in Belgien, die einen Tag ihren Alltag beim ganz normalen Gang durch die Straßen gefilmt hat, im Kleid war sie unterwegs, “noch nicht mal ein Mini”, Sommerkleid, manchmal sogar mit Jacke. Erschreckend. Und sie sagt laut und deutlich: Nein. Wen interessiert’s?”

      Habe ich gesehen. Wissen muss man zu diesem Video aber auch, dass die Bewohner in dem Viertel zu einem großen Teil aus dem nördlichen Afrika kommen (soweit ich mich recht entsinne). Das macht es nicht weniger unangenehm für die Frau, ohne Frage, aber kulturelle Hintergründe gehören für mich nun einmal ebenso zur Berücksichtigung der Situation dazu wie z.B. das Alter des Mannes. Natürlich müssen sich auch Männer aus anderen Kulturkreisen an weibliche Grenzen halten, aber es ist in meinen Augen eben ein Unterschied, ob ich das Problem einem atheistischen Westeuropäer verklickere, der bei einer alleinerziehenden Mutter, mit Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen, also mit viel Einblick in weibliches Leben und weibliche Sichtweisen aufgewachsen ist, oder einem erzreligiösen Mann aus einem Land, in dem Frauen z.B. zwangsverheiratet oder gegen Kamele eingetauscht werden.
      Oder nicht?

      • Als Mann darf ich mich hier beklagen.
        Wann ist es denn Mann erlaubt Frau sexuelle Anspielungen zu machen? Nie?
        Der Mensch wäre längst ausgestorben, wenn es das “Spiel der Geschlechter” nicht gäbe, zu dem eben auch bei einfachen Menschen einfache Anmachen gehören.
        Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass Frauen ohne ein Mindesmaß an Toleranz gegenüber ungewollten Anmachen einen Großteil des Problems ausmachen.

        Ein an diese extrem defensive weibliche Haltung angepasster Mann ist ein extrem unglücklicher angepasster Mann.
        Ich würde sogar sagen, dass ein solcher eher dazu neigt sexuelle Belästigung zu praktizieren, oder gar schlimmeres, als ein Mann in einer gleichbereichtigten Gesellschaft.

        Ja, ich fordere gleiches Recht für alle. Frauen sollen nein sagen können, Männer aber auch ja sagen durfen.
        (Edit Meike: Das ist aber nicht gleiches Recht für alle! Wenn eine Frau Nein sagt, gilt das, da kann der Mann noch so oft Ja sagen.)

        • @Meike: da habe ich mich wohl unklar ausgedrückt. Frauen sollen nein sagen können, sprich effektiv ihre Grenzen aufzeigen können, Männer sollen Ja sagen durfen, sprich ihnen soll eine gewisse Art von sexueller zugeneigtheit auszudrücken erlaubt sein. Natürlich beides im angemessenem Rahmen.

  44. Danke für diesen Artikel, der das Thema mal sehr differenziert betrachtet und vor allem an die Selbstverantwortung appelliert.

    Erschreckend häufig werden Regulierungen, Strafen und Gesetze gefordert, die einem noch mehr Eigenverantwortlichkeit abnehmen. Für mein Empfinden ist der Alltag eh schon viel zu stark reguliert. Kinder dürfen nicht mehr zum Kindergarten laufen, es wird generell überall geregelt wo man herlaufen darf und alle verlangen, dass der Staat sich noch mehr bei Ernährung und Erziehung einmischt. Wenn’s nicht klappt, muss der Staat halt nachbessern.

  45. Die überzogene Debatte momentan ist nunmal ein Produkt des jahrelangen Schweigens. Deshalb finde ich sie gut. Wenn sich alle etwas abgeregt haben, werden die Frauen sich hoffentlich mehr wehren und die Männer ein wenig reflektieren. Aber dass die Diskussion jetzt etwas emotional ist, ist kann man keiner/m verdenken. Dafür wurde sie zu lange nicht geführt.

  46. Der beste Artikel, den ich zu diesem Thema bisher gelesen habe. Von dir könnten sich auch noch einige “professionelle” Journalisten/-innen etwas abschauen.

  47. Oh, Du hast Glück. Ernsthaft. Dass Du solche Situationen nicht als belästigend empfindest, meine ich.

    Aber mir ging’s ja ums Reden, das Du als Mittel der Wahl bei Sexismus anführst: Was empfiehlst Du denn Frauen wie mir, die in Punkt 2 anders gestrickt sind und solche Beispiele als Sexismus empfinden? Ich empfinde das als Belästigung – wie soll ich reagieren? Ernsthaft – reden? Mich an der nächsten Ampel ins Auto zu den vier Jungmännern reinlehnen und bisschen erklären, wie scheiße das ist? Absurd.

    Und bei der “Femme de la Rue”-Replik bleibt mir doch bisschen die Spucke weg, ist aber letztlich das gleiche Argument wie oben die Belästigungsgrenze:
    – Warum muss ich Verständnis dafür haben, dass Menschen aus anderen Kulturkreisen ein “No, merci” nicht verstehen? (siehe Trailer) Hallo? Die Frau ist die Belästigte! Du hast Verständnis für den armen kultur-geschockten Mann, wenns auch für die Frau “unangenehm” ist: “Das macht es nicht weniger unangenehm für die Frau, ohne Frage, aber kulturelle Hintergründe gehören für mich nun einmal ebenso zur Berücksichtigung der Situation dazu wie z.B. das Alter des Mannes.”

    Heißt? Aaaaaaah, klar, der ist 18 und im Hormonhigh, der darf das noch.
    Aaaaaaaaah, klar, der kommt aus einem anderen Kulturkreis und weiß es nicht besser, der darf das noch.
    Und irgendwann: Aaaaaah, klar, der ist ein Mann, der darf das.

    Tut mir leid, das finde ich eine komische Ableitung. Bestimmt gern gesehen, weil ja der Begriff “Hysterie” auch in dieser Debatte überstrapaziert wird und da ist ein “Ist doch gar nicht so schlimm mit dem Sexismus”-Artikel natürlich easypeasy. Aber auch schade.

    • Also, jetzt bleib mal auf dem Teppich!
      Nirgendwo habe ich geschrieben, dass Männer anderer Kulturkreise Frauen belästigen dürfen oder dass das bei 18-Jährigen nicht so schlimm ist!
      Ich sage nur, dass es für z.B. solche Männer und Jungs schwerer ist, ihr Verhalten zu ändern, ein längerer Weg, umzudenken, Verhaltensweisen aufzubrechen, als für einen z.B. westeuropäischen Atheisten. Folglich braucht es für solche Männer andere Argumente, vielleicht eine andere Art der Kommunikation, um zu ihnen hindurchzudringen.

      Wenn Du nicht genau lesen kannst oder willst und mir Worte in den Mund legen willst, die ich einfach nirgendwo da oben geschrieben habe, dann geh bitte woanders kommentieren.

      • Nee, sorry Meike, aber das kam bei mir exakt genauso an und das ist auch ein Punkt, den ich bei mir drüben im Blog erwähnt hatte. Anderer Kulturkreis, my arse! Villeicht mag es schwieriger sein, es „denen“ zu verklickern, aber dann muss es umso häufiger, nachdrücklich und mit dem Holzhammer sein. Und wenn ich mir so einige Kommentare der erleichtert aufatmenden Männer hier durchlese, daß endlich mal eine Verstandnis für sie hat und zu differenzieren weiss, dann wird mir auch unwohl und ziemlich klar, daß es einer Holzhammeraktion wie #aufschrei bedarf, damit hier einige merken, daß es reicht mit dem Scheiß — egal aus welchem Kulturkreis.

        Ich habe mich auch immer geweigert, den ganz alltäglichen Sexismus, die doofen Sprüche, die lüsternen Blicke, die Pfiffe, die hässlichen Anmachen, kurz: alle rein verbalen Übergriffe an mich rankommen zu lassen. Ich habe beschlossen, mich davon nicht angegriffen zu fühlen, aber es fühlt sich dennoch eklig an.

        Gestern haben viele Männer erstmals einen kleinen Einblick bekommen in den Alltag der meisten Frauen und sie sind erschrocken, ungläubig, wehren ab, flüchten sich in Entschuldigungen, suchen händeringend nach Artikeln wie Deinem hier, der ihnen zur Seite springt. Wenn man bedenkt, daß die Nutzung von Twitter nicht gerade weit verbreitet ist in der deutschen Bevölkerung, nicht alle Twitteruser weiblich sind und auch nicht alle Frauen mitgemacht haben, dann ahnt man, wie gigantisch das Problem tatsächlich ist.

        Es freut mich für Dich, daß Dein Abwehrmechanismus noch so gut funktioniert. Ich habe allerdings gestern beschlossen, meine Energie nicht mehr länger in Selbsthypnose zu stecken, daß alles halb so schlimm ist und Worte mir nicht weh tun können. Und ich finde es schade, daß Dein Artikel vielen Männern die Rechtfertigungsgrundlage liefert, sich weiter wie die Arschlöcher zu benehmen, die sie sind.

        • Hm, offenbar war die Äußerung zu den Kulturkreisen doch nicht so eindeutig wie ich sie beabsichtigt hatte.
          Ich habe einfach sagen wollen, dass man unterschiedlichen Gesprächspartnern unterschiedlich beikommen muss (und ich betone gerne zum 97. Mal, dass Sexismus für mich etwas anderes als massive sexuelle Belästigung ist). Einem 18-Jährigen erklärst Du das anders als einem 45-Jährigen, einem mit IQ78 anders als einem mit IQ 100+. Zumindest sollte es so sein. Holzhammer halte ich immer für eine schlechte Methode.

          Kiki, auch an Dich die Bitte, Deinen Wutpegel zu drosseln und genau zu lesen.
          Rechtfertigungsgrundlage? Ich glaube, es hagelt. Nirgendwo nehme ich irgendjemanden in Schutz, nirgendwo sage ich, dass Sexismus okay ist, nirgendwo sage ich “Macht ruhig weiter, Boys, ist nur menschlich.”
          Ich habe gesagt (sehr verknappt): 1.) präzise formulieren (ich halte es immer noch für eine Frechheit, wenn sich eine, der mal ein Mann den Po getätschelt hat, neben eine, die vergewaltigt wurde, stellt und sagt “WIR wurden so schlecht behandelt), 2.) Rücksicht auf weibliche, männliche und situative Unterschiedlichkeit, 3.) Verantwortung übernehmen. DIE Gesellschaft, die sich ändern soll, gibt es nämlich nicht, jeder von uns hat seine Aufgabe, das Miteinander besser zu machen, 4.) es kann nicht sein, dass Männer bitte in Minutenschnelle Jahrtausende alte Verhaltensmuster – zack! – abändern sollen, aber Frauen möchten an ihren Jahrtausende alten Verhaltensmustern festhalten. Und das Dulden, das Aushalten in Situationen, die nicht gut für eine Frau ist (z.B. Beruf, Partnerschaft), ist immer noch viel weiter verbreitet als Du zu glauben scheinst, 5.) kein Tunnelblick bitte.

    • “Was empfiehlst Du denn Frauen wie mir, die in Punkt 2 anders gestrickt sind und solche Beispiele als Sexismus empfinden? Ich empfinde das als Belästigung – wie soll ich reagieren? Ernsthaft – reden? Mich an der nächsten Ampel ins Auto zu den vier Jungmännern reinlehnen und bisschen erklären, wie scheiße das ist? Absurd.”

      Ja, isses. Du willst ja verstanden werden, also paase den Tonfall deiner Botschaft an die Auffassungsgabe des Adressaten an.

      Angemessen wäre z. B.: “F***? Mit DIR? Hast Du überhaupt schon Haare am S***? Ich brauch Männer, keine Kinder.”
      Oder – beim dem erwähnten Bauarbeiter: “Vergiss es – Du kriegst ihn doch gar nicht mehr hoch, du Fettsack.”
      Oder: hingehen, zwischen die Beine greifen und: “nee, lass mal, der ist mir zu klein.”

      Sind übrigens live erlebte Reaktionen einer Freundin, keine Ideen von mir.

      Ja, dafür braucht man Nerven, ein gut entwickeltes Selbstbewusstsein und den Willen, sein Niveau in Bodenhöhe zu schrauben.

      Wirkt aber nachhaltig. Live erlebt. :)

      (Edit Meike: leicht zensiert, weil ich mir lebhaft ausmalen kann, mit welchen absonderlichen Google-Suchwörtern man mich sonst künftig finden kann)

    • Hi Ann,

      Da du eine Allergie auf Pollen hast und besonders allergisch bist, müsste man deswegen mal kurz die halbe Vegetation ausrotten. So einfach ist das eben nicht.

      Es gibt immer “Ausreiser” die extrem empfindlich oder extrem unemfplich auf etwas reagieren (Neben der breiten Masse).

      In dem konkreten Falle, wenn dich das stört und du da sehr empfindlich bist, ist es für dich Sexismus. Du solltest dir aber im Klaren darüber sein, dass es für den anderen ggf noch kein Sexismus ist (aus diversen Gründen (EQ, IQ, Kultur usw), bzw. sogar andere das als ganz nett empfinen von jemand angebaggert zu werden (ja auch so Frauen gibts). Und wir lebne ja zu Glück in einer Demokratie und Rechtsstaat in dem du deine Meinung dann gegenüber dem anderen vertreten kannst und solltest. Ist zwar unbequem aber geht eighentlich jedem MEnschen der aktiv im LEgen steht jeden Tag an tausend anderen Dingen auch so.

      VG
      Jan

    • ANN, Du schreibst: “Oh, Du hast Glück. Ernsthaft. Dass Du solche Situationen nicht als belästigend empfindest, meine ich.”

      Das ist keine Frage des Glücks, sondern der eigenen Einstellung. Für die ist man immer noch selbst verantwortlich.

      Als Mann fände ich es toll, wenn es Bauarbeiterinnen gäbe und diese mir auch noch nachpfiffen. Beides noch nicht erlebt. Leider.

  48. Hallo,

    Meine Meinung als Mann: Sehr guter sachlicher Artikel!

    Und als Anmerkung: Das soll nicht vom Thema ablenken, aber auch die umgekehrten Fälle gibt es!

    vg
    Jan

  49. Bei allem Verständnis: diese Aufschrei-Aktion leistet keinen Beitrag zur Geschlechterverständigung! Wie sollen wir denn jetzt noch flirten, wenn uns eine Fau gefällt? Dabei geht es ja gerade um Zweideutigkeiten, um die Signalisation (sexuellen) Interessens. Ohe diese Komponente wird das Anbandeln etwa so spannend wie das Vorlesen einer Packungsbeilage von Hämorrhoidensalbe.
    Eins ist doch klar: entspreche ich den Wunschvorstellungen einer Frau, sind selbst gröbere Anzüglichkeiten noch drin, während bei Missfallen schon das Helfen in den Mantel Sexismus sein kann.
    Mit dieser Widersprüchlichkeit können wir zwar leben, aber wir brauchen schon eine Chance, eure Zu- oder Abneigung erstmal prüfen zu können.
    Und noch was: es gibt leider Gottes auch dumme Männer. Die brauchen länger, um zu merken, dass ihr nicht wollt und probieren’s auch plumper. Das wird immer so bleiben – die können nicht anders, sie sind zu beschränkt. Der Vorteil davon: ihr könnt diese Typen rasch aussortieren und euch gleich auf die sensiblen, subtilen von uns konzentrieren. So senken wir nebenher vielleicht auch noch die Scheidungsrate…

  50. Triebgesteuerten geht es immer um Machtausübung (verbalsexueller od körperlicher Art) u sind Ausdruck eines frühkindlichen Zuwendungsmangels. Es wundert nicht, dass gerade Machtmenschen (die kompensatorisch agieren) im Umgang mit “Niederrangigen” ihr (selbst)überbewertetes Selbstwertgefühl vor sich her tragen und sich (mit oder ohne Alkohol/Kokain/Pillen) übergriffig benehmen.
    Es sind fast ausnahmslos SuchtTypen, die ständig u überall auf der Suche nach Co-Abhängigen Ausschau halten. Für Politiker sind JournalistInnen die idealen Verführungsopfer. Umgekehrt ist das nicht anders.

  51. Meike, Du hast meine Bewunderung für Deine Geduld. Die Geduld, den ganzen Abend einfühlsam auf alle Kommentatoren zu reagieren, die Dein Post offenbar nur flüchtig ge- und die meisten Disclaimer überlesen haben. Um so sympathischer, wenn Dir dann schlussendlich doch der Kragen platzt :-) So lange hätte ich nie durchgehalten.

  52. In aller kürze: Danke, dass du den #Aufschrei Hashtag für mich gerettet hast.
    Danke, dass du klar sagst was – von beiden Seiten – erwartet werden kann.
    Danke, dass du klar die Fehler(quellen) in der Kommunikation zerpflückst.
    Danke, dass du in der gesamten Debatte bisher nicht gestellte oder beachtete Fragen auf den Tisch wirfst.

  53. Danke für diesen ausgezeichneten Artikel!
    Ich möchte zu Beginn festhalten, dass ich ein Mann bin. Einer von der sorte die galant sind, eher schüchtern und weit weg von jedem Sexismus.
    Ich möchte auch noch vorrausschicken, dass ich mit jedem Opfer von sexueller Vergewaltigung fühle und mich für harte Strafen, besonders aber für Prävention und Maßnahmen am Arbeitsplatz ausspreche.
    Vor allem aber möchte ich an einer dauerhaften Problemlösung mitwirken.
    Dazu gehören für mich ebenfalls zwei Seiten. Der Sexismus ist definitiv in der Welt der Männer noch nicht überwunden. Viele Männer sollten zur Reflektion bewogen werden.

    Die andere Seite der Medalie beschäftigt mich allerdings viel mehr.
    Wenn ich mich frage, was zu Sexismus führt, fallen mir als erstes Frauen ein.
    Frauen möchten gerne umworben werden. Das mag teil unserer Sozialisation sein oder naturgegeben. Fakt ist, viele Frauen wünschen sich Männer die den “offensiven” Part der Pärchenbildung übernehmen.
    Für jene Frauen, für die das nicht zutreffen mag ist das natürlich ärgerlich, da dies einen gesellschaftlichen Konsenz darstellt.

    Müssen nun also Männer ihre offensivität überdenken?
    Müssen Frauen ihre Methodik in der Partnersuche ändern?

    Ich glaube, wer sich diese Fragen stellt, ist schon auf dem Weg der Lösung näher zu kommen, die Wahrheit mag wohl irgendwo dazwischen liegen.
    Oder?

  54. Danke. Für die sechs Stunden Arbeit und sicher noch weitere Stunden an den Kommentaren.
    Differenziert und analytisch. Ich habe schon gedacht, ich stehe mit meiner Meinung allein da. Die gestern Nacht und heute tagsüber neben der Wut, über das, was ich unter #aufschrei las, auch von Entsetzen über weibliche Duldungshaltung geprägt war.
    Ich habe einmal gelesen, es hätte sich jemand verteidigt und das war der Frau dann auch noch unangenehm. (habe mich dann aber irgendwann ausgeklinkt, weil es im Blog hoch her ging.)
    Zudem ich die latenten Vorwürfe von unsolidarischem Verhalten und Täterkollaboration mir gegenüber nicht ignorieren konnte.
    Dein Text rückt das wieder zurecht und gibt der #aufschrei-Aktion hoffentlich einen Impuls in Richtung Selbstverantwortung erkennen.

  55. […] Das Schreien der Lämmer […]

  56. Danke fuer diese Ausgewählten Worte!

    nichts ist so #trivial das es mit einem Hashtag wie #Aufschrei gelöst werden kann……. Nichts ist so #komplex das man darüber ¡miteinander! nicht reden kann und muss!!

    Nochmals Chapeu fuer diesen tollen Artikel!

  57. Danke für den Artikel, Meike, und danke an alle Kommentatoren. Danke auxh Dir, Meike für Deine Antworten. Wenn nur alle Themen so gut diskutiert werden würden…

  58. Ann… du bist der Grund für diese unsachliche, polemische Debatte. Lies diesen refklektierten Artikel nochmal, schreibe dir einmal eine Definition der Dinge auf, die hier diskutiert werden, dann komm wieder.

    Du musst dich an der Ampel nicht in das Auto reinlehnen, das geht auch anders. Ich muss hier nun nicht wirklich über dieses “Balzverhalten” diskutieren.

    Schluss um, die Debatte wird hier erfrischen Beschrieben UND dann in der Kommentarsektion polemisch und teilweise einfach falsch diskutiert. Das wird der Grund sein warum wir in 2 Wochen nicht mehr drüber reden.

  59. […] auf den Punkt bringt, stammt von Meike Lobo (@frau_meike) und trägt den treffenden Titel “Das Schreien der Lämmer“. Darin benennt sie fünf Punkte, warum diese Debatte und dieser Aufschrei sie wütend macht. […]

  60. Danke !!! für diesen Post. Mich hat dieses Thema die letzten 2 Tage auch mehr wütend als betroffen gemacht. Und ich musste mich oft zusammenreissen nicht auf bestimmte Tweets etc. zu antworten.

    Die “Diskussion” war für mich gestern beendet als jemand es als Sexismus bezeichnet, weil sie seit 25 Jahren immer das kleinste Zimmer im Hotel auf Geschäftsreisen bekommt.

    Ich war erschüttert darüber was andere Frauen scheinbar unter Sexismus verstehen (das Beispiel hier war nur eines von vielen die ich las) und ihnen gar nicht bewusst ist wie düpierend und verletzend so was für ein z.B. junges Mädchen von 13/14/15 Jahren oder eine Frau sein muss die wirklich! sexuell belästigt wird, Sexismus erleben muss.

    Diese unsere Gesellschaft krankt an sehr vielem , aber sicher auch an diesem verbissenen Geschlechterk(r)ampf untereinander.

    Und liebe Frauen ich sage es gerne erneut deutlich z.B. anhand der “Hotelzimmergeschichte” – Wer sich 25 Jahre falsch/benachteiligt fühlt weil er ein zu kleines Hotelzimmer bekommt hat 25 Jahre verpennt erwachsen zu werden und sich durchzusetzen.

    Wer aber von Lehrern, Trainern, auf der Strasse, where ever unsittlich angemacht, angefasst, im Frausein beleidigt wird hat es NICHT herausgefordert und hat alles Recht auf Hilfe und Unterstützung. Seitens Familie, Mitbürger die das mitbekommen, durch die Polizei (ja, man kann so was anzeigen und SOLL es auch)

    Und mal ein kleiner praktischer Tipp: Wenn Dir jemand auf der Strasse oder in der U-Bahn aus heiterem Himmel “Nutte” hinterherruft oder leise zischt, dann sei einfach laut. Meine Lieblingsantwort: “Ja, Schätzchen aber DU kannst Dich mir leider nicht leisten und selbst für nen Tausender würde ich es Dir nicht machen”

    Mehr kann man einen Kerl in so einer Situation fast nicht beleidigen. Laut! vor allen anderen Anwesenden.

    Und zum Abschluss noch mal eindringlich an Eltern, Familien, Freunde, Fremde wenn Ihr mitbekommt, dass eine Frau / ein Mädchen bedrängt wird. Sei es in Worten oder Taten HANDELT. Mischt Euch ein, zeigt an.

    Aber dafür muss man differenzieren lernen und ein aufmerksames Auge haben. Frust ist nicht die Lösung.

    • Danke, Michaela. Ich finde Dein Beispiel mit dem Hotelzimmer sehr prägnant (ich habe mir mal erlaubt, es etwas hervorzuheben) und das kommt dem, was ich meine, ziemlich nah.
      Das Problem ist ja, dass bei einem so heiklen Thema alle Gefühle schnell hochkochen, das habe ich ja selbstgemerkt. In der Folge gibt es viele Kommentatoren, die den Artikel nur zur Hälfte lesen und dann aus Wut kommentieren.

      • Danke Meike und danke Christy für Euer Feedback. Und Meike Dir dafür, dass Du wirklich moederierst und kommentierst. Chapeau.

        Ich möchte noch einen grundsätzlichen Gedanken einwerfen der mir im Laufe meines bisherigen Lebens immer wieder aufgefallen ist und der sicher nicht gerne gesehen/gelesen wird aber viel Wahrheit innehat: Der grösste “Feind” der Frau ist oft die Frau. Frauen bewerten im Regelfall viel stärker, stecken in Schubladen, sind schnell mit einem Urteil bei der Hand.

        “Die trägt High Heels und lackiert sich die Nägel rot” —> “Schlampe”. Männer die das gut finden sind dann Männer die auf *Schlampen* stehen. Es fehlt an Selbstbewusstsein, Liebe zu sich selbst. Standing.

        Wenn ich als Mensch für etwas stehe. In allererster Linie für mich selber, dann für meine Überzeugungen, zu meinen Freunden, meinem Umfeld dann kann mich auch nicht erschüttern wenn mir ein Bauarbeiter hinterher pfeift. Dann kann ich das nach Tageslaune selbstbewusst geniessen oder ignorieren. Ich würde das aber niemals sexistisch sehen.

        Frauen erziehen Jungs/Männer. Erst die Mutter, dann die Kindergärtnerin, dann die Grundschullehrerin. Bei all den Millionen Alleinerziehenden (ich bin das auch, wenn auch mit Töchtern) – werden Jungs/Männer von Anfang an in gewisser Form *verweiblicht”. Irgendwann – je nach Charakter, Anlagen etc. bricht der Frust durch . Latenter Frauenhass, Macht oder devotes Verhalten brechen sich durch wie ein zerbrochener Damm .

        Wir leben heute in Kleinstfamilien. Es gibt keine urachaischen Reibungspunkte mehr. Jede zarte Zärtlicheit birgt die Angst des Sexismus, Missbrauchs. Jede zerbrochene Fensterscheibe it einem Fussball wird als ungehörig oder agressiv abgestempelt. Das ist in meinen Augen krank.

        Viele Frauen sind so verbissen emanzipiert, dass jeder Flirt jede Anmache sofort als Angriff verstanden wird.

        Es fehlt Ehrlichkeit im Umgang miteinander.

        Mal abgesehen von der dämlichen und so durchschaubaren Aktion der Frau Himmelreich vs. Brüderle. Was wäre – ganz ehrlich betrachtet – wenn es ein äussert gutaussehender erfolgreicher Kerl gewesen wäre. Der sie nicht so plump, sondern charmant “angemacht” hätte? Wie naiv muss man sein zu denken Frau H. wäre echauffiert. Sie wollte etwas Schreiberling “Ruhm” . Es interessiert sie ein Scheiss (sorry für den Ausruck) wie es Frauen geht die wirklich unter Seximus zu leiden haben.

    • Michaela, ich kann Dir nur zustimmen.

      Mich nervt diese Beliebigkeit, die bis zu “Ich bin benachteiligt worden”-Tweeds ging.

      Richtig ist, dass Sexismus und Übergriffigkeiten nicht gehen und es dagegen eine Handhabe geben muss.

      Was nicht geht, ist eine veränderte Welt, die sich aufgrund eines großen Jammers nach den verschiedenen Empfindungstemperaturen verschiedener Menschen anpaßt.

      Es gibt, wie gerade diese Twitter-Welle zeigt, nicht einmal eine Linie, was übergriffig oder sexistisch genannt werden könnte.

      Ich bin eine dieser Frauen in Arbeits- und Privatleben, die durch die Welt kommt und das in Kleid und oftmals Pumps und muss sagen, dass mir für viele mit dem Hashtag gepostete Tweeds schlicht das Verständnis fehlt.

      Stilles Dulden ist nicht geeignet überhaupt zu signalisieren, dass etwas schief läuft in der Kommunikation zwischen Menschen und darum geht es schließlich.

      Wenn dem Sender der Botschaften immer klar wäre, dass er sich gegen die Empfindungen des Gegenübers verhält, gäbe es nicht seit Jahrzehnten auch in linken Kreisen so viele Auseinandersetzungen um dieses Thema, für die es immer noch keine Lösung gibt, denn sie sind nicht abgeschlossen.

      Mich als Frau irritiert vor allem dieses “Wir”-Ding, was in dieser Aktion transportiert wird und dem ich nicht zustimmen kann.

      Man kann “Nein” sagen in vielerlei Form. Mit den Augen oder gar leise gedacht, ist es allerdings keine gute Idee, denn das versteht kein Mensch.

      Wenn Du etwas willst, mußt Du das dem zeitnah sagen, der Dich kränkt und auch dammit leben, dass er unter Umständen Deine Gefühle nicht nachvollziehen kann und Dir Überempfindlichkeit unterstellt, denn das kann auch möglich sein.

      Änderungen passieren jedenfalls nur, indem man in Kommunikation ist und zwar über Tweeds hinaus in Kontakt mit denen, die es betrifft.

      • Exakt auf den Punkt, vielen Dank dafür.

        Mir ging beim Schreiben immer wieder dieses Klischée (ist es wirklich eins?), dass Frauen oft von anderen (Partnern, Kollegen, Männern wie Frauen) erwarten, dass sie Gedanken lesen oder erraten, was mit ihnen los ist.
        Folgender Dialog ist ja schon ein Gassenhauer.
        Er: “Liebling, hast Du was?”
        Sie: “Nein, es ist nichts.”
        Er: “Ah, dann ist es ja gut.” (schaut weiter fern)
        Sie: “Seufz”.

        Dieses Klischée ist natürlich überzeichnet, hat aber mit Sicherheit einen wahren Kern. Nämlich den, dass Männer oft nicht schlau werden aus Frauen.
        Ich war zwar acht Jahre Single, habe aber in dieser Zeit mit sehr, sehr vielen Männern gesprochen und geschrieben, und einer der häufigsten Sätze, die ich dabei zu hören bekam war “Ich habe noch nie so offen und direkt mit einer Frau sprechen können”.
        Und DAS ist nicht (nur) das Problem der Männer.

        • Ja, genau das ist es. Ich kann die Gedanken anderer nicht lesen, sehe ihnen ihre Gefühle oft nicht an, kann ihre früheren Verletzungen und deren Auswirkungen, ihre Empfindlichkeiten nicht kennen und bin nicht in der Lage die Wirkung all meiner Verhaltensweisen abzuschätzen, denn ich als Frau bin keine Empathin sondern ein Mensch.

          Und genau diese Menschlichkeit erwarte ich auch von einem Mann, der mit mir umgeht.

          Wenn ich ihm nicht sage, dass mich etwas verletzt, kann er es nicht wissen, denn es gibt keinen Standard für dieses sehr persönliche Verletztsein in dem Maße wie es in den Tweets vielfach geschildert wird.

          Niemand kann uns das kommunizieren abnehmen und ein (angeblich) kollektives “Wir” stimmt nicht einmal, wie jeder im Alltag leicht mitbekommen kann.

          Es gibt kein Maß für Gefühl, da diese Empfindungen gerade auch zu dem Themenkreis vielfältig sind – das muss man tatsächlich vermitteln.

          Nochmals Danke, Meike, für Deine Mühe den Text zu schreiben und die vielen Kommentare zu bearbeiten.

  61. Sehr gute Beschreibung, danke dafür.

    Persönlich sehe ich ja den Komplex um Punkt 1 oft als hinderlichstes Phänomen bei dem Versuch eines konstruktiven Dialoges.

    Solange die verwendeten Begrifflichkeiten alle das Gewicht metrischer Tonnen mitbringen, ist ein differenziertes Gespräch recht erschwert.

  62. “Ich bin der Meinung, dass zu den meisten ausbeutenden, unterdrückenden Situationen immer zwei Parteien gehören: einer, der unterdrückt, und einer, der sich unterdrücken lässt. Frauen können sich also an irgendeinem Punkt in ihrem Leben entscheiden, ob sie Opfer sein wollen oder nicht.”
    Trifft in einer solchen Situation eine sehr junge Frau auf einen sehr selbstvewußten älteren Mann, kann das schwierig werden. Meine Töchter z.B. sind weit entfernt von dem Gefühl einer Opferrolle, dennoch in manchen Situationen noch nicht reif genug entsprechend zu reagieren.Und das hat nur mit allgemeiner Reife zu tun.

  63. In vielem ein sehr guter Beitrag, vor allem die Unterscheidung zwischen Missbrauch und Sexismus. Aber zwei Gedanken (die sicher schon in früheren Kommentaren stehen, aber ich konnte nicht alle lesen): 1. Ich glaube schon, dass der “sensibelste Filter” gelten muss (nicht für alle, sondern eben für den sensiblen Menschen). Niemand muss “unterdurchschnittlichen” (?) Sexismus hinnehmen. Und da der Gegenüber nicht weiß, ob die angesprochene Person sensibel ist oder nicht, muss man im Zweifel besonders vorsichtig/höflich sein. 2. Was Du nicht erwähnst, sind Machtkonstellationen, in denen man sich nicht so einfach wehren kann, wie man es natürlich sollte. Es ist vielleicht etwas naiv, Frauen zu raten, etwa ihren männlichen Vorgesetzten “die Tür einzutreten”.

  64. Ich empfinde den Beitrag als recht gut, zeichnet er doch ein anderes, wesentlich differenzierteres Bild der Frauen und Männer und wird zumindest in Ansätzen dem Thema gerecht ohne die Länge ins Unendliche zu ziehen.

    Generell sollten die Männer mehr darauf achten, was sie tun, denn das, was sie zwischen sich tun, ist noch lange nicht etwas, was allgemein gültig ist. Außerdem sollten sie sich des Themas zwar bewusst sein, jedoch nicht die ganze Zeit daran denken müssen – denn ich kann z.B. nicht immer an dieses Thema und noch an Tausend andere Sachen, die auf der Arbeit anfallen, denken. Natürlich sollten Männer die ganz offensichtlichen Belästigungen unterlassen – ein wenig Chitchat kann jedoch insgesamt zu einem schneller verfliegendem Arbeitstag beitragen.

    Frauen hingegen sollten endlich im vollen Umfang Gleichberechtigung einfordern und erfahren – und damit meine ich keine Quoten, die Männer nicht haben, sondern auch Pflichten, die mit einer fortschreitenden Emanzipation und dem neuen Frauenbild einhergehen (müssen). Auch das Gesetz bzgl. Kinder und Übergriffen sollte so angepasst werden, dass vor dem Gericht sowohl Mann als auch Frau gleichberechtigt darstehen – das tun sie derzeit nämlich keinesfalls.

    Solche Aufschreie wie die im #Aufschrei-Hashtag von Twitter könnten – sofern es bei den pauschalisierenden Vorwürfen Männern gegenüber bleibt – kontra-produktiv werden. Nicht nur, dass das Näherkommen bzw. Kennenlernen ohnehin schwerer fällt und man vor alles und jedem am besten einen schriftlichen Vertrag abschließen sollte – ich kenne genug Männer, die sich angegriffen fühlen und daher ins andere Extrem umschwenken und zum Beispiel auf Männer in der muslimischen Welt neidisch sind/werden.

    Ich finde nicht, dass letzteres richtig ist. Wenns jedoch soweit ist, sollte man auch als Mann Sexismus definieren. Ich z.B. empfinde Stöckelschuhe + Rock + Strumfhosen unter Umständen als sexistisch – weil es das aus der Medienindustrie bekannte und altbackene Frauenbild unterstützt und daher Männer provoziert. Das heißt nicht, dass so etwas Handgreiflichkeiten rechtfertig – wohl aber Blicke und Gedanken. Und weder das eine noch das andere geht gegen die Rechtssprechung. Wenn es aber doch ein Gesetzt bricht, sollten die Frauen das doch vor Gericht beweisen und fertig… wobei man natürlich auch zuerst darüber reden könnte. Das erfordert jedoch eine Kommunikation – und ich glaube ich lebe im Zeitalter der Amazonen.

    dS.

  65. Ich hatte vor, an diesem freien Samstag ebenfalls einen Artikel zu diesem sehr komplexen Thema zu schreiben. das kann ich mir nun schenken, weil man es – auch aus der männlichen Perspektive – nicht besser auf den Punkt bringen kann. Ich werde den Beitrag verlinken. Danke für die gut investierten 6 Stunden.

  66. Liebe Frau Meike,

    ich freue mich schon seit längerem sehr über deine starke Stimme in diesem Internet. Du hast viel Humor und ein grosses Schreibtalent. Und auch eine erfrischende Sicht in dieser tatsächlich sehr anstrengenden Sexismus-Debatte. Ich gehe insgesamt mit deinen Ausführungen sehr einig.
    Eine m.E. wichtige Anmerkung habe ich jedoch: Mir fällt immer wieder auf, dass im deutschen Sprachraum Sexismus fast immer mit “sexuell” assoziiert wird. Auch du machst auch v.a. auf sexuelle Aspekte der Debatte aufmerksam. Nach meinem Verständnis beschreibt jedoch “sexistisch” nicht in erster Linie etwas mit Sex, sondern mit Geschlecht (durchaus auch ohne sexuelle Komponente). Sexistisch ist somit eher wie Rassismus, aber nicht aufgrund von Herkunft, sondern aufgrund des Geschlechts.
    Die sexuelle Anmache und alles in die Richtung finde ich weniger problematisch, weil irgendwie klarer und jede muss sich halt wehren ohne immer gleich “Opfer!” zu schreien.
    Schwieriger erkennbar sind subtile Formen wie z.B. “Eine Frau wird Präsidentin”. Man mag einwenden, dass dies ja völlig harmlos klingt. Aber seit ich darauf achte, wenn in Presseberichten und Gesprächen betont wird, dass das eine Frau ist und man “Frau” durch “Mann” ersetzen würde und man weiss, das würde so nie nie nie stehen oder gesagt werden. Oder Dinge über arbeitende Mütter, die nie jemand über Väter sagen würde. Oder eine Schweizer Journalistin und ehemalige Chefredakteurin, die explizit nie eine Feministin war, die dann doch irgendwann dieses Buch schrieb.
    Diese Themen fallen für mich persönlich irgenwie deutlich mehr unter das Stichwort “Sexismus” als wer wem wie nahe kommt oder sexuell anzügliche Sprüche macht.
    Natürlich würde ich gerne mehr von dir dazu lesen!
    Alles Gute und schöne helvetische (und darum ß-freie) Grüsse an den lustigen Herrn Meike, den ich vor Jahren in Berlin kennengelernt hatte, als er noch blonde lange Haare hatte.

  67. Liebe Meike, gut beobachtet. Trotzdem finde ich, dass ein Faktor berücksichtigt werden muss: die Machtverhältnisse (http://www.wuv.de/medien/sexuelle_uebergriffe_und_bruederle_gate_eine_frage_des_machtgefaelles). Und ja, Frauen müssen lernen, klare Ansagen zu machen, das kann man ihnen nicht abnehmen. Doof halt, dass junge Frauen, die das erst lernen müssen, deutlich öfter betroffen sind als ältere, die es gelernt haben.
    Das können wir ändern, indem wir drüber reden (wie mit Aufschrei) und Mädchen und Frauen diese Haltungen ermöglichen.
    Und die Haltung mancher Männer ändern, ihnen bewusst machen, wann etwas nicht ok ist, auch durch Debatten wie diese. Es sind nicht alle Männer und nicht nur Männer.

  68. vielen dank für den feinen, differenzierten artikel.
    mir hat sich in der debatte noch ein anderer aspekt aufgedrängt, der mit der opfer-zuschreibung verwandt ist. nämlich die frage, wie wir frauen uns eigentlich männern gegenüber verhalten – und wie das auf männer wirken mag:
    wie fühlen sich eigentlich männer, wenn frauen knappe und enge kleidung tragen? nein, das ist selbstverständlich kein freibrief für übergriffigkeit! natürlich ist jeder (erwachsene) mensch komplett selbst dafür verantwortlich, wie er auf reize seiner umwelt reagiert. genauso, wie es z.b. nicht in ordnung ist, jemanden zu überfallen, weil er eine uhr/ein auto/einen pullover hat, der/die/das mir so gut gefällt. aber ist nicht das zurschaustellen körperlicher merkmale auch ein protz- und damit womöglich ein ähnliches dominanzverhalten wie das vorführen teurer uhren, autos und klamotten?
    und was kommt dabei heraus, wenn man mal offensive körperlichkeit bei männern und frauen vergleicht? wir (frauen) erwarten von männern, besonders im büro, dass sie lange hosen tragen und geschlossene schuhe, am besten langärmlige hemden, oder vielleicht ein t-shirt. wie fühlen wir uns, wenn der mann in kurzen hosen aufkreuzt, in sandalen womöglich? was halten wir von männern, die enge oberteile tragen oder, gott bewahre, tiefe ausschnitte? die das hemd aufknöpfen? ja, in den meisten fällen ekeln wir uns. fühlen uns visuell bedrängt. nur wenn der mann tatsächlich ein sahnebonbon ist (sind wir wirklich nicht sexistisch? sprechen oder denken wir nicht so über die besonders hübschen jungen kollegen?), dann darf er das. dann freuen wir uns daran.
    was bezwecken wir mit dem tragen körperbetonter kleidung? ich frage mich das wirklich, und über die antwort bin ich mir noch nicht sicher. es fühlt sich gut an (so langer keine schmierigen blicke auf uns lasten). aber warum tut es das? wollen wir liebgehabt werden? bewundert? beneidet? wollen wir auch verwirren, einschüchtern (bild: der unerfahrene junge mann, der ganz niedlich errötet ob unserer weiblichkeit)?
    männer haben ein arsenal an körperlichen dominanzgesten, die uns zutiefst unangenehm sind. man denke nur an den klassiker, das sitzen mit weit geöffneten beinen (signal: mein geschlecht ist so groß, ich krieg die beine nicht zusammen). darüber sind wir uns im klaren. aber was ist mit unseren eigenen gesten? sollen die nicht auch dominieren? oder im gegenteil: unsere unterwerfung signalisieren? oder locken (guck, was ich habe – so was gutes wirst du nie bekommen)? und es bleibt für mich tatsächlich die frage: wie fühlen sich männer, wenn die kollegin ihren körper offensiv herzeigt? und wie hängt das mit ihrer/unserer (unbewussten) intention zusammen?
    (ich will es nochmal klarstellen: das ist keine (!) rechtfertigung für übergriffigkeit. es soll eine anregung sein über sexismus bei uns frauen nachzudenken, nicht nur das verhalten der anderen, der männer zu sehen.)
    ich glaube, dass das bewusstwerden über unsere eigenen verhaltens- und bedürf-nis/tigkeits-muster entscheidend helfen kann, mit dominanzverhalten anderer umzugehen und uns unserer handlungsoptionen klarzuwerden. es geht mir nicht um schuldumkehrung, sondern um klares sehen auch unseres eigenen handelns.

    • Wow! Wenn wir Männer uns so gut in die Empfindungswelt von Frauen einfühlen könnten wie Sie es in Ihrem Text in umgekehrten Sinne gemacht haben – beide Geschlechter hätten einige Probleme weniger.

    • danke für diesen kommentar!! diese überlegungen sind wichtig und überfällig!

      warum/für wen oder was machen sich frauen/ich mich denn nun eigentlich schick?
      dazu hab ich mir auch schon meine gedanken gemacht une ehrlich gesagt weiss ich es selbst nicht!

  69. Ich stimme zu, dass es nicht sehr zweckmäßig ist, Vergewaltigung und Alltagssexismus alles pauschal unter “sexuelle Belästigung” oder “Alltagssexismus” zu behandeln.

    Doch, wo ist die Grenze? Ich bin Vergewaltigungsopfer. Mit Pornos auf dem Schreibtisch in der Firma kann ich umgehen. Kondome auf dem Schreibtisch finde ich dann wiedermal zuviel, insbesondere wenn der Mann schon mal sexuell übergriffig geworden ist, da bekomme ich Angst, ob er schon wieder so weit ist?

    Was der Artikel nicht thematisiert – und das ist für mich aber das Hauptdilemma – ist, dass Belästiger eben drauf berufen, dass die Wahrnehmungen der Menschen unterschiedlich sind.

    Wenn jemand sagt: “ich fühle mich nicht wohl, ich finde das übergriffig”, dann wird die Wahrnehmung in Frage gestelllt. “Ist doch nicht so schlimm, stell’ Dich doch nicht so an, Deine Kollegin findet das nicht schlimm”.

    Und das ist Sexismus.

    Sie kritisieren die Opferhaltung der Frauen. Sie schreiben, dass Sie nie Opfer geworden sind. Ich bin aber Opfer geworden. Und ich möchte nicht, dass der Täter oder aber andere sagen, dass ich selbst schuld bin, dass ich das nicht verhindern konnte.

    Ja, ich versuche mich zu wehren und mich zu schützen, so gut es geht. Aber das sollte keine Entschuldigung für Täter sein, alles mit mir machen zu dürfen, solange ich mich nicht genug dagegen wehren kann.

  70. was mich dabei am meisten stört, ist die inflationäre Verwendung von Sexismus und die dahingehende Nivellierung der Unterschiede. Und die Reduzieruung der Frau als unfähiges Daueropfer. Wie hier schon ganz gut dargestellt. MM liegt das im Interesse von Leuten, die sich dann als professionelle Opferinteressenvertreter inszenieren wollen.

    Wo war der Aufschrei, als der Frauenverachter Bushido den Integrationsbambi bekam? Seine Texte (und die vieler bekannter Rapper und Hiphopper) strotzen nur so von Sexismus und Frauenverachtung. Trotzdem gibt es keine Proteste lokaler Gleichstellungsbeauftragter oder Frauengruppen bei solchen Konzerten.

    Und wo ist der Aufschrei, wenn in Migrantencomunities die Frauen mit Säure übergossen oder getötet werden, weil sie selbstbestimmt leben und lieben wollen?
    (Edit Meike: leicht gekürzt, weil der letzte Absatz nur die Erfahrungen einer Journalistin mit den Erfahrungen einer Frau “aus dem Volk” verglich und ersteren dabei abwertete.)

    • Ich bin schon der Meinung, dass es sowas wie Luxusprobleme gibt. Analog ist diese Debatte zB. zur Frage der “Gerechtigkeit” von quotierten Vorstandsposten in der Wirtschaft zu sehen. Da wird die Lösung einer vorgeblichen Gerechtigkeitsfrage in der Upperclass suggeriert, und damit geschickt von der Existenz tarifgebundener equal pay-Niedriglohngruppen abgelenkt. Den Vorstandsfrauen ist das Einkommen ihrer (weiblichen) Angestellten völlig egal, weil sie an den Auftrag der Aktionärinnen zur Gewinnmaximierung gebunden sind.

      Das mag zwar etwas off topic sein, diese Aufschrei-Sexismusdebatte ist aber symptomatisch für vergleichbare andere Debatten, bei der die “Lösung” nicht in realen Verbesserungen besteht, sondern in einer inflationären Ausweitung von Begrifflichkeiten und damit einhergehender Nivellierung der Unterschiede verschiedener Übergriffe.

    • @FrauMeike Dieser Kommentar spricht ebenfalls das von mir eingebracht, leider gelöschte, Moment der unterschiedlichen Niveaus der Übergriffe unterschiedlicher sozialer Schichten an:

      “Wahrscheinlich sind Frauen in Medienberufen, relativ gesehen, wenig betroffen. Sie arbeiten in sozialen Schichten, in denen Selbstbeherrschung und die Einhaltung zivilisatorischer Regeln erwartet werden. Auch von Männern. Viel mehr Erfahrungen damit haben Kellnerinnen, die mit schlüpfrigen Sprüchen konfrontiert werden, Stewardessen, denen auf den Hintern getatscht wird, Krankenschwestern die angefasst werden, Bankangestellte, die zweifelhafte Komplimente bekommen und Sekretärinnen, von denen bei Begleitung auf Reisen mehr erwartet wird, als Termine zu koordinieren. Wir reden also nicht über Luxusprobleme einer privilegierten Schicht.”
      http://www.fr-online.de/sexismus/leitartikel-zur-sexismus-debatte-sex–macht-,21553466,21558100.html

      • ich habe vor längerer zeit mal einen artikl gelesen, den ich jetzt leider vergeblich gesucht habe.
        in diesem wird berichtet, wie massiv journalistinnen oft von politikern bedrängt wurden (brüderele ist harmlos dagegen). also gerade von leuten wo man genug intelligenz/anstand erwarten würde, die aber vielleicht gerade aufgrund ihrer machtposition meinen, sich alles erlauben zu können.
        die betroffenen frauen haben sich gewehrt, wenn sie anderen davon erzählt haben – männlichen kollegen oder den vorgesetzten – wurde das nicht ernst genommen und sich darüber lustig gemacht obwohl mache übergriffe entschieden zu weit gingen!
        was ich damit sagen will: das ist sicher NICHT nur ein problem von kellnerin und co, ich glaube eher, es ist es in den oberen etagen noch schlimmer!

  71. Schöner Artikel. Was ich mir zudem wünschen würde von den “Aufschrei-Klägerinnen”: Dass sie mal nicht nur zählen, von wie vielen Männern sie sich belästigt gefühlt haben, sonern auch, von wie vielen Männern sie sich NICHT belästigt gefühlt haben.
    Denn in einer Großstadt, wo 1 Millionen Männer und 1 Million Frauen sind, da trifft man einfach mit höherer Wahrscheinlichkeit mal auf einen “Idioten” (beider Geschlechter!). Die Restlichen 999000 sind noch lange keine Belästiger, Vergwaltiger oder sonstwas.

    Und wenn eine Straftat nicht angezeigt wird: Wo kein Kläger da kein Richter.
    Der Täter ist immer verantwortlich für seine Tat, klar. Aber das Opfer ist verantwortlich dafür, ob der Täter auch zur Rechenschaft bewegt wird.

    Vergewaltigung (und auch bereits “Begrapschen”) sind kein “Sexismus”, sondern ganz schlicht gewaltsame körperliche Übergriffe und somit anklagefähige Straftaten. Auch hier gilt wieder: Nur wo ein Kläger, da ein Richter!

    Und anzügliche Bemerkungen sind auch nicht automatisch Sexismus. Manner fühlen sich zu Frauen hingezogen und umgekehrt. Das ist biologisch, genetisch, neurologisch in unsere “Schaltkreise” einprogrammiert, in der Pubertät werden diese “Programme” aktiviert. Wie stark sich diese “Programme” nach außen hin zeigen (bei Männern UND Frauen) hängt von vielem ab:
    – hormonelle Veranlagung (manche haben mehr, manche weniger)
    – Erziehung (ist man eher ruhig oder aufbrausend erzogen wurden)
    – Erscheinung des Gegenübers (natürlich hat das Outfit einen Einfluss)
    – persönliche Moralvorstellungen, die man sich im langen Leben angeeignet hat
    – der Ort: In einer Kleinstadt in der Einkaufsstraße am Mittwochnachmittag wird man wohl eher selten belästigt. Andererseits: Natürlich trifft man in einer Großstadt-Disco auf Menschen des anderen Geschlechts (Männer UND Frauen), die ein bisschen heftiger zur Sache gehen. Da wird eng getanzt, aufreizend gekleidet, Alkohol getrunken. Man geht ja überhaupt erst mit der Absicht hin, zu “flirten”. Wie immer gilt natürlich: heftige körperliche Übergriffe sind kein Sexismus, sondern Straftaten.

    Liebe Frauen, die betroffen sind: wehrt euch, das ist euer Recht!

    (Edit Meike: leicht gekürzt wegen a) Verlinkung stark sexueller Inhalte und b) Verharmlosung von Sexismus [Info: Sexismus ist nicht “Schäkereien”])

    • @Meike:
      – Wieso ist ein Damen-T-Shirt mit einem Spruch “starker sexueller Inhalt?”
      – ICH habe nicht Sexismus mit “Schäkereien” gleichgesetzt. Jedoch setzen einige Aufschreier Schäkerei = Sexismus und Sexismus = sexueller Übergriff und somit auch Schäkerei = sexueller Übergriff. Ich wollte nur sagen, dass man bei einer Anschuldigung IMMER drauf achten sollte, was genau man eigentlich vorwirft!

      • Weil mit solchen T-Shirt-Sprüchen nicht jeder umgehen kann. Das Thema ist heikel, hier sind mehrere Vergewaltigungsopfer zu Wort gekommen: ein Holzhammer hilft wirklich niemandem.
        Der Satz “Bitte nicht Schäkereien mit Straftaten vermischen” las sich für mich wie eine Verharmlosung von Sexismus.

        • Wie gesagt, Vergwaltigungsopfer sind Opfer einer Straftat, deren Täter zur Rechenschaft gezogen gehört. Deswegen darf ich trotzdem auch den Damen, die bereits einen “zweideutigen Blick” automatisch als “sexueller Übergriff” werten meine Meinung sagen.

          Denn diese Vermischung der verschiedenen “Level” kommt ja nicht von mir, sondern von den Aufschreiern – ich habe es nur aufgegriffen und kommentiert.

    • 1.) deine meinung, dass sowas tagsüber in der einkaufsstraße weniger passiert als nachts kann ich überhaupt nicht bestätigen! der unterschied ist nur, dass es tagsüber einfach nur nervt und nachts dagegen sehr bedrohlich wirkt. und in so einer bedrohlich wirkenden situation befindet wehrt man sich auch wesentlich weniger deutlich aus angst, dass sie es sonst mit gewalt versuchen!

      2.) hängt mit dem outfit zusammen kann ich auch nicht unbedingt bestätigen. wenn man “unsexy” und ungeschminkt rumläuft werden höchstens einige der extrem nieveaulosen anmachen ersetzt durch agressive sprüche von wegen wie hässlich man sei, mann soll sich mal was schönes/modisches/engeres anziehen, warum man sich nicht schminkt, man sei doch ein >mädchenmädchen< müssten sich doch schminken um sich für männer hübsch zu machen…
      ist das besser?
      natürlich muss man da drüber stehen, aber es nervt auf dauer unglaublich!

      3.)thema diskos: "Man geht ja überhaupt erst mit der Absicht hin, zu “flirten”.
      ääh, nein?? ich gehe zum hin um zu tanzen!
      wenn mich dann jemand anflirted oder von mir aus dumm anmacht bin ich nun nicht gerade übermäßig überrascht oder empört darüber, aber gerade da nutzen es einige aus, dass sie einen ungestraft begrapschen können, da man ja nie weiss wer es war. und das nervt ebenfalls

  72. Ich weiß gerade gar nicht, was ich mehr “bewundern” soll an dem Artikel: die absolut passende Struktur oder den super auf den Punkt gebrachten Inhalt. Ich würde mir wünschen, daß Sie die Möglichkeit hätten, diesen Artikel in einer (möglichst großen) Tageszeitung zu veröffentlichen, vermute aber, daß der Kotau vor der “Alles ist Sexismus”-Fraktion dies verhindern wird.

    Ich finde gut, daß Sie stringent darauf geachtet haben, immer wieder zum Ausdruck zu bringen, daß es hier um Ihre Meinung geht (“Ich finde”, “Ich bin der Meinung, daß”, …), aber ich glaube, die versöhnliche Hand, die Sie dadurch auszustrecken versuchen, wird in diesem Thema nicht viel bringen, dazu ist es bereits zu sehr besetzt von Polarisierern beider Seiten.

  73. Auch wenn ein Zitat von mir der Anlass für den Text war, sehe ich hier einen großen Denkfehler: Du hast übersehen, dass über Sexismus seit Jahrzehnten bereits mit Männern (und Frauen) diskutiert wird. Dass man es ganz offensichtlich noch immer tun muss, hat rein gar nichts mit der genannten Opferhaltung zu tun, denn die gibt es so wie hier beschrieben nicht.

    • Dafür, dass es keine Opferhaltung gibt, bekomme ich erstaunlich viel Zuspruch von Frauen, die diese Haltung ebenfalls so empfinden. Das macht es natürlich nicht zu der einen und einzigen Wahrheit, aber zumindest scheint es so zu sein, dass man das unterschiedlich sehen kann.

  74. @Foobar

    Sie schreiben:

    “Und wenn eine Straftat nicht angezeigt wird: Wo kein Kläger da kein Richter. Der Täter ist immer verantwortlich für seine Tat, klar. Aber das Opfer ist verantwortlich dafür, ob der Täter auch zur Rechenschaft bewegt wird.”

    Nun – auch wenn das Opfer anzeigt, ist das keine Garantie, dass der Täter zu Rechenschaft gezogen wird.

    Nein, das Opfer ist nicht verantwortlich dafür, dass der Täter nicht zu Rechenschaft gezogen wurde, insbesondere wenn es angezeigt hat. Und womöglich wird das Opfer dann als Falschbeschuldigerin abgetan, weil der Täter ja nicht verurteilt wurde!

    Und Sexismus ist nicht nur “zu einer Person des anderen Geschlechtes” hingezogen werden.

    Ich finde es deshalb tatsächlich die amerikanischen Verhältnisse kontraproduktiv, wo man nicht mal sagen darf, dass die Kollegin heute schön aussieht. Wenn das nur als Kompliment gemeint ist. Was man zu einer Person des gleichen Geschlechts sagen darf, müsste man auch zu einer Person des anderen geschlechts sagen dürfen.

    ABER: und nun kommt ein dickes ABER.

    Es ist ein Unterschied, ob der Chef Kondome auf den Schreibtisch legt, um die Mitarbeiterin einzuschüchtern und ihr unangehmes Gefühl zu bereiten.

    Oder ob er nach Feierabend mit seiner Frau in eine Bar geht, er sich drauf so freut, dass er einfach schon mal Kondome auf den Tisch gelegt hat und nicht mal merkt, dass die Mitarbeiterin peinlich gerührt ist.

    Sexuelle Belästigung oder sexuelle Gewalt hat immer mit Demütigungsmotiven und Machtdemonstration zu tun.

    Und in Twitter-Beiträgen wie #Aufschrei schreibt man nur über die “Äußerlichkeiten” (sexuelle Seite) und nicht über die die eigentliche “Demütigung”. Wenn man aber urteilen will, was schlimm ist und was nicht schlimm ist, muss man auch die Hintergründe wissen (die meistens nicht da stehen).

    Feministinnen, die nur auf Äußerlichkeiten achten und alles als beleidigend empfinden, weil sie das als Feministinnen müssen, das ist ein spezielles Thema.

    Viele Beiträge, die wie Beiträge von Feministinnen klingen, sind aber in Wirklichkeit Beiträge von Opfern, die sich mit ihren Verletzungen zeigen.

  75. moin Meike, herzlichen Glückwunsch zu diesem Deinen Artikel. Ich habe ihn bei Google plus gefunden und dort geteilt.
    Was Du hier schreibst, entspricht im wesentlichen dem, was ich über das Thema denke und in Kommentaren verschiedener Posts versucht habe zum Ausdruck zu bringen.

    Die Dynamik, die dahinter steht, führt m.E. nicht nur zu Probleme mit sexuellem Anstrich, sondern hat sehr viel damit zu tun, wie ein Individuum sich überhaupt in der Welt behauptet.
    Ausnahmslos jeder Mensch muss lernen, in jeder Situation mit seiner eigenen Persönlichkeit so präsent zu sein, dass er das Entstehen psychischer “Leer-Räume” verhindert, die ein anderer mit seinen Absichten besetzen kann.
    Wer in einer Situation weiß, was er will, wird in der Regel unbehelligt bleiben und die nötige Distanz schaffen und aufrecht erhalten. Wer diese psychische Stärke nicht von Natur aus besitzt, sollte alles dran setzen, seine eigene Persönlichkeit zu schulen.
    Ich bin übrigens auch als Mann bereits des öfteren sexistisch angemacht worden, von Frauen ebenso wie von schwulen Männern. Als ich noch jung war. Besonders “interessant” ist es diesbezüglich, in einer Firma “allein unter Frauen” zu arbeiten. Die Frage ist aber immer, wie man als Individuum damit umgeht und sich die anderen Leute auf Abstand hält.

    (Edit Meike: ich lasse diesen Kommentar ausnahmsweise zu (bisher habe ich alles gesperrt, was in die Richtung “Männer werden aber auch sexuell belästigt” ging), aber in diesem Fall finde ich es zulässig. Meine Doktorarbeit habe ich an der Tierärztlichen Hochschule Hannover gemacht, wo gefühlt 96% Frauen waren, ich weiß, wovon Du sprichst)

    • “Ausnahmslos jeder Mensch muss lernen, in jeder Situation mit seiner eigenen Persönlichkeit so präsent zu sein, dass er das Entstehen psychischer “Leer-Räume” verhindert, die ein anderer mit seinen Absichten besetzen kann.
      Wer in einer Situation weiß, was er will, wird in der Regel unbehelligt bleiben und die nötige Distanz schaffen und aufrecht erhalten. Wer diese psychische Stärke nicht von Natur aus besitzt, sollte alles dran setzen, seine eigene Persönlichkeit zu schulen.”

      Das man seine eigene Persönlichkeit schulen kann und auch Selbstverteidigung üben kann – das bestreite ich nicht.

      Das entschuldigt aber keine Übergriffe.

      Und nein, ein Mensch kann nicht immer psychisch präsent sein, z.B. wenn er krank ist, behindert ist, 40 Grad Fieber hat, Demenz hat, oder gestern eine Vergewaltigung erfahren hat und psychisch am Ende ist….

  76. […] den dazugehörigen Blogbeiträgen. Empfehle dazu die Kaltmamsell (da auch den Links folgen) und Frau Meike. Gepostet von Hokey am Jan 26, 2013 in Gesellschaft, Politik | Keine Kommentare […]

  77. […] Die Analyse, wann es ein Kompliment, Sexismus oder eine Sexuelle Belästigung, ist bereits von Meike Lobo durchgeführt. Auch Carolin Neumann fand Worte, die ich nur unterstützen kann. Und es gibt viele […]

  78. Ich empfinde den Text und vor allem die Kommentare als wichtige Ergänzung aber nicht als Ersatz für die #aufschrei-Aktion. Gerade, dass sich jetzt in vielen Foren und Blogs differenzierter damit auseinander gesetzt wird und Gott sei Dank auch die ganzen dämlichen Trittbrettfahrer keine Plattform finden, das ist doch nur der Aktion erstmal zu verdanken. Zu dem Opfer-Thema: ich fühle mich eigentlich auch nicht als “betroffene Frau”. Seit Jahren passiert es mir kaum noch, dass ich Anzügliches erleben muss. Dennoch hat mich wie viele Frauen die Aktion an viele Erlebnisse erinnert, die ich als junges Mädchen aushalten musste, wo ich nicht selbstbewusst und stark genug war, zu kontern oder es auch nur irgendwie einzuordnen. Wie die meisten Frauen habe ich nie irgendwo erzählt, dass mir in der Stadt mehrfach auf den Po gehauen wurde oder Zoten im Zusammenhang mit meiner Haarfarbe gemacht wurden. Klar ist das nie zu vergleichen mit Mißbrauch, aber es demütigt und erzeugt schlechte Gefühle, die viele Frauen hinnehmen und als Teil des Alltags ertragen. Und ich finde es irgendwie unsolidarisch, sich hinzustellen und zu sagen: ja, da gehören aber immer zwei dazu, man kann sich schließlich immer wehren und trägt dafür die Verantwortung. Das entlastet die “Täter” ungerechtfertigt. Außerdem hoffe ich ernsthaft – und viele Kommentare lassen das vermuten – dass eine ganze Menge Männer tatsächlich mal diesen Perspektivwechsel als Anstoß brauchte, um sich in Zukunft reflektierter zu verhalten. Und dann nochmal zum 1000.: wer klagt pauschal an? Fast alle als ernst zu bewertenden Tweets beziehen sich auf ganz konkrete Erlebnisse mit Männern, ich hab nirgendwo gelesen, dass diese Frauen behaupten, dass alle Männer so wären.

    • Entschuldigung, aber mit Menschen [sic!], die sich bereitwillig in die Opferrolle fügen, denen ernsthaft 20.000 Gründe gegen Aufstehen, Wehren, Lautsein einfallen und kein einziger dafür, Leute, die sich in ein Leben voller Missstände fügen, möchte ich mich nicht solidarisieren.
      Michaela Klein hat weiter oben ein exzellentes Beispiel aus der #Aufschrei-Aktion genannt: eine Frau empfindet es als sexistisch, weil sie 25 (!) Jahre lang auf Geschäftsreisen immer das kleinste Hotelzimmer bekommt.
      Niemand kann mir erzählen, dass es 25 Jahre lang unmöglich war, mit dem Chef darüber zu sprechen und/oder den Job zu wechseln. Wenn jemand so ängstlich ist, dass er das 25 Jahre aushält, dann liegt das nicht an “der Gesellschaft” oder “dem Sexismus”, sondern am Charakter dieser Person. Es gibt nämlich auch – Überraschung! – Männer, die so still und duldsam sind.
      Michaela schrieb: “diese Person hat einfach 25 Jahre lang versäumt, erwachsen zu werden und sich durchzusetzen”.

      Ich kann das Argument, Frauen seien so schwach und könnten sich halt nicht durchsetzen, einfach nicht mehr hören. Diese Schwäche ist genauso durch Jahrtausende der Sozialisierung verinnerlichte Dreckshaltung wie das männliche Überlegenheitsgefühl. Und HIER sind die Frauen in der Pflicht, diesen Dreck abzuschütteln.
      Die Gesellschaft wird besser, wenn Männer UND Frauen ihre völlig veralteten Rollenverständnisse überdenken.

      • Ich denke, Sie missverstehen das etwas.

        #Aufschrei ist auch eine Möglichkeit, dass Leute auch Dinge sagen können, die sie vielleicht sonst nicht laut sagen würden.

        Sie müssen sich nicht mit allen solidarisieren, ich glaube nicht mal, dass die Schreiber das wollen.

        Für einige Schreiber ist das einfach “berichten” und was aus der Seele schreiben. Nicht mehr, nicht weniger.

        Für andere ist das vielliecht der erste Schritt zum Aufstehen. Dass jemand nach 25 Jahren vielleicht endlich mal traut, was zu sagen.

        Problematisch ist es, wenn aber mit den Belästigern und Sexualtätern solidarisiert wird und deren Verhalten entschuldigt wird.

        Und auch ganz wichtig: nur weil man sich gegen Täter wehrt, ist man nicht automatisch pauschal männerfeindlich.

        Schreiben = Laut werden

        Jemanden, der/die nun laut geworden sind und sich gewehrt hat (auch in Form eines Twitter-Beitrags), zu diskreditieren, ist aber verletzend.

        Sie dürfen unsolidarisch sein, das sollte aber neutral geschehen.

        • “Problematisch ist es, wenn aber mit den Belästigern und Sexualtätern solidarisiert wird und deren Verhalten entschuldigt wird.”
          Das ist nicht nur problematisch, sondern erschreckend. Das habe ich aber weder im Artikel noch in den Komentaren getan. Bitte im Zweifelsfall nochmal nachlesen, v.a. auch meine Disclaimer und Einschübe.
          Wie gesagt, wenn jemand Missstände über mehrere Jahre stumm hinnimmt, dann liegt das Problem ganz woanders.

          “Jemanden, der/die nun laut geworden sind und sich gewehrt hat (auch in Form eines Twitter-Beitrags), zu diskreditieren, ist aber verletzend.
          Sie dürfen unsolidarisch sein, das sollte aber neutral geschehen.”

          Ich diskreditiere nicht und vor allem nicht pauschal. Wir erinnern uns: gerade die Begriffe “jede”, “alle” und “DIE Frauen” haben mich an der Debatte und der Aktion sehr gestört, das WIR-Gefühl. Ich gehöre nicht zu diesem WIR und habe nirgendwo pauschal geurteilt.

          Im Übrigen habe ich auch nicht, wie manche hier erkannt zu haben glauben, darüber geurteilt, was schlimm ist und was nicht. Ich habe über persönliche Empfindungen geschrieben und darüber, dass jede Frau einen unterschiedlich feinen Sensor für Sexismus hat. Und dass NACH MEINER EIGENEN SENSOREINSTELLUNG ich 40% der Fälle als kleinliches Pillepalle empfinde. Zur Verdeutlichung von “persönlichem Empfinden/persönlichen Grenzen”.
          Das ist etwas völlig anderes als darüber zu urteilen, was schlimm ist und was nicht.

      • Da konnte ich mich nicht verständlich machen: mir gefällt das Schwarz-Weiß nicht. es wird immer Fälle geben (das Hotelbeispiel), die unpassend sind und es wird andersrum immer Fälle geben, wo es unpassend ist, den/die Betroffenen als quasi mitschuldig hinzustellen, weil eben immer zwei Seiten dazu gehören. M.E. kann man es nur von Fall zu Fall betrachten, und diese ganzen Diskussionen hier sensibilisieren möglicher Weise – hoffentlich, im besten Fall – gegenüber Pauschalisierungen, auf allen Seiten. Das finde ich gut.

  79. Was ich an dem ganzen auch beachtenswert finde ist das die Männer, die überhaupt zuhören, sich in der Regel mit dem Thema beschäftigen. Und das sind meist nicht die Männer welche sich so verhalten wie es kritisiert wird. Da sind dann viele geschockt oder noch unsicherer als so schon.
    Siehe z.B. http://joergrupp.de/bin-ich-auch-so-einer/
    Die, welche sich so verhalten, sind die welche auch einen Mann Nachts alleine auf der Strasse anmachen a la “Was guckst Du so, hast Du ein Problem” nur um Stress zu provozieren.
    Dieses Verhalten wird nicht aussterben. Es wird immer welche geben die ihren Frust und ihre Wut am erstbesten auslassen oder meinen Gewalt wäre eine Lösung. Beiderlei Geschlechts.

    Ich war jedenfalls, auch vorgeprägt durch Medienberichte, das erste mal sehr erstaunt als eine Freundin, sehr sexy gekleidet, auf meine Nachfrage ob ich sie Nachts begleiten soll antwortete “Ne, damit komme ich schon klar” (und nein, die wollte mich nicht loswerden, wir sind noch immer gut befreundet).

    Seitdem merke ich da öfters einen Unterschied im Verhalten von Frauen. Manche haben Angst, manche nicht. Und auch Männer gibt es die sich nicht überall alleine hintrauen.
    Und dann denke ich, auch aus eigener Erfahrung, das es viel mit dem eigenen Auftreten zu tun hat. Gibt man sich Idioten gegenüber selbstbewusst lassen die einen meist in Ruhe. Zeigt man von Anfang an Angst lassen sie nicht ab.

    Ganz klar, zeigt man keine Angst und wehrt sich, kann es schlimmer werden. Aber es kann immer Schlimmes passieren. Angst ist grundsätzlich ein sehr schlechter Ratgeber.

    Zusammengefasst glaube ich das die, welche sich aktuell so sehr empören, die sind welche sich eher durch Angst beraten lassen.
    Diesen sollte man wirklich eher Hilfe anbieten das sie lernen selbstbewusster aufzutreten.
    Und die Männer die zuhören und entsetzt sind sind eher nicht die welche es überhaupt betrifft. Die, welche es betrifft, interessiert es einfach nicht oder sie machen sich sogar lustig drüber.

    • Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu. Hier habe ich aber einen anderen Eindruck

      “Zusammengefasst glaube ich das die, welche sich aktuell so sehr empören, die sind welche sich eher durch Angst beraten lassen.”

      Mich haben eigentlich die Brüderle-Berichte an sich kalt gelassen. Dass Politiker sich an Journalistinnen anmachen hat es ja nicht nur jetzt angefangen. Solche Vorfälle gibt es tausendfach, und die Namen sind austauschbar.

      Was mich geärgdert haben waren aber Meldungen und Kommentare, die sagte, dass dieses Verhalten ja doch in Ordnung ist und deshalb nicht berichtenswert ist. Und dass die Frauen, die sich das übergriffig finden würden, selbst schuld sind (wer emanzipiert ist, hat mit solcher Anmache kein Problem) oder zu ängstlich (wenn man sich nicht wehrt, ist man selbst schuld) oder Lügnerinnen (die Vorfälle sind sicher fingiert, um einen Politiker zu stürzen). Und Argumente wie “auch ein Politiker ist nur ein Mensch”, “auch ein Poltiker kann betrunken sein”.

      Nein, das Verhalten ist nicht in Ordnung und nicht professionell. Über alles andere kann man erst dann reden, wenn das wenigstens klar ist.

      Und es war auch auffällig aus welcher Ecke solche Argumente kam, und das war auch die Ecke, die auch Vergewaltigungsopfer in Frage stellt.

      Und das führt dann zu Empörung.

  80. Danke für diesen Beitrag. Das war genau das was ich gestern mit dem Tweet: “Ein #Aufschrei in 140 Zeichen ist entweder “rumopfern” oder eine Abrechnung mit dem männlichen Geschlecht.Nicht sehr ausgewogen.” meinte.
    Insgesamt finde ich es gut so eine Diskussion anzustoßen, aber in 140 Zeichen wird nur polarisiert.

  81. Was mir im letzten Absatz noch aufgefallen ist, aber natürlich auch für alle davor gilt:
    Die Rollen sollte man auch nicht nach dem alten Stereotyp im voraus schon einsortieren, wenn man doch aus alten Rollen entfliehen will.

    Konkret kam mir der Gedanke beim Satz ob der Mann mit der Frau “nur ins Bett” will. Der Fehler an dieser Kritik ist, dass es durchaus auch Frauen gibt, die mit dem Mann nur ins Bett wollen, und wenn der Mann jetzt das gleiche möchte und so eine anspricht ist sein Verhalten genau das, was für beide zielführend ist. Ein Problem wird es erst, wie im Artikel davor ja beschrieben, wenn die Einschätzung falsch liegt, und der Mann eine Frau, die nicht “nur” ins Bett will so anspricht.

    Das ist aber natürlich nur ein Beispiel. Ganz allgemein sollte man vor Beurteilung erst einmal selber aus dem alten “Der Mann muss die Frau fragen, der Mann will, die Frau sagt ja oder nein” Gedankenbild heraus und sich klar machen, dass heute alle Konstellationen möglich sind, wer was will und wer was tut, von wem die Initiative ausgeht und wer dann zustimmen muss oder ablehnen.
    Und dann wird auch klar, dass eben die klassische Kritik vom Macho der seine Ziele verfolgt gar nicht immer der richtige Ansatz für die Analyse einer Situation ist, manchmal ist es vielleicht auch das Weichei das vom Vamp geködert wurde. Und am Ende des Tages ist das trotzdem nichts schlechtes, sondern es finden genau die Leute zusammen, die zusammen passen. Ob jetzt für Beziehung, Sex oder nur soziales Miteinander, hauptsache beide kommen im Gespräch auf eine Ebene, wo sie mit Worten herausfinden können was der jeweils andere möchte, denn das nonverbal vorhersehen klappt eben nur begrenzt, gut dass es Sprache gibt!

  82. Schöner Artikel, das Phänomen Sexismus ist komplex. Ich empfand z.B. eine durchaus sehr freundlich gemeinte Ankündigung einer weiblichen Rednerin auf einer großen sehr Männer-dominierten Konferenz als durchaus frauenfeindlich. Der Moderator sagte nämlich: and please welcome xxx, she is beautiful and she is intelligent! Ich bin auf sehr vielen Konferenzen, auf denen in der Mehrzahl Männer Vorträge halten, aber ich habe wirklich noch nie gehört, dass einer der männlichen Redner als schön und intelligent angekündigt wurde. Das erste ist irrelevant und das zweite Voraussetzung für den Job. Bei Frauen scheint es dann doch – zumal in der Kombination – erwähnenswert.
    Natürlich habe ich es dem von mir sehr geschätzten Moderator gesagt, aber das hat ihm nicht wirklich einleuchten wollen. Und da liegt das Problem bzw. Ein
    Teil dessen. Es fehlt das Bewusstsein für unterschwellig frauenfeindliches Denken, wobei das Wort frauenfeindlich ein wenig zu dramatisch ist – zumindest in den privilegierten Kreisen, in denen ich mich bewegen darf. In weniger gebildeten Kreisen ist das sicher noch sehr viel problematischer! Und auch das sei noch schnell gesagt: ich fühle mich selten bis nie als Frau diskriminiert und kann Komplimente als solche sehen und mich darüber freuen, aber Sexismus aus unser Gesellschaft völlig zu verdrängen, braucht Zeit. Übrigens ist Sexismus gegen Männer auch nicht besser!

  83. Danke für Artikel und Kommentare! Ich werde versuchen ein teilweise neues Update für meine Persönlichkeit zu bekommen.

  84. Danke für diesen Artikel. Bringt so ziemlich alles auf den Punkt, was ich von dieser hysterischen Aufschrei-Aktion halte. Gerade dieses in einen Topf werfen von Brüderles schmierigen (aber harmlosen) Herrenwitzen und gewalttätigen Sexualdelikten erregt bei mir Brechreiz (und bei Opfern sexueller Gewalt sicher noch viel mehr).

    • Ich finde es anmaßend, wenn Sie darüber urteilen, was harmlos ist und was nicht. Das habe ich auch nicht getan.
      Nein, “Ich hätte das nicht bemerkt, weil es mich nicht stört, für mich sind das Kleinigkeiten” ist kein Urteil.

      • @Meike

        Das ist aber wie Ihr Artikel von vielen verstanden wird und auch verbreitet wird.

        Ich finde, es ist unglücklich, wie Sie Punkt 3 formuliert haben. Insbesondere wird da nicht differenziert zwischen “Frauen, die vergewaltigt wurden” und zwischen “Frauen, die sexuellen Übergriffe erlebt haben (die aber nicht als Vergewaltigung gelten)” und zwischen “Frauen, die bei jeder Bemerkung über Aussehen” als sexisisch wahrnehmen und sich als Opfer fühlen.

        Bei der Konstellation “Politiker/Journalistin” könnte man das sicher auch als “stell Dich nicht so an” bezeichnen, denn der Job eines Journalisten kann beinhalten, sich mit betrunkenen Politikern zu unterhalten, der sich nicht mehr im Griff haben, um so an Infos zu kommen, die man sonst nicht bekommen hätte. Da gehört dann sexistische Anmache auch dazu.

        Das ist wie wenn ein Journalist, der über Syrien-Krieg schreiben will, darüber beklagt, dass auf ihn auch mal geschossen wird.

        Aber da muss man sich aich fragen müssen: ist ein Poltiker, der sich so dermaßen den Griff über sich verliert, noch als Kanzlerkanditat tauglich? Schon allein, weil es nicht sicher ist, was er sonst noch ausplappert, wenn er betrunken ist?

        Oder hatte er sich sonst noch im Griff, und die sexistische Anmache gehört zu seinem Alltag?

        Und wie steht er sonst zum Thema “sexuelle Gewalt”? Gerade als Politiker wäre er auch für Gesetze für/gegen Vergewaltigungsopfer zuständig?

        Sagt er danna auch, das sind harmlose Übergriffe, und Männer sind nun mal so?

        Das sind so Fragen, die man sich stellt.

      • Ich finde es nicht anmaßend, einen Herrenwitz IM VERGLEICH zu einer Vergewaltigung als harmlos zu bezeichnen. Aber – in dieser Diskussion muss man scheinbar immer mit Disclaimern arbeiten – das heißt natürlich nicht, dass so ein Herrenwitz gesellschaftlich akzeptiert sein sollte.

  85. Ich als Frau unterschreibe jedes einzelne Wort! Ich habe einen Ex-Kollegen, der mein Vater hätte sein können und mich Jahre lang “Puppe” genannt hat, in sehr liebevoller Erinnerung! Es kommt immer auf den Zusammenhang an, und ist nicht so schwarz-weiß zu malen, wie es in dieser Diskussion so häufig versucht wird.

    Denn wer sich auf Grund seines Wesens und dessen, was er erlebt hat, schon immer als Ofer fühlt, dem wird auch ein rücksichtsvolles Gegenüber nicht helfen. Denn man kann immer und aus jeder Aussage was heraus lesen, was “nicht ok” gemeint hätte sein können.

  86. Ich finde die Aktion grundsätzlich gut. Ich habe nur Probleme mit einigen (wenigen) Beiträgen, bei denen ein allgemeines “Bedrohungsgefühl” beschrieben wird a la “frau kann nachts nicht allein durch die Straßen gehen ohne Angst zu haben” bei denen mann nicht weiß, wie man das ändern sollte.

    Beispiel: Ich gehe nachts von der Bahnstation zu meiner Wohnung. Da sich meine Blase bemerkbar macht, bin ich extrem flott unterwegs, um schnell nach haus zu kommen. Dabei schließe ich zu einer jungen Frau auf, die vor mir ausgestiegen ist und sich ebenfalls sehr beeilt. Plötzlich dreht sie sich um, brüllt mich an “Lass mich in Ruhe!” und wechselt die Straßenseite. Ich bin einfach nur perplex.

    Als ich im Nachhinein darüber nachgedacht habe, ist mir natürlich klar geworden, dass sich die junge Frau bedroht gefühlt hat und wie man mein Verhalten auch interpretieren konnte. Aus meiner Perspektibe habe ich aber nichts gemacht, was dieses Bedrohungsgefühl gerechtfertigt hätte.

    Nun ja, das zeigt vermutlich auch nur, dass es bei jedem auf die persönlichen Umstände ankommt – die bei mir nun vermutlich unbewusst dazu führen, dass ich solche Bedrohungsszenarien weniger ernst nehme, als ich sollte. Aber was soll man da tun?

    • @ Jack / 26.01.2013, 15:48

      Ich (als Mann) habe mir angewöhnt in solch beschriebenen Situationen schon vorher die Straßenseite zu wechseln, bei Nacht auch in einigen Situationen bei entgegenkommenden Frauen.
      Einfach um ein Empfinden einer bedrohlichen Situation gar nicht erst aufkommen zu lassen.

    • @Jack

      Zu Ihren Ausführung mit der Frau nachts.

      Das ist leider die Kehrseite der Medaille, wenn man Frauen beibringt, dass sie für ihre Sicherheit allein verantwortlich ist und dass sie sich wehren muss.

      Es ist doch so:

      1) die Frau kann nicht wissen, ob Sie – der hinter ihr schnell läuft – einfach schnell nach Hause wollen, sie überfallen und ausrauben will, sie belästigen will, sie überfallen und vergewaltigen will, oder sie anpöbeln will, usw.

      2) im Selbstverteidigungskurs lernt man, dass man schon dann Stopp sagen muss, bevor man sich ernsthaft bedroht fühlt, denn in dem Moment, wo das Todesangstgefühl überwiegt, ist man nicht sehr handlungsfähig.

      3) Auch lernt man, dass man Stopp sagen muss, bevor der potenzielle Angreifer in Angriffsweite (Rechtweite) kommt. Denn um jemanden körperlich anzugreifen, muss man diesen ja anfassen können. Das sind ca. 2 Meter Abstand.

      4) Also, die Frau muss sich schon rein vorsorglich Stopp sagen – nach dem heutigen Verständnis (wenn sich Frau zuwenig wehrt, ist sie selbst schuld). Wenn sie zu lange wartet, weil sie keinem Mann Unrecht tun will, und wenn dann was passiert, wird sie als “naiv” abgestempelt.

      Das trifft dann auch unschuldige Männer, die nichts Verwerfliches vorhatten. Daher wäre die passende Antwort gewesen “Tut mir Leid, wenn ich Ihnen Angst gemacht habe, das war kein Absicht, ich wollte nur schnell nach Hause.”

      Schon deshalb sollte es auch im Anliegen der Männer sein, sich von dieser “Mann kann nicht anders, Frau muss sich wehren lernen” Mentalität zu trennen, und sich klar gegen Gewalttäter zu positionieren. (Womit ich nicht die Notwendigkeit der Selbstverteidigung pauschal negiere).

  87. Standing ovations! Vor allem was das bevorstehende Ende der Kommunikation betrifft, das uns droht, wenn wir weiter aufeinander eindreschen.

    Ich wünsche mir, solche Artikel auch in der mainstream presse zu lesen – leider ist der Artikel aber wohl zuwenig Aufreger um Scharen von Lesern anzulocken und somit massig Werbeeinnahmen zu verdienen.

    Ich als Mann kann nur von mir sagen, dass ich mittlerweile so verunsichert bin, dass ich größtmöglichen Abstand von Frauen & Situationen halte, nur um nicht in den Verdacht des Sexismus zu geraten.
    Im Beruf beginnt das bereits sehr unangenehme Folgen zu haben: Ich vermeide z.B. Zusammenarbeit mit Kolleginnen, da mir das Risiko zu groß ist, irgendeine Unachtsamkeit zu begehen, die als Sexismus verstanden werden kann.
    Ebenso vermeide ich Umgang mit mir unbekannten Frauen – gerade da ist mir das Risiko viel zu groß.

    Manchmal frage ich mich, ob die mit dieser Vehemenz geführte Diskussion wirklich im Sinne einer Gleichberechtigung ist…

    • Solche Debatte verunsichert immer die Falschen. Sie sind verunsichert, obwohl sie nichts Falsches machen. Die wirklichen Belästiger und Vergewaltiger denken sich nichts dabei (Ja, ich bin Vergewaltigungsopfer und ich bin zu diesem Blog gekommen über einen Twitter-Link von einer Person, die versucht hat, mich als Falschbeschuldigerin darzustellen und die These propagiert, dass Frauen aus netten Anmachen Vergewaltigungen machen, um Männer eins auszuwischen).

      Und diese Debatte über Falschbeschuldigungen verunsichert eben Opfer von sexuellen Belästigungen und Vergewaltigungen. Obwohl sie nichts Falsches gemacht haben. Die wirklich Falschbeschuldigenden denken sich auch nichts dabei.

  88. Gratulation zu diesem gelungenen Artikel. Besonders wichtig finde ich den Punkt der Differenzierung. Wo genau Belästigung anfängt definiert tatsächlich jede Frau für sich selbst, was die ganze Sache schwierig macht. Meine eigene “Schmerzgrenze” ist übrigens entweder (unbewusst) recht hoch angesetzt oder ich hatte einfach das Glück (mag sein), in meinem Leben noch nicht sehr häufig belästigt worden zu sein. Es überrascht mich jedenfalls festzustellen, dass ich damit offenbar zu einer Minderheit gehöre – nachdem was ich im Web so lese. In vielen Beiträgen wird einfach mal “mit der virtuellen Steinschleuder geworfen”. Dieser Artikel stellt eine angenehme Ausnahme dar.

    • Das kommt davon, dass im Netz und vor allem im Tweet-World bestimmte Typen von Menschen schreiben.

      Ich schreibe keine Tweets, denn 150 Zeichen reichen mir eh nie.

      Viele Menschen, die kein Problem mit sexueller Belästigung haben, schreiben auch nichts darüber im Netz. Man hat auch was Besseres zu tun am Wochenende als Tweets schreiben. Menschen, die darüber schreiben, sind die, die damit ein Problem haben – egal auf welche Weise.

      Bei 1. und 2. dachte ích, ja das passt. Aber dann bei 3. und 4. dachte ich “schon wieder Schuld auf Opfer zuschieben”, plötzlich wird dann auch hier nicht mehr differenziert sondern alles wird pauschal unter “viele Frauen” abgetan.

      Solche Sätze sind dann einfach verletzend für Opfer:

      “Ich möchte hierzu festhalten: ich bin kein Opfer und ich will von niemandem dazu gemacht werden.”

      Glaubt die Autorin, dass Opfer gerne dazu gemacht worden sind?

      Das Tückische dabei: Opfer sein oder Opfer werden wird in der heutigen Gesellschaft als ein Manko gesehen.

      Als ob Leute, die keine Opfer sind, bessere Menschen seien als Leute, die Opfer geworden sind.

      Deshalb reden auch viele Opfer nicht – weil solange sie darüber nicht reden, sie so tun können, als ob nichts passiert ist.

      Ja, jeder kann die Welt verändern. Und die Autorin hier könnte auch dazu beitragen, indem sie ein Klima schafft, dass Opfer reden können ohne deswegen abgestempelt zu werden.

      Und man darf auch Dinge als unangenehm empfinden, was vielleicht andere nicht als unangenehm finden. Ich kann ziemlich viele Belästigungen ab (nicht nur sexistische Art – sexistische Belästigungen erfahre ich recht selten, wenn ich beleidigt werde, dann egth das eher in die Richtung rassistische Belästigungen) aber ich finde es nicht angenehm, wenn in der Bahn jemand vor mir masturbiert.

      Und wenn einfach ein “Nein” reicht, um mitzutelen, dass ich irgendwas nicht will, und das dann respektiert wird, dann ist das weniger ein Problem. Problematisch sind eben Situationen, wo das keine Wirkung hat.

  89. Und Nein, ich rege micht nicht über pinke Überraschungseier auf. Ich brauche keine Frauenquote. Ich bin nicht die Sorte Frau, die nackt zu einer Protestaktion gegen Sexismus hingeht und sagt, dass das trotzdem keine Einladung zum Sex ist. Ich gehe nicht zu Kneipen im Rotlichtmilieu und betrinke mich. Ich habe keine Angst, abends alleine nach Hause zu gehen. Nein, grundsätzlich habe ich auch keine Angst vor Männern….

    Ich will aber, dass wenn ich in der Bahn begrapscht werde, und ich mich laut dagegen wehre, dass ich nicht von allen in der Abteilung doof angeguckt werden, oder dass einige sogar versuchen, dem Mann zu erklären, dass alle doch wissen, dass solche Frauen ja nur hysterisch sind, und dass er das nicht persönlich nehmen muss (statt ihm zu sagen, dass das Begrapschen nicht in Ordnung ist!)

    Und ich will sicher sein, dass wenn ich ins Büro des Vorgesetzten gerufen werde, dass er nur beruflich was von mir will und dass er mich nicht wegen Sex ruft. Ich muss nicht erst ablehnen müssen.

    Und ich will, dass Leute nicht aus Unwissenheit Opfer stigmatisieren (und vielleicht sogar den Opfern dafür Schuld geben, nachdem Motto, wer sich stigmatisieren lässt, ist selbst schuld). Opfer, die reden und Ideen für Veränderungen vorbringen, werden heute von vielen – insbesondere im Netz – als “Feministinnen, die sich mit fingierten Geschichten als Opfer ausgeben” abgetan. Die Politik sagt, dass dás bedauerliche Einzelfälle wären. Die Mainstream-Medien haben nach der Vergewaltigung in Indien wiederholt betont, dass die Frauensituation in Deutschland so toll wären.

    Es wird auch deshalb so vehement über Alltagssexismus diskutiert und geredet, WEIL das im Vergleich zu Sexualdelikten harmlos ist. Jeder kann da gefahrlos mitreden, und man weiß, dass man bei dieser Diskussion über Sexismus keine Abgründe sehen muss.

  90. […] kontrovers wird ein Artikel von Frau Meike diskutiert, und auch ich denke seit gestern Abend intensiv auf ihm herum. Einer ihrer der […]

  91. […] Meike Lobo hat in ihrem Text Das Schreien der Lämmer einige Punkte aufgeworfen, die stark diskutiert werden. Sehr zu empfehlen sind hierzu […]

  92. […] zu der Debatte sagen. Ich empfehle zwei Blogeinträge; einmal bei nerdcore und der andere von fraumeike, die ich in Ihrer Essenz zitieren mag: Sexismus ist ein Problem, das über Jahrtausende der […]

  93. vorab: den artikel habe ich gelesen, die kommentare ob der masse nur 1x gescannt.

    liebe meike,
    dein artikel hat mich nun doch verlockt, mehr als 140 zeichen zum thema zu sagen. danke für dein differenzieren, selbst in der restwut. mit dem meisten aus deinem artikel kann ich gut d’accord gehen. du zeigst auf, was dich wieso wütend macht an der weise, in der die #aufschrei-aktion stattfindet.
    und in den tweets zum #aufschrei lese ich ebenso erlebnisse, die die verfasserinnen wütend gemacht haben/machen. ja, begriffe werden vermischt, aber vielleicht erkennt eine frau, die sich zum ersten mal ihrer unterdrückten wut mit einem #aufschrei stellt, ein mann, der all die #aufschrei e zum ersten mal im leben als solche wahrnimmt, ja dadurch überhaupt erst, dass es auch um die punkte der eigenverantwortung fürs eigene leben, in diesem fall die eigene sexuelle identität, die eigenen grenzen, das vertrauen in die eigene wahrnehmungsfähigkeit, den mut zur differenzierung und den mut, jedes erlebnis in seinem kontext zu betrachten, etc. pp. geht.
    sowas ist meiner ansicht nach ein lernprozess, wenn ein #aufschrei die initialzündung dafür ist, ob ein mensch nun 13 oder 73 ist, why not?

    interessant finde ich wie so oft in interaktion zwischen menschen, wie schwer es vielen zu fallen scheint, zu versuchen, etwas nicht persönlich zu nehmen. es scheint nicht zu gehen, dass menschen sich auseinandersetzen, ohne dass es empfundene verletzungen gibt.

    was mir bisher in der gesamten debatte (ich bezweifle im moment, dass wirklich eine stattfindet), fehlt:
    – es ist meiner ansicht nach unerheblich, aus welchem grund ein mensch, der sexismus und/oder sexualisierte gewalterfahrung hat, darüber schweigt. das ist, wie ich finde, ebenso das recht eines jeden menschen, wie es das recht ist, sich zu einem zeitpunkt x eben doch zu erlebtem zu äußern.
    das ändert nichts daran, dass ein mensch immer in der verantwortung bleibt, sich zu verorten im miteinander mit anderen menschen.
    welche verpflichtung gibt es, sich zu wehren? es gibt menschen, deren leben oder das derer, die sie lieben bedroht wird, sollten sie nicht schweigen bzw. “zu viel details ausplaudern” über ihre erfahrungen mit sexualisierter gewalt. auch das kommt vor. ja, wer dann schweigt, unterstützt damit indirekt auch den fortbestand des strukturellen problems des sexismus. aber ich habe respekt vor jeder frau, die sich lieber nicht an einer seit langem stattfindenden sexismus-debatte beteiligt, weil ihr ihr leben oder das anderer lieb ist. das mag ein extremes beispiel sein, aber ich möchte damit sagen: wer wollte sich herausnehmen, werten zu dürfen, wann ein grund, sich nicht zu wehren, legitim ist und wann nicht? ich würde das nicht wagen.

    mir ist es auch schnuppe, ob eine frau sich als opfer fühlt oder nicht. das kann für die betroffene frau stimmig sein, sich als opfer einzuordnen. was geht es mich an? und wem tut sie weh, wenn sie ihre haltung nach außen trägt? den lieben männern, die dadurch verunglimpft und mit arschlöchern in einen topf gesteckt werden? ach je. die werden das schon überleben, vermutlich sogar ohne trauma.

    was stimmt meiner ansicht nach: jedes menschenwesen, das den mut aufbringt, aus einer opferhaltung herauszutreten in die eigenverantwortung des heilens der eigenen wunden, ist ein menschenwesen mehr, das trotz und vielleicht gerade auch wegen dieser wunden zu einem miteinander beitragen kann, das solche wut wie in #aufschrei oder auch deine wut über frauen, die sich als opfer sehen und begriffe vermischen, obsolet sein kann und ein wirklich herzensoffener austausch möglich wird.

    ich sage gern, diese welt ist in jedem augenblick perfekt, wie sie ist, mit allem guten UND allem schlimmen darin und ich finde nicht mal, dass sie verändert gehört. das sage ich als eine, die viel von dem erlebt hat, was im allgemeinen konsens als “schlimm” bewertet wird. diese sicht auf die welt erstaunt viele, die sie bei mir mitbekommen.
    es heißt nichts weiter, als dass sie sich eh immerzu verändert. ich weiß nicht, wie das ist, ein mensch zu sein ohne erfahrung sexualisierter gewalt und ohne erfahrung von sexismus. ich weiß nur, durch eine langen prozess, zu dem ein #aufschrei an einem für mich geeigneten ort und auch eine weile pauschaler männerhass und opferhaltung dazugehörten, dass für mich stimmig wurde, zu verzeihen, nicht mehr zu werten, nichts mehr persönlich zu nehmen, das schlimmste und das schönste nicht. in meiner seele ist ruhe inzwischen eingekehrt und ich bin dankbar dafür, dass ich sexismus, so ich ihn heutzutage erlebe, meist im kontext betrachten und oft genug an mir abperlen lassen kann. unverbesserliche idioten und die welt im großen stil wird diese #aufschrei-aktion imho nicht verbessern. egal, ob frauen sich als opfer sehen oder nicht.
    mir meinen ganz persönlichen seelenfrieden erobert zu haben, das hat meine welt verändert und besser gemacht. mir ein unbeschwerteres miteinander mit männern und frauen ermöglicht. und wenn aber jemand ihren/seinen ganz persönlichen seelenfrieden in (unterdrückter) wut, konfrontation, unklarer kommunikation, generalisierung sieht, greift das meinen seelenfrieden nicht an.

    danke dir, meike, dafür, dass du meinem empfinden nach versucht hast, eine brücke zu einem miteinander der geschlechter/sexuellen identitäten/menschenwesen zu bauen. wie ich finde, gelungen. und logischerweise mit einem einzigen blogeintrag nicht mit allen möglichen aspekten, die man berücksichtigen könnte, gebaut, doch wer sowas verlangt, möchte imho einfach bloß die brücke nicht sehen.

    last, not least: ich hoffe für alle, die mit ihren #aufschreien die tür zu ihren wunden geöffnet haben, dass sie die kraft und den mut haben, sich freundes- und/oder professionelle unterstützung zu suchen, falls sie ihrer seele im überschwang der aktion vielleicht mehr tempo zugemutet haben, als achtsam genug gewesen wäre.

    es grüßt
    @poetin

    • Danke für dein Kommentar @poetin, er entspricht genau das was ich die ganze Zeit formulieren wollte, aber nicht schaffe. ich werde deinen Rat folgen: Ich werde behutsam mit meiner Seele umgehen.

  94. Du sagst es ganz richtig: das Problem sind nicht die Fälle der eindeutigen sexuellen Belästigung, sondern genau der Graubereich der sexistischen Bemerkungen. Ich habe mit meinen 32 Jahren etliche Situationen erlebt, die mir persönlich sehr unangenehm waren – ich aber an den Reaktionen aller anderen, Frauen wie Männer, ablesen konnte: ist doch alles nur Spaß. Diese Spiegelungen sagten mir also: immer musst du überreagieren! Mittlerweile kann ich häufig genug angemessen mit diesen Situationen umgehen, lange genug hat es gedauert. Aber gerade jetzt ist es so, dass ein bestehendes Machtgefälle einiges an Fingspitzengefühl erfordern würde. Und ehrlich gesagt, ich hab das einfach satt!!

  95. Danke für den Beitrag. Die Debatte über den Alltagssexismus ist wichtig und richtig.

    Ich finde es allerdings sehr schade, dass dieser Artikel von Menschen mit geschlossenem Weltbild angegriffen wird (sei antifeministisch, elitär, relativierend…) obwohl er vernünftigen Debattenbeitrag darstellt in dem Sexismus kein bisschen verharmlost wird. Es wird lediglich der Gedanke problematisiert, dass es in 100% der Situation 100% eindeutig ist. Das ist zumindest für mich intuitiv und trivialerweise richtig. Manche Menschen wollen aber partout die Debatte nur zulassen wenn sie niemals die absolute Deutungshoheit über die Begriffe abgeben müsste. Bekehrung statt Diskussion.

  96. Eine (männliche) Stimme zum #Aufschrei…

    Seit ca. 3 Tagen wird (das deutsche) Twitter nun schon vom #aufschrei dominiert. Was dort ja schon fast ein Zeitraum geologischen Ausmaßes ist. Wer ein bißchen genauer hingesehen hat, dem wird aufgefallen sein, dass das Thema schon davor, vor allem im …

  97. Gerade den Punkt “5.) Nicht alles ist Sexismus” finde ich in der Debatte sehr bemerkens- und bedenkenswert. Natürlich bleibt jeder Frau unbenommen, für sich persänlich eine eigene Grenzlinie zu ziehen, was sie als Übergriff und Belästigung empfindet. Aber den allerkleinsten gemeinsamen Nenner kann man nicht als Maßstab nehmen. Das ist bei allen sozialen Interaktionen so. Wo die Grenzlinie ist, ist eine Sache der gesellschaftlichen Verhandlung, und es muss ein gewisses Maß gewahrt werden. Extrem formuliert: Wenn jede kleinste sexuell interpretierbare Äußerung oder schon jeder Blick ein Übergriff ist, dann muss man sich schon fragen, wo überhaupt die Kinder noch herkommen sollen.

  98. B.L.O.G. – Bissige Liberale ohne Gnade » Über Aufschreie, Ismen und das Internet sagt:

    […] Jakubetz mit “Das Netz, kaputt aufgeschrien” (HT Horst Schulte)Meike Lobo mit “Das Schreien der Lämmer” (HT Baron von […]

  99. Zitat von dir, Meike:

    “Du sagst es ganz richtig: das Problem sind nicht die Fälle der eindeutigen sexuellen Belästigung, sondern genau der Graubereich der sexistischen Bemerkungen. Ich habe mit meinen 32 Jahren etliche Situationen erlebt, die mir persönlich sehr unangenehm waren – ich aber an den Reaktionen aller anderen, Frauen wie Männer, ablesen konnte: ist doch alles nur Spaß. Diese Spiegelungen sagten mir also: immer musst du überreagieren! Mittlerweile kann ich häufig genug angemessen mit diesen Situationen umgehen, lange genug hat es gedauert. Aber gerade jetzt ist es so, dass ein bestehendes Machtgefälle einiges an Fingspitzengefühl erfordern würde. Und ehrlich gesagt, ich hab das einfach satt!!”

    Ich bin 48 und war früher bis auf sehr agressive Anmache ziemlich schmerzfrei was sexualisierte Randbemerkungen und Schlüpfrigkeiten anging, also das genaue Gegenteil von dem was du schreibst.

    Bis ich gemerkt habe das ich eigene Grenzen übergehe, weil ich ja so taff und modern bin und wehrhaft.

    Wehrhaft bin ich, aber ich habe als Taxifahrerin nachts auch gelernt, das es genügend Idioten in der Weltgeschichte gibt, welche allgemeingültige Grenzen von Frauen nicht zu respektieren wissen.

    Dabei geht es gar nicht so sehr um mich selbst, im Beruf ist mir nichts geschehen, nur privat habe ich erlebt, das sich wehren Prügel nach sich ziehen kann, und das, wer sich für sexuelle Anzüglichkeiten nicht zu schade ist, eben doch eine geringere Hemmschwelle hat mal hin zu langen.

    Ich habe auch gelernt, das wer den Mund auf macht schon mal platt gemacht wird, Hysterisch ist da noch das mildeste Wort.

    Deshalb war ich sauer, als ich dir meinen ersten Beitrag schrieb.

    All die Frauen welche nicht in der Lage sind sich gleich und prompt zu wehren, brauchen den Schutz und die Solidarität derer, welche in der Lage sind laut zu werden.

    Ich habe des Nachts im Taxi häufig genug erlebt, wie verletztlich nicht nur ältere Damen aus einer eher behüteten Welt sein können, sondern auch viele junge Frauen, egal ob sie soeben mit den hochhackigen Schuhen in den Händen aus der Großraumdisko kommen.

    Insbesondere ältere Männer sollten sich mal überlegen wie sie auf die jungen Frauen wirken, und noch lange nicht alle Frauen sagen deutlich was sie denken wenn sie verbal grenzüberschreitend “unter der Gürtellinie” berührt werden, und sei dies nur im Geiste, es IST eine Berührung.

    Nicht umsonst heißt es das psychische Gewalt der körperlichen ebenbürtig sein kann.

    Natürlich ist nicht jede verbale Entgleisung Gewalt, aber wenn jemand meine Möpse begafft ist dass das eine, sofern er nur die Klappe hält, wenn aber derjenige meint sie sollen in ein Dirndl ist das übergriffige im Raum stehend, den wem dient es in dem Moment als nicht dem Redner zum Gefallen.

    Ein Flirt, und sei er noch so deftig, ist nicht so einseitig, was bleibt oft einem alten Herrn gegenüber als dünn zu lächeln.

    Es wäre von Seiten Brüderles eine Einsicht nötig, auch die Einsicht das er für eine junge Frau vielleicht einfach nur ein alter Mann ist, und eine Entschuldigung, aber nichts da, die Reihen werden geschlossen, und es dünkt mir so typisch, das Männer, und sei es noch so peinlich was ein Artgenosse vollbringt, hier eher schweigen, selbst wenn sie im stillen Kämmerlein denken, du Trottel hättest du mal lieber die Goschen gehalten.

    Bei dieser in viele Richtungen überschießenden Diskussion wäre es einfach toll, wenn Männer, sehen sie einen ihrer Geschlechsgenossen sich daneben benehmen, mal den Mund aufmachen würden, und sei es unter vier Augen, und wir Frauen sollten den Frauen, die sich nicht taff wehren können, auch zur Seite springen, ie auch mal bestätigen das nicht alles ok ist und man nicht alles aushalten muss und nicht nur zu empfindlich ist, sondern das eine Frau auch ihre persönlichen Grenzen hat die es zu wahren gilt, dann wäre schon sehr viel erreicht.

    Welche Konditionierung findet denn da wieder eigentlich statt, es ist egal was das Umfeld denkt, wichtig ist das ich meine Grenzen kenne, erkenne, und wahre, denn wahre ich sie nicht, kann das auch ins Gegenteil kippen das man alles aushalten will, weil man ja so taff ist.

    Was das jetzige lancieren der Information zu Brüderle angeht, ich finds ok, vor einem Jahr hätte das kaum jemanden interesssiert, und ich persönlich mag nicht so gerne jemand ganz oben in einer respekteinflössenden Machtposition haben welcher Frauen objektbezogen wahrnimmt.

  100. Sorry, but it’s Capitalism stupid …
    Nix weiter als die Fortsetzung von Teile und Herrsche im Kontext der Gesellschaft. Das wäre hier zu hinterfragen und zu beleuchten.

  101. Aus meiner Zeit als Mitarbeiter im technischen Support kann ich ein Lied davon singen, wie Frauen sexistische Argumente anführen, um sich ja nicht mit Technik auseinandersetzen zu müssen. Das waren Sprüche, die, wären sie von einem Mann gekommen, vermutlich einen sofortigen Abmahnungsgrund dargestellt hätten. Insofern fehlt mir der Punkt “Frauen, die sexistische Klischees zu ihrem Vorteil nutzen, und sie damit zementieren”.

  102. #Aufschrei vs. #shoutingback – von digitalen Säuen und Selbstwert : metamädchen sagt:

    […] Schreien der Lämmer – ich finde, besser hätte Meike Lobo den Titel ihres Blogartikels zur öffentlichen Sexismus-Debatte, vor allem zu den Tweets unter dem Hashtag #Aufschrei nicht […]

  103. Vielen Dank für diesen Text! Nachdem ich sehr viel im Internet lese, aber langr nicht mehr selbst schreibe, sogar seltenst kommentiere, hat mich in den letzten Tagen die Art wie diese Disskussion zum Teil geführt wird wahnsinnig aufgeregt. So sehr, dass ich lange überlegt habe, diesem Unwohlsein über pauschale Urteile, Vermischung von Begriffen und problematischer Argumentation schriftlich Luft zu machen.
    Dieser Text sagt sehr viel von dem, was mir auch durch den Kopf ging. Vermutlich hätte ich es aber auch in 6 Stunden nicht so gut formulieren können.
    Deshalb – danke!

  104. Ich unterschreibe vieles in diesem Beitrag, an einer Stelle gibt es ein Zitat, das mir zu wenig Raum einnimmt.

    “Also lehnen Feminist_innen die Vorstellung ab, dass Frauen sexistisch gegenüber Männern sein können, weil Frauen die institutionelle Macht fehlt, die Männer haben” (http://sanczny.wordpress.com/2012/07/19/was-ist-sexismus/)

    Ich habe bei dieser Debatte ein bisschen das Gefühl, es hätte die letzten 40 Jahre Emanzipationsbewegung nicht gegeben und alles stünde wieder auf Anfang und kein Feminismus hätte uns Frauenbeauftragte erkämpft.
    Das ist schon deshalb bedauerlich, weil doch schon viel erreicht wurde, es aber vor allem bedauerlich, weil Männer gerade beginnen, das eigene Rollenverständnis neu zu erarbeiten, die Verunsicherungen zu überwinden, die durch das Fehlen einer eigenen Emanzipationsbewegung entstanden ist. Sie just dann wieder alle als potentielle Sexualstraftäter hinzustellen, die sich ihres Geschlechts, für das sie nichts können, schämen müssen, blockiert eine wichtige Debatte.
    Noch bedauerlicher finde ich aber, dass der Gedanke so einseitig ist. Manchmal wird betont, Sexismus sei ein Machtproblem. Wenn auch noch zu wenig, so sind aber doch Frauen in Machtpositionen und wie sind Aufforderungen einer Chefin an ihren männlichen Angestellten zu verstehen, in denen es etwa heißt: “Seien Sie ein Mann!”, wie sind Cheffinnen zu bewerten, die alle jüngeren und auch älteren männlichen Angestellten einfach mit “Schätzchen”?
    Ich wage die Behauptung, die Dunkelziffer der Sexismen ist in diese Richtung hoch, weil Männer sich gerade wegen der herkömmlichen Rollenzuweisungen noch weniger dagegen zur Wehr setzen.
    Ist Sexismus also ein geschlechtsspezifisches Problem oder eines, das zum täglichen Spiel aus “Macht und Untergebung” gehört, egal, in welcher geschlechtsspezifischen Konstellation sie gerade stattfindet? Natürlich hören Frauen sicher noch häufiger Sexismen, weil der Anteil an Männern in Machtpositionen noch höher ist, spannend wäre da aber die Frage, wie sexitisch Frauen als Mächtige ihren weiblichen Untergebenen sind.

  105. Zu zwei Punkten möchte ich noch was anmerken.

    Eins, das auch, aber vor allem in der journalistischen Berichterstattung (=> N24) völlig untergeht, ist jetzt das Sammelsurium an Schilderungen. Du schreibst dazu:

    Diese Anklage manifestiert sich für mich unter anderem in der Twitteraktion #Aufschrei, in der Frauen ihre mal mehr, mal weniger erschreckenden Erfahrungen mit Alltagssexismus schildern.
    [Einschub: hier habe ich übrigens circa 60% Schilderungen gelesen, die ich erschreckend fand, und 40%, die mir wie kleinliches Pillepalle erschienen. Dies nur zur Verdeutlichung, was ich mit “unterschiedliche persönliche Grenzen” meine.]

    Dabei geht meiner Meinung nach allgemein unter, dass das alles auch nicht unbedingt immer hundertprozentig wahr sein muss. Ich meine, wie viele Forentrolle gibt es? Es wäre vermessen anzunehmen, etwa bei Twitter oder Einsendungen auf Sexismuserfahrungsberichtwebseiten sei das irgendwie anders. Ich will damit nichts verharmlosen, sondern nur darauf hinweisen, dass man nicht immer alles, was man da liest (wahrscheinlich auch unter dem Hashtag #Aufschrei), ohne jedwede Skepsis für bare Münze nehmen sollte. Da mögen viele wahre, erschreckende Erfahrungen dabei sein – aber auch eine unbekannte Menge an Wichtigtuerei.

    Unter Punkt 4 formuliertest Du:

    Also alle Frauen sind Opfer, zur Wehrlosigkeit verdammt. Und selbst die, die sich nicht als Opfer und fortwährend durch Männer bedroht fühlen, sind trotzdem Opfer, weil sie durch Jahrhunderte der Sozialisierung quasi gebrainwasht und daher unmündig und ohne eigenen Willen und eigene Entscheidung in solchen Fragen sind. Weiters dürfen Frauen Männer pauschal verurteilen und für sich selber Sonderrechte einfordern, weil sie ja qua Geschlechtshistorie niemals Täter (sondern wenn überhaupt, nur Opfer) sein können.

    Da frage ich mich: Wie stehst Du zu Kachelmanns “Opfer-Abo”? Im Prinzip könnte man diesen Absatz interpretieren, als gäbest Du ihm Recht.

    Ich – als Mann – halte die Sexismusdebatte für nötig. Blöd nur, dass sie bei diesem Aufhänger gar keine Chance hat, in irgendeiner Weise konstruktiv zu verlaufen. Es wird nur darüber diskutiert, ob das, was Brüderle gesagt haben soll, zum politjournalistischen Bar-Spielchen gehört oder nicht, ob Frau Himmelreich sich darüber profilieren will, warum sie so lange gewartet hat, wenn es so unerträglich war, und irgendwann wird auch die Kritik am Stern hochkochen, dass der auf – Achtung, möglicherweise sexistischer Begriff! – Klickhurenart mal BILD spielen wollte. Dazu kommt dann der Krieg der unterdrückten Frau gegen den bösen Mann – und die EMMA lässt die Druckerpressen länger laufen.
    Um eigentlichen Sexismus und die Frage, wie man die Gesellschaft in der Problematik voranbringen kann, geht es praktisch überhaupt nicht, und in vier Wochen hat sich außer Klickzahlen für den Stern und Twitter nichts geändert.

    Ganz abgesehen davon, dass Frau Himmelreich und ihr Redakteur ihren Kolleginnen im Politikressort einen Bärendienst erwiesen haben. Denn wenn jetzt auch nur noch ein einziger Politiker außerhalb von Pressekonferenzen mit Journalistinnen redet, ist ihm eh nicht mehr zu helfen. Damit wird Journalistinnen auch die Möglichkeit genommen, informelle Gespräche zu führen und damit ihren Job genauso gut zu erledigen wie Männer. Was bedeutet, dass Zeitungen und Zeitschriftenverlage Frauen nur noch für Frauenthemen einsetzen können – Mode und Kochen.

    Insofern leistet “Brüderlegate” dem Sexismus vor allem in der Journaille eher Vorschub.
    Glückwunsch, Frau Himmelreich!

  106. Der erste Artikel zu diesem Thema, den ich nicht bereits nach dem zweiten oder dritten Absatz abgebrochen habe.

    Die wichtigsten Punkte aus dem Text für mich sind:
    – die unterschiedlichen Auffassungen von Sexismus und der Unterschied von Sexismus und sexuellen Übergriffen
    – Die Opfer- bzw. Täterrolle, die jetzt durch die Medien wandert. Alle Frauen sind Opfer und alle Männer sind Täter, “weil das ja immer schon so war”
    – die einseitige Betrachtung seitens der Medien

    Nochmal: schöner Text, hätte an manchen Stellen vielleicht auch noch ausformulierter sein können. Aber dennoch Daumen hoch

  107. innerhalb von 3 Tagen haben sich echt viele Kommentare hier angesammelt. Ich bin auch jemand, der wenig kommentiert und ich habe keine Ahnung wer und wieviele diesen Beitrag unter so vielen noch lesen, aber ich hätte eine Frage an all jene, die es dennoch tun.
    Also ich mag die FDP überhaupt nicht, finde aber die aufbauscherei darüber echt total übertrieben und dumm. Warum? Okay, hier meine Meinung zum Sexismus:
    Wenn mir ein Mann schmierige Komplimente macht, dann seh ich das nicht als Eingriff in meine Intimsphäre oder Objektisierung einer Frau, sondern als Kompliment. Ich bin jetzt weder ein Model, noch wiege ich 100kg, aber ich hab mich nie als allgemein hübsch empfunden und wenn mir jemand durch andeutungen oder “schmierigen kommentaren” das durch die blume mitteilt, freue ich mich.
    Diese Meinung hab ich hier noch nicht gesehen und wunder mich jetzt über mich?Ist diese Denkweise falsch, abstrakt, komisch? Unterstütze ich damit die Opferrollen, weil ich den Männern nicht das signal gebe,dass es mir nicht gefällt?
    Ich rede auch hier nicht von sexuellen Übergriffen, auch die habe ich schon erlebt und habe die Ohnmacht kennen gelernt, wenn plötzlich was total unerwartetes passiert und man gedacht hat, dass man reagieren könnte und dann doch wie erstarrt war…
    Ich rede von der Definition von Sexismus wie sie Maike beschreibt und auch einige hier. Mir macht sowas nichts aus, ja im Gegenteil, Das hat nichts mit mangelndes Selbstbewusstsein zu tun oder mit aufs Oberflächliche reduzieren, ich weiß einfach,w as mir an mir gefällt und was nicht und wenn anderen das auch gefällt und sie es äußern, dann ist das dochw as gutes in meinen augen…(das gilt übrigens auch für charakterzüge an mir).auch wenns manchmal ein wenig rabiat ist oder eben verunglückt rüber kommt, entlockt es in mir drin nur ein Grinsen und ist abgehackt für mich.
    Also liebe Leser und leserinnen (und Maike), die bis hierhin gelesen haben, ist diese Einstellung eine Beleidigung für alle, die sich gedemütigt fühlen bei sexistischen Äußerungen?Sollte ich mich auch wehren, auch wenn ich mich darüber freue, nur um alle anderen zu unterstützen?

    Ganz ehrlich, jeder bestimmt seine Grenzen selbst und wie er mit Kommentaren und Äußerungen von Männern umgeht. Eine Veränderung des Blickwinkels und sei es nur ein-zweimal, kann dazu bewirken, dass man einige strickte Denkweisen von sich selber vielleicht nochmal überdenken muss.
    In Hochachtung für Meike, die einen weiteren Blickwinkel aufgezeigt hat und in Betrachtung eines dritten Blickwinkels, den ich eingebracht habe und vielleicht so viel Blickwinkel mehr, wie es Frauen gibt: Jeder entscheidet für sich selbst, wer sich unwohl fühlt, der sollte überlegen, wie er es ändern KÖNNTE und schritt für schritt darauf sich zuarbeiten, vielleicht nicht immer mit einen Paukenschlag, aber jeder Schritt, der einen seiner eigenen Selbstachtung näher bringt, kann kein vergeudeter schritt sein :)

  108. Vielen Dank für diesen Beitrag! Viele Blogs und Meinungen habe ich zu diesem Thema gelesen und angefangen an meiner Sicht der Dinge zu zweifeln. Ich bin erfreut, dass es offenbar auch andere Menschen gibt, die eine ähnliche Meinung haben. So gut hätte ich es nicht formulieren können – Danke!

  109. Hallo Frau Lobo,

    ist nicht die Aktion #Aufschrei genau das, was Sie verlangen: Der Anfang eines Dialogs?
    Ich finde die Aktion sehr wichtig, um der Gesellschaft zu verdeutlichen, dass es sich hier um ein sozial-gesellschaftliches Problem und nicht um Einzelfälle handelt.
    Desweiteren dachte ich bisher, dass #Aufschrei das deutsche Pendant zu Hashtags wie #hollaback und #shoutingback sei, die sich ursprünglich auf „street harassment“ beziehen – also auf Situationen, in denen betroffene Frauen nicht die Engelsgeduld aufbringen wollen/können um dem „Herren“ zu erklären, dass man nicht als „geiles Stück“ bezeichnet werden möchte. Hierfür bietet der Hashtag, meiner Meinung nach, eine ideale Möglichkeit für Frauen Ihren Hass mit einem Tweet zu kanalisieren, aus der „Opferrolle“ heraus zu treten und auch als Frau zu erkennen, dass man mit diesem Problem nicht alleine ist.
    Ansonsten finde ich Ihren Text erfrischend reflektiert. Ein längst fälliger Aufruf zu mehr Objektivität in dieser Diskussion. Vielen Dank dafür!

  110. Es gibt da m. E. noch einen Aspekt, der mir vielleicht nur deshalb auffällt, weil ich inzwischen über 60 Jahre alt bin: Frau Himmelreich hat das von ihr beschriebene Gespräch mit einem Satz über das “fortgeschrittene Alter” von Herrn B. begonnen. Wenn eine junge Frau nachts um 12 an der Bar ihren Gesprächspartner im allerersten Satz auf sein Alter anspricht, finde ich eigentlich genauso daneben wie das, was Herr Brüderle abgeliefert hat. Ich hätte Frau H., wäre ich in Brüderles Situation gewesen, meinen Weißwein über den Kopf geschüttet.

  111. guten tag.
    ich bin männlich, 40 und auf der suche nach einer lebenspartnerin. bevor ich eine frau anspreche schaue ich auf beine, titten, arsch. wenn mir das äussere gefällt, dann suche ich das gespräch und ich bin dabei genauso dämlich und tolpatschig wie hr. brüderle. und zack – aus einer versuchten anmache entsteht eine grundsatzdiskussion über sexismus und männliche dominanz. da ich beruflich viel im ausland tätig bin, suche ich mir eine lebenspartnerin mittlerweile lieber dort – anmachgespräche laufen in frankreich, spanien oder italien nicht so verkopft und verquast ab und lassen mich nicht so unsicher zurück. ich mache beruflich und privat lieber einen bogen um deutsche frauen das kostet zuviel lebenszeit, energie und wird mir immer zu kompliziert. danke fürs lesen, p.

    • Sehen Sie und genau wegen Männern wie Ihnen, die Frauen mit einer respektlosen Sprache belegen und es ansonsten zu anstrengend und kompliziert finden, sich mit weiblichen Gefühlswelten und Wertesystemen auseinanderzusetzen, habe ich zu einem Miteinander aufgerufen.

  112. […] Ich lese Blogeinträge von anderen Frauen, auch Männern und bleibe schließlich bei einem Artikel von Frau Meike hängen, der meine Meinung zum Thema voll trifft und auch Frauen in der Verantwortung sieht […]

  113. Schöner Artikel. Ich hätte einiges deutlich “klarer” formuliert – hoffentlich bleibt Frau Meike als Ausgleich vom Großteil der “Berufsempörtinnen” verschont :)

  114. Ich empfehle Allen (Frauen und Männer)das Buch “Die geschützten Männer” von Robert Merle.

  115. […] Was bleibt? Vorbehalte gegen so aufgeheizte Debatten. Es fällt auf, dass viele männliche Blogger sich komplett aus der Angelegenheit raus gehalten haben, wohl um nicht unter Beschuss zu geraten. Daneben allerdings auch wirklich gute Texte von Blogerinnen, so z.B. von serotonic und Frau Meike. […]

  116. Ein Hintergrundartikel über #aufschrei – eine Kritik | Warum alles auch ganz anders sein könnte. sagt:

    […] Diskussionen. Nur drei als Link: Helga Hansen, Antje Schrupp und – als Gegenposition – Meike Lobo. Die Autorinnen sind zusammen mit vielen anderen auch auf Twitter daran, Argumente auszutauschen. […]

  117. Danke, danke, danke! Finde ich super deinen Artikel. Auch mir geht es so wie dir, viele der häufig erwähnten sexistischen Verhaltensweisen empfinde ich überhaupt nicht als irgendwie übergriffig. Im Gegenteil, wenn ein Mann nur auf Sex aus ist, finde ich es toll, wenn er mir genau das sagt, damit ich klar im Bilde bin und selbst entscheiden kann, ob ich das auch will oder ablehne. Ehrlichkeit liegt bei mir hoch im Kurs! Das ist mir viel lieber, als wenn jemand mir irgendwas vom Pferd erzählt, um mich ins Bett zu kriegen!
    Auch gegen Hinterherpfeifen oder Komplimente habe ich nichts bzw. das stört mich nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich selbst manchmal auch so bin (pfeife gutaussehenden Männern hinterher oder werfe Handküsse ins Nachbarauto an einer roten Ampel), vielleicht hat sich auch schon ein Mann durch mich sexuell belästigt gefühlt, aber der Großteil bestimtm nicht.

    Kurz vor der Aufschrei Aktion, als ich selbst noch gar nicht von dem Geschehen um Brüderle gehört habe, habe ich auf meinem blog einen Text verfassst, warum ich nicht auf Arschlöcher treffe. Mich hat das ernsthaft beschäftigt, weil die meisten Männer mir nach meiner Auffassung äußerst höflich und nett begegnen:

    http://nur-miria.blogspot.de/2013/01/warum-treffe-ich-keine-arschlocher.html

    Natürlich möchte ich auch einen Unterschied machen zwischen Sexismus, sexueller Belästigung oder Vergewaltigung (die ich auf keinen Fall mit den anderen Verhaltensweisen in einen Topf werfen würde.

  118. Auch von mir (Mann) vielen Dank für diesen überaus weitsichtigen Artikel.

    Die Frage nach den Ursachen für – zweifellos tatsächlich existierende – gesellschaftliche Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern halte ich für eine ebenso wichtige wie spannende. Aber man wird natürlich nur dann zu Antworten gelangen können, wenn man die Umstände so klug und umfänglich beleuchtet, wie Sie das hier meiner Meinung nach getan haben.

    In diesem Zusammenhang möchte ich gerne noch die Lektüre des Artikels von Christoph Kucklick empfehlen, der vor einigen Monaten im “Dossier” der ZEIT einige (wie ich finde) sehr kluge Beobachtungen zur Geschlechterdebatte beigetragen hat:
    http://www.zeit.de/2012/16/DOS-Maenner

    viele Grüße
    M. Haakh

  119. Was mich an Deinem Artikel ärgert, ist diese „Mädels ihr müsst in solchen Situationen einfach nur den Mund aufmachen, dann wird schon alles gut“- Haltung.

    Hier mal zwei Situationen von sexueller Belästigung (!) in denen ich den Mund aufgemacht habe:

    1. Wir – eine Gruppe junger Frauen und ein Mann – werden auf einer sehr großen öffentlichen Studentenparty von ein paar Typen belästigt. Wir Frauen werden begrabscht und als wir uns dagegen wehren auch noch als Huren beschimpft und bespuckt, man wirft eine Flasche in unsere Richtung, die zum Glück niemanden trifft. Als wir die Security einschalten, erzählen sie uns, sie hätten ja nichts gesehen und für den lieben Frieden wäre es wohl das Beste, wenn WIR gehen. Wir überlegen, die Polizei zu rufen, lassen es dann aber sein, auch weil außer uns niemand was mitbekommen haben will.

    2. Ich sitze mit einer Gruppe von Leuten, die ich alle höchstens flüchtig kenne, in einer Kneipe. Der Typ neben mir reibt unterm Tisch mit seinem Oberschenkel an meinem – vor und zurück. Ich drehe meine Oberschenkel von ihm weg, er rückt seinen hinterher. Ich bitte ihn, das sein zu lassen, er behauptet gar nichts zu machen, fährt aber damit fort. Ich wiederhole meine Forderung, so dass andere es mitbekommen und will mich wegsetzen. Er beginnt mich zu beleidigen und verklärt das Ganze zu einem kulturellen Problem, ich die spießige verklemmte Deutsche und er der offene entspannte Südamerikaner usw. . Niemand ergreift für mich Partei oder bietet auch nur an, mit mir den Platz zu tauschen. Ich verlasse schließlich das Lokal.
    In den folgenden Tagen sprechen mich unabhängig voneinander zwei Frauen aus der Gruppe an und bestätigen, dass der Typ – obwohl „eigentlich ein netter Kerl“ (…) – schon manchmal ein wenig übergriffig ist und dass sein Verhalten wirklich nicht in Ordnung war. Ja vielen Dank auch!

    Schön für Dich, wenn Du noch nie in einer Situation warst, die Du als sexistisch empfunden hast, schön für Deine Bekannten, dass es ihnen in unangenehmen Situationen immer so superduper einfach gelungen ist, die Männer in ihre Schranken zu weisen!

    Und ja, ich mache heute immer noch den Mund auf, auch wenn es nicht wie hier von mir beschrieben um sexuelle Belästigung geht, sondern lediglich um Sexismus. Und auch wenn mir klar ist, dass ich im Fall von alltäglichem Sexismus erst recht riskiere, am Ende diejenige zu sein, die alleine da steht….

    Ich trage meinen Teil dazu bei, dass die Gesellschaft besser wird. Aber gerade wenn Du noch nie in einer entsprechenden Situation gewesen bist, erzähl mir und den anderen hier doch bitte nicht, dass das immer so einfach wäre!

  120. Sehr geehrte Frau Meike,

    ein großes Kompliment für Ihren durchdachten differenzierten Artikel. Ich hätte es wohl nicht geschafft, binnen zwei oder drei Tagen solche Gedanken zu einem so schwierigen Thema zusammenzutragen.

    Was ich ganz wichtig finde, ist eben genau diese Differenzierung zw. sexueller Gewalt (inkl. Erpressung am Arbeitsplatz) und Sexismus. Das sind zwei verschiedene Dinge, die der breiten Öffentlichkeit anscheinend nicht vermittelt werden konnten. Wenn es nach Schwarzer & Co. gehen würde, hätten sie das wohl so gerne gehabt. Demnächst wird es wohl noch kommen, daß sexistische Bemerkungen einer sexuellen Gewaltanwendung gleichgestellt werden. Gerade die EMMA-Redakiton riet den Müttern sinngemäß, daß sie dafür sorgen sollen, daß es ihren Söhnen schlecht geht, wenn sie wollen, daß es ihren Töchtern besser geht. Na, wenn das kein Sexismus ist, weiß ich auch nicht weiter.

    Nicht minder süffisante Anspielungen von Frauen sollen sich Männer gefallen lassen. Aber wehe, der Mann gibt ihr einen Korb! Dann erlebt man die dollsten Dinger bishin zur Beschuldigung einer angeblichen Vergewaltigung, wo die meisten Männer charmant genug sind, eine allzu aufdringliche Frau galant auszubremsen.

    “Sexismus” findet überall statt, da er eben auch Ausdruck der unterschiedlichen biologischen Beschaffenheit von Frau und Mann ist. Die einen nehmen das als Kompliment wahr, für andere sind das derbe, aber an sich harmlose Schäkereien, und die letzte Gruppe sind jene, für die das an bereits eine versuchte Vergewaltigung bedeutet.

    Die aktuelle Debatte leidet unter dieser eindimensionalen Betrachtungsweise. Der Mann ist de facto immer schuld. Die Frau ist aus Prinzip immer das Opfer. Entweder hat sie der Mann blöde angemacht hat oder ihre Avancen wurden nicht erwidert, womit der Mann wieder zum Arschloch degradiert wird.

    Am besten spricht der Mann nicht mehr mit einer vorgeblich “emanzipierten” Frau, die anschließend rumheult, wie schlecht sie doch behandelt worden sei. Es könnte einem wieder je nach Verfassung der Dame als Anmache ausgelegt werden. Diese so emanzipierten Frauen kriegen den Mund nicht auf, aber beschweren sich dann hintenherum. Auf solche Hinterhältigkeiten hat kein Mann auf Dauer Lust.

    Herzliche Grüße
    Dogbert

  121. Ich finde es traurig, dass es Sexismus bis in die Politik geschafft hat! Menschen – Männer und Frauen – die sich sexistisch verhalten sind in meinen Augen verhaltensgestört. Sie haben keinen Respekt vor’m Gegenüber, kein Gewissen, da sie sich keinerlei Gedanken über ihr Verhalten machen und dessen Auswirkungen.
    Oft wird Sexismus ins Lächerliche gezogen – nach dem Motto “…was Ingo Appelt kann, das kann ich auch…” (sorry Ingo, dass ich dich da jetzt mit reinziehe) Nur verwechseln Sie Komödie mit Alltag. Wehrt sich Mann / Frau gegen das Verhalten, stehen sie / er alleine da, weil sich keiner traut ihm / ihr beizustehen bzw. es zum eigenen Nutzen ausschlachtet… Sexismus ist eine Art von Mobbing. Hat ein/e Mann / Frau Respekt vorm anderen Geschlecht wird er das nicht tun! Wir sollten also mehr Respekt voneinander haben und uns nicht die schlechten Angewohnheiten anderer angewöhnen! Das bekommen wir doch hin! …da brauchen wir keine Politik dazu!

  122. Und was ist eigentlich mit all den Frauen, die sich freiwillig in übertrieben sexistische posen üben, bsp. bei der bachelor, oder alle miss-weiss-auch-nicht-was, playboy-bunnies, oder brustoperierte pseudo-vollweibchen, oder profiporno-darstellerinnen und genauso amateur-pornodarstellerinnen etc etc. – was ist mit denen? bestätigen die nicht jeden tag aufs neue genau solche angeblich sexistischen haltungen der männer? ich muss sagen, als junger mann, aber als älterer vielleicht sogar noch mehr, wie soll man da noch unterscheidedn, was frauen gerne haben und was nicht?!!

    • Also ich denke doch dass Männer mit dem nötigen Hirnschmalz klar differenzieren können zwischen Frauen die es um des Geldes wegen akzeptieren in erster Linie auf Grund ihres Körpers wahrgenommen zu werden und solchen die in einem klassischen beruflichen Metier ernstgenommen werden möchten. Wo mir in letzter Zeit die Hutschnur platzt ist diese racoon Werbung mit Gina Lisa. Aber bitte, so ein dummes Verhalten auf eine seriöse Journalistin zu übertragen? Wer das tut stellt sich dümmer als er (hoffentlich) ist ;)

  123. Vielen Dank für diesen Artikel! Ich sage mal, die 6 Stunden waren sehr gut investierte Zeit. Ich wünsche mir, dass die Diskussion weiter geht und sich vor allem auch mehr um die Strukturen und Denkweisen kümmert, die in der Arbeitswelt weitläufig dafür sorgen, das Frauen schlechter bezahlt werden, Männer die Elternzeit möchten als Weicheier angesehen werden (sicher ist das nicht immer so, aber leider gibt es dieses Phänomen). Ich dneke es würde nicht schaden hier das ein oder andere Denkmuster zu überdenken. Würde unsere gEsellschaft als Gnazen wohl tun.

  124. Was mich generell an solchen Diskussion verwundert ist dieser Verweis auf den umgekehrten Fall. Wird eine Frau belästigt, gibt es da umgekehrt auch. Wird ein Ausländer verprügelt, passiert das in anderen Ländern noch viel viel viel viel öfter. Stimmt ja alles, aber… na und? Ich finde da werden Sachen vermengt die nichts miteinander zu tun haben. Es gibt immer krassere Beispiele, aber das ändert noch nichts daran, dass es an dem konkreten Problem gearbeitet werden muss.

    Oder würde hier jemand darauf verzichten, einen Einbruch anzuzeigen, weil dem Nachbarn in der Nacht davor das Auto geklaut wurde und das ja vergeleichbar ist? Eher nicht nehm ich an…

  125. […] recht früh sehr gerne gelesen habe und für äußerst gelungen halte, wird nun nachgeholt: “Das Schreien der Lämmer” – lesen […]

  126. Punkt 2 ist genau das was ich meine, was mir in dieser Diskussion besonders am Herzen liegt. Und der Rest des Textes: Super, alles relativiert, gut investierte 6 Stunden. Im Gegensatz zu einigen Meinungen hier glaube ich aber, dass diese Diskussion noch weiter geht. Wie auch immer die Medien das verwursten, auch sie sorgen, mehr oder weniger geschickt dafür, dass das Thema weiter kocht. Freue mich auch über den Artikel von Sascha bei s.p.o.n., in dem er unter anderem ja diesen Satz schreibt: “#aufschrei war (…) die erste digitale Großdemonstration in Deutschland, die sich nicht selbstreferentiell mit Netzthemen beschäftigte. Damit ist dieses Instrument in der gesellschaftlichen Realität angelangt.”

  127. Herzlichen Dank für diese gelungene Analyse, auf die ich durch einen Freund aufmerksam gemacht wurde.
    Wenngleich es mir sowohl an Eloquenz als auch an Wut mangelt (ich schreibe weitestgehend “aus dem Bauch heraus” und mich machen derlei Dinge eher traurig denn wütend)habe auch ich versucht, die Mängel dieser Debatte zu durchleuchten und schrieb diese Gedanken in meinem Blog nieder.
    Mit einer gewissen “Befriedigung” durfte ich feststellen – auch schon vor dem Lesen des Artikels hier – dass ich mit meiner Auffassung nicht alleine dastehe. Die hier erwähnten kritischen/problematischen Seiten der aktuellen Sexismus-Diskussion sind auch mir aufgefallen und ich bin entsprechend froh, mich nicht wie der berühmte “einsame Rufer in der Wüste” fühlen zu müssen.

  128. Der beste Text, den ich bisher zur Debatte gelesen habe!
    Frage mich seit einer Woche, wie groß man sich diese #Aufschrei-Bubble vorstellen muss. Also ob ich mir Sorgen machen sollte, einer gestörten weiblichen Minderheit anzugehören, wenn ich persönlich quasi keinen Sexismus kennengelernt habe, oder falls ansatzweise doch, mir das dann egal war und/oder ich zu reagieren wusste.
    Dazu fand ich heute bei Zeit Online diese Umfrage: http://bit.ly/YJkT4r. Zu erlebten “Anzüglichkeiten” im Berufsleben befragt, fanden “13 Prozent [der Frauen] die Situation schrecklich, wagten aber nichts zu sagen”. Ähnlich viele Frauen “sehen in Sexismus ein großes Problem in Deutschland”, nämlich 14%.
    Vermutlich ist es kein Zufall, dass beide Gruppen ungefähr gleich groß sind: ich spekuliere mal, dass es da eine bedeutende Schnittmenge gibt. Und diese Schnittmenge scheint mir das Zentrum von #Aufschrei inkl. seiner medialen Repräsentanzen außerhalb von Twitter zu bilden: gefühlt 95% aller Frauenmeinungen vertretend oder vertreten wollend (allein vier öff.-rechtl. Talkshows in einer Woche! Milliarden Presseartikel, sogar in Übersee!), aber faktisch eine Minderheit, eine ziemlich kleine sogar.
    Sogar ein wenig (nämlich 1%) kleiner als die aus #Aufschrei-Sicht vermutlich nicht ganz knuspere Gruppe von Frauen wie mir, die laut der zitierten Umfrage im Beruf erlebte Anzüglichkeiten “nicht so schlimm” fanden.

  129. […] Fuck you, I’m human. / Das Schreien der Lämmer […]

  130. Ich finde den Ansatz des obigen Artikel gut, an einer entscheidenen Stelle unterlässt er etwas, und zwar eine übliche Definition von Sexismus zu bringen. Hier auf “Google” zu verweisen, ist unzureichend.

    Sexismus kommt nicht vom eingedeutschten Wort “Sex”, sondern vom englischen Wort “sex” = Geschlecht. Es meint die Abwertung eines Geschlechts, oft mit dem Ziel, unterschiedliche Rechte festzulegen.

    Beispiele:
    1. Frauen können nicht Auto fahren, sollen keine Autos fahren dürfen.
    2. Frauen sollten nicht wählen dürfen, weil sie weniger Ahnung von Politik haben.

    usw.

    Plumpes Anbaggern, körperliche Zudringlichkeiten oder echte Übergriffe haben damit erstmal nichts zu tun. Sie können auch zwischen gleichen Geschlechtern vorkommen.

    Ich halte die Banalisierung des Sexismus-Begriffs auch für dermaßen ungeschickt, dass ich mir um den Berufsstand der Journalisten in Deutschland ernsthafte Gedanken mache. Recherche, Aufklärung, das alles war einmal. Es geht oft nur noch darum, dpa-Meldungen zu verwursten oder höchst subjektive Kommentare abzuliefern.

    Der zweite Punkt, für den sich viele Journalisten schämen sollten. Unser Rechtsstaat basiert auf so etwas wie einer Unschuldsvermutung. Der Bericht von Himmelreich wird fast immer unhinterfragt hingenommen, die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Erinnerung an das Gespräche ganz anders gefärbt ist als die von Brüderle, dürfte hoch liegen. Selten erzählen zwei Menschen von einem Gespräch und geben dabei die gleichen Formulierungen und Zusammenhänge wider. Jeder setzt andere Schwerpunkte und lässt das weg, was ihm ungünstig oder unwichtig erscheint.

    Vor diesem Hintergrund – Banalisierung des Sexismus-Begriffs und Vorverurteilung eines Spitzenpolitikers – ist die ganze Debatte hauptsächlich ein Beweis für massenhaftes, journalistisches Versagen, für die Frauen wird sie daher wenig bis nichts bringen.

    • Grundsätzliche Zustimmung, bis auf: Brüderle hatte die Chance, sich ebenfalls zu äußern. Er hat darauf verzichtet.

      Natürlich haben viele Journalisten erstmal in saftiger Empörung drauflosgeschrieben, aber nach allem, was ich mitbekommen habe, wurde er auch sehr oft nach seiner Sicht der Dinge befragt. Ob sein Schweigen auf diese Frage weitere (gefärbte) Berichterstattung rechtfertigt, sei dahingestellt, aber er hat auf jede Form von Richtigstellung und Erläuterung verzichtet. Das kann man erstmal so stehenlassen, finde ich.

      Ich finde unüberprüfbare Anklagen grundfalsch, aber in diesem Fall dürfte ja wenigstens die Sprecherin von Herrn Brüderle die Vorfälle bestätigen oder widerlegen können. Sie war ja hautnah dabei. Bei allen Anklage- und Verteidigungsschriften habe ich nicht eine gelesen, in der die Sprecherin befragt wurde.

      Nur fürs Protokoll übrigens und unabhängig von dem Kommentar: an der Causa Brüderle, fand ich, wenn sie denn genau so passiert ist, nicht den Dirndlspruch sexistisch, sondern den Umstand, dass Frau H. zweimal deutlich signalisiert hat, dass sie nicht an einer privaten Annäherung interessiert ist, und er trotzdem weitergeschmiert hat. Nach dem Motto: Sie wollen es alle, wissen es nur selber nicht.

      • Zumindest im Strafrecht darf das Schweigen eines Anklagten ihm niemals zum Nachteil ausgelegt werden. Nach dem Motto: Wer schweigt, bekennt sich schuldig. Für das Schweigen kann es zahlreiche Gründe geben, z.B. das Hochkochen einer Anklage zu vermeiden, um ihr nicht weitere Aufmerksamkeit zu geben.

        Frau Himmelreich hat sich mit Herrn Brüderle länger an der Bar unterhalten, sie war insgesamt über 2 Stunden(!) dort anwesend. Wenn es ihr wirklich so unangenehm gewesen wäre, hätte sie das Gespräch doch sofort abbrechen können. Man könnte ihren fortgesetzten Versuch, in einer Tanzbar Sachfragen zur Politik zu erörtern, ebenfalls als mindestens Nerverei auslegen. Außerdem ist sie auf private Bemerkungen seinerseits eingangen, als sie z.B. erwähnte, dass sie gerne beim Oktoberfest etwas trinke.

        In jedem Fall wäre auch das Beharren von Brüderle auf private Themen kein Fall von Sexismus, wenn Sie sich der üblichen Definition anschließen. Das wäre wie gesagt evtl. Belästigung, wenn man sehr negativ auslegt. Aber von unterschiedlichen Rechten für die Frauen hat Herr Brüderle nicht eine Sekunde gesprochen, wenn man dem Bericht von Himmelreich folgt.

        Die Tatsache, dass Frau Himmelreich übrigens selbst Ministerin Aigner als “dirndltauglich” beschrieben hat (Sternartikel 39/2012) und das sogar als Überschrift wählte, zeigt, dass diese Journalistin “Privates” und “Politisches” auch in ihrer Arbeit überhaupt nicht trennt. Sie passt damit sehr gut zum People/Trash-Magazin Stern.

        Brüderle hat geflirtet, etwas plump, das ist in meinen Augen alles. Er ist nicht nur ein extrem schlechtes, sondern gar kein Beispiel für Frauenfeindlichkeit oder sexuelle Übergriffe/Gewalttaten in Deutschland.

        An den Pranger gehören in meinen Augen die echten Sexismus-Anhänger, die wirklich Übergriffigen und die heuchlerische Kampagne des Stern.

  131. liebe autorin,
    mir ist ein satz ihres textes sehr aufgefallen! der bringst eigentlich, meines erachtens ;), auf den punkt:

    “Nicht jeder Mann, der eine Frau einfach nur kennenlernen will und ihr das unbeholfen, holprig oder tollpatschig zeigt, ist ein rückständiger Arsch.”

    Danke!

  132. […] Nachdem ich diesen Kommentar geschrieben hatte, hat mich ein Testleser darauf aufmerksam gemacht, dass Meike Lobo dazu schon ähnliche Gedanken geäußert hat – wenn auch viel umfassender und stellenweise einiges spitzer aber auch mehr auf den Punkt. […]

  133. Eine vernuenftige, moderne Gesellschaft muss vor allem auf Kommunikation, Aufklaerung, Individualismus und Fehlertoleranz setzen. Davon sind wir noch ein bisschen entfernt. Sowieso ist die Zivilisation ja nicht am Ende der Geschichte. Wir haben – immerhin – eine teilaufgeklaerte Gesellschaft. Aufklaerung, Kommunikation (letztlich auch einfache Umgewoehnung) haben dafuer gesorgt, dass Frauenrechte heute ueberhaupt formal und einigermassen praxisnah durchgesetzt wurden. Dass dies auf dem Planeten noch nicht so ganz ueblich ist, zeigen ja so einige noch religioes-patriarchale Kulturen – an deren Aufwertungen im uebrigen gerade die erzkonservativen Gruene/Linke mitursaechlich sind.
    Und von ihnen in Kombination mit bestimmten religioesen Strukturen stammt auch das antiaufklaererische “Gleichbehandlungsgesetz”. Wohlgemerkt, ich supporte ziemlich konsequent, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hat und sich Menschen mal abgewoehnen, sie anderen abzusprechen. Frauen- und auch Queerrechte muessen z.B. durchgesetzt werden. Formal steht das aber schon im Grundgesetz (“vor dem Gesetz alle gleich”). Eine weitere Regelung war ausser eine unsinnige Mehrfachstruktur vor allem Ausdruck einer Vermeidung von gesellschaftlichen Diskursen- und Reflektionsprozesses, und einer Gleichmacherei mit der Tabu- und Rechtskeule. Und das ist religioes, nicht aufgeklaert – und schadet laengst. Die Moralsysteme von Religionen entstanden ja auch genau so, als Kit fuer die Praxis der seinerzeitigen Gesellschaften. So sollten aber die modernen nicht mehr funktionieren.
    Bei der ‘Sexismus’-Debatte, die in Wirklichkeit nur Teil von vielen gutmenschlichen Tabuisierungs-Debatten ist, besteht die Gefahr, dass die sich mit obigem verbindet. Genau das passierte bereits in den USA. Auch dort sorgten bestimmte religioese Strukturen mitsamt naiven Gutmenschen im Namen des Guten (und das zeichnet alles religoese aus) fuer ganz aehnliche Regelwerke, und zwar in bereits verkoppelter Version. Das erinnert dann aber eher an Saudi-Arabien.
    Es bedeutet naemlich: ‘Sexismus’ wird rechtlich belangbar und tabuisiert. Das fuehrt direkt zu einer Entsexualisierung der Kontexte. Genau das, was Religionen eh gerne haetten.
    Ganz konkret:
    – Aus Angst verklagt zu werden oder einfach die Reputation bzw. die Karriere zu verlieren, wird in Bueros und den meisten Institutionen sowie allen erdenklichen Orten nicht nur nicht geflirtet, sondern der Kontext komplett entsexualisiert. Aengstlich wird pc-konform gequatscht – wie in Saudi Arabien, wie in der DDR … repressiv … Zensur im Kopf …
    – Maenner betreten manchmal keinen Fahrstuhl mehr, wenn dort eine einzelne Frau ist, da sie befuerchten verklagt zu werden oder irgendwie in eine Situation zu gelangen, wo auch nur ‘der Verdacht’ auftreten koennte,
    – Flirts, Dates, Kennenlernen, aber auch anderes wird zunehmend als Resultat formalisierter
    – alles wird verkrampfter
    Das ist hochdefizitaer und psychisch nicht gesund! Ausserdem voellig sinnlos, denn echter Sexismus sowie Gewalt gegen Frauen wurden damit natuerlich nicht geloest, sondern nur verdraengt.
    Und besonders spassig ist: Pseudointellektuelle haben sich damit nur selbst gebunden. Wie ueblich, wenn man virtuelle Diskussionen innerhalb des eigenen Milieus fuehrt und das gar nicht merkt. Ausgerechnet diejenigen, die tatsaechlich ein deutliches Macho- und Sexismusproblem haben, scheren sich naemlich am wenigsten darum- wie unschwer auch im amerikanischen Hiphop erkennbar ist. Der Reputation ist derlei sogar foerderlich, gerade weil es tabuisiert ist. Und rechtlich spielt das ueberhaupt keine Rolle. Die Polizei hat naemlich besseres zu tun als jeden einzusacken, also gerade in bestimmten Neighborhoods ‘Bitch’ oder rustikaleres ruft. Und besonders bescheuert – wie auch gern mal hier: zusaetzlich wirkt noch der Naturschutz pc-konformer Gutmenschen, die sich nicht rantrauen.
    Noetig waere eben eine gewisse Fehlertoleranz, Individualismus und auch Fokus auf Meinungsfreiheit. Schon aus genetischen Gruenden ist es gar nicht moeglich, dass jeder so empathisch und reflektiert ist, jeden Kontext sinnvoll zu decodieren. Zudem gibt es viele andere Gruende, warum Menschen suboptimal reagieren (Stress, Stimmungen, Alk, Drogen, Unwissenheit, sonstige Umstaende …). Kurzum: irgendein Grobmotoriker wird immer mal danebenholzen. Ausserdem gibt es hier jede Menge Unschaerfe (was Meike schon richtig konstatierte). Ergo: man muss ein gewisses Grundrauschen akzeptieren = Fehlertoleranz. Man muss aufgeklaert Kontexte individuell aushandeln und diesen Freiraum lassen = Individualismus. Ziel kann nur sein, naemliches Grundrauschen durch Aufklaerungsdiskurse (Quatschen) moeglichst niedrig zu halten. Das reicht. Faengt man aber an Sexismus zu tabuisieren oder gar mit obigen fatalen Gleichbehandlungsgesetz zu kombinieren, dann hat sich in Wirklichkeit alles auf das schwaechste Glied der Kette (den Grobmotoriker) ausgerichtet und nimmt im Grunde alls fuer dessen Unfaehigkeit in Geiselhaft.

  134. […] Das Schreien der Lämmer – Fuck you, I’m human. – Die Vielfalt an persönlichen Maßstäben, die in meinen Augen jeden Versuch einer allgemeingültigen Definition ad absurdum führen muss, wird in meiner Wahrnehmung bisher nur von einzelnen Frauen berücksichtigt. Gerade bei einem so heiklen Thema finde ich aber Verknappung und Verallgemeinerung völlig kontraproduktiv. Ebenso kontraproduktiv finde ich es, hier kurzerhand den “sensibelsten Filter” als Verhaltensmaßstab zu benennen. […]

  135. Danke für diesen Artikel! Ich hoffe, dass ganz ganz viele, vor allem Männer und diese Frauen, die diese Debatte so stumpfsinnig führen das lesen.
    So wie diese Diskussion geführt wird, muss sich ja jeder anständige Mann eingeschüchtert fühlen.
    Ich sehe da auch große Gefahr für das ganz normale nette Miteinander der Menschen und ja auch der verschiedener Geschlechter. Ich jedenfalls möchte nicht, dass Männer wenn sie einer Frau was Nettes sagen, oder Blumen mitbringen wollen, sich jetzt Sorgen machen machen müssen und es womöglich lassen.
    Haben wir nicht immer gewollt, dass unsere Männer uns mal etwas mehr Aufmerksamkeit und auch hin und wieder Blumen bringen? Was zum Teufel soll verkehrt daran sein?
    Und auch ein Annäherungsversuch ist kein Verbrechen, wie soll man sich sonst je näher kommen? Ich jedenfalls habe bisher immer einen völlig unkomplizierten Weg gefunden NEIN zu sagen, wenn ich etwas nicht wollte, sei es körperlicher Abstand oder die Art der Kommunikation.

  136. War denn nicht die gesamte Frauenbewegung der Auftakt dazu, Männer endlich in ihre Grenzen zu weisen? Nicht Opfer zu sein? Wir Frauen haben unseren Standpunkt klar gemacht. Aber wir “Emanzen” werden gern lächerlich gemacht und mit lila-Latzhosen-Geschwätz bagatellisiert – unter anderem von Frauen.

  137. Jou. DANKE! für diesen umsichtigen, vielschichtigen Artikel.

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