Meine Forderung an die Menschen, aber vor allem an die Frauen, mehr Verantwortung für sich selber zu übernehmen, hat mir viel Kritik eingebracht. Ein Vorwurf, der immer wiederkehrte, war der, dass ich gar nicht wisse, wie das ist, sich hilflos zu fühlen, und ich deshalb gar nicht mitreden könne.
Deshalb erzähle ich hier zwei Geschichten: eine, in der ich es nicht geschafft habe, mich aus eigener Kraft zu befreien, und eine andere, in der für mich selber eingestanden habe.
Im Hause des Herrn
2005 zog ich nach Berlin.
Der Prenzlauer Berg war noch nicht hipp, Wohnraum war billig. Meine Wohnung war viel schöner und viel größer als die letzte in Hannover, kostete aber nicht mehr. Dennoch verbrachte ich in ihr sind sechs Jahre voller unterdrückter Wut auf den Vermieter, aus der ich mich nicht befreien konnte.
Es gab nicht DEN Vorfall, es waren viele kleine Dinge.
- Es war der Tonfall, dessen der Vermieter sich z.B. in Rundschreiben befleißigte. In vorauseilenden Unterstellungen wurden die Mieter unter Generalverdacht gestellt, Vandalen, Mietpreller und Psychopathen zu sein, fast jedes seiner Schreiben enthielt Androhungen von Kostenumlage und/oder juristischen Schritten, selbst so harmlose Sachen wie die Ankündigung der Jahresablesung.
- Es waren die Nebenkostenabrechnungen, die immer Nachzahlungen auswiesen, immer. 600€, nochmal 600€, 200€. Ich heizte vorsichtiger, sparte 600kWh ein, musste trotzdem nachzahlen. Nachweisen konnte ich nie, dass da etwas nicht stimmte, es blieb nur ein komisches Gefühl.
- Es waren die unzähligen Gerichtsverfahren, die er regelmäßig gegen (Ex-)Mieter wegen Nichtigkeiten und kleinsten Summen anstrengte (und genauso regelmäßig verlor).
- Es war die Tatsache, dass er als praktizierender Christ offenbar die simpelsten Regeln eines respektvollen Miteinanders nicht kannte.
Meine Wut stieg mit jedem respektlosen Schreiben, bei jedem Gang zum Briefkasten knirschte ich mit den Zähnen. Wie gerne hätte ich ihm seine ganze Kotzbrockigkeit vor den Latz geknallt. Aber er war prozesswütig und ich pleite. Ersparnisse gab es nach einem Jahr Arbeitslosigkeit nicht, arbeitslos war ich zwar nicht mehr, aber dafür selbstständig, was finanziell gesehen damals ungefähr das Gleiche war.
Was tun, wenn mein Vermieter mich verklagt? Ich konnte mir noch nicht einmal ein Beratungsgespräch beim Anwalt leisten, einen Umzug erst recht nicht. Ich kannte in Berlin praktisch niemanden, die wenigen Kontakte, die ich anfangs hatte, bestanden nicht mehr, neue und alte Freunde gab es im Internet und im restlichen Deutschland, aber nicht zwei Straßen weiter. Ohne Geld und ohne liebe Freunde, die mir auch ohne Geld geholfen hätten, zog es sich schwierig um.
Also blieb ich. Ich hatte einfach nicht die Kraft, es ohne irgendwas zu schaffen. Ich hielt die Wut aus, die Verzweiflung, wenn wieder eine Nachzahlungsforderung kam, die Angst vor immer höheren Kosten und dem Moment, an dem ich die Wohnung nicht mehr würde bezahlen können.
Ich hielt es aus, weil ich keinen Ausweg gesehen habe. Erst die Beziehung zu meinem Mann (und damit der Umzug in eine gemeinsame Wohnung) beendete diese Wut.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre
Im Jahr 2001 beendete ich erfolgreich mein Studium in Hamburg und zog hinaus in die Welt, um meinen Doktortitel zu machen. Vielmehr wollte ich die Welt hinausziehen, denn ich kam nur bis Hannover.
Dort musste ich aus finanziellen Gründen irgendein bezahlbares Rotzloch zur Wohnung nehmen, aber solange der Job toll und die Kollegen nett waren, war das okay für mich.
Der Job war toll, die Kollegen waren Bombe. Nur der Chef war es nicht. Er war ein größenwahnsinniger Egomane, der jeden Bezug zur Realität verloren hatte und alles im Institut befindliche, inklusive der Angestellten, als sein persönliches Eigentum ansah. Er war völlig unberechenbar, mal explodierte er und mal reagierte er gelassen auf vergleichbare Situationen. Regeln und Verbindlichkeiten waren nur für andere da, nicht für ihn. Wiederholt bestellte er einen zu sich ins Büro, wiederholt stand man zum abgemachten Zeitpunkt vor verschlossenen Türen und die Sekretärin erklärte, dass sie nicht wisse, wo der Chef sei oder ob er noch käme.
Ich mach’s kurz: er war ein Mensch, der mich zutiefst anwiderte.
Nach nur gut drei Monaten begann die Arbeit, mir Bauchschmerzen zu bereiten, mein Schlaf war beschissen. Die tollen Kollegen konnten mich nicht länger darüber hinwegtrösten, dass ich dem Mann, wann immer ich ihn sah, am liebsten mit der Faust ins Gesicht geschlagen hätte. Ich verlor Energie, massiv. Ich brannte aus, meine Motivation, mich im Labor anzustrengen, sank auf Null. Ich war totunglücklich.
Aber was tun?
Biologische Doktorandenstellen waren zum einen rar gesät, der Umzug nach Hannover hatte zum anderen meine ganzen Ersparnisse aufgebraucht, einen weiteren Umzug über eine größere Strecke hätte ich mir niemals leisten können. Und die Chance, in Hannover einen Job zu finden, der mich glücklich macht, war verschwindend gering. Und dann diese Unberechenbarkeit. Dieser Mann betrachtete sich selbst als gottgleich und die Möglichkeit, unter ihm zu arbeiten, als große Ehre. Wie würde so jemand auf eine Kündigung reagieren? Schlechte Empfehlungen schreiben? Dafür sorgen, dass ich keine andere Stelle bekam? Beschimpfungen?
Diese Überlegungen kosteten mich Wochen, aber schließlich fällte ich die Entscheidung gegen alle Widerstände.
Ich bin mehr wert als das. Niemand hat das Recht, mich schlecht zu behandeln. Ich bin Ende 20, gut ausgebildet und habe meinen Kopf nicht nur zum Frisieren.
Fick Dich, Alter, ich gehe.
Leider war der Chef gerade für 8 Wochen zum Golfen zu seinem amerikanischen Professoren-Spezi abgereist, es war schlicht niemand da, der meine Kündigung hätte entgegennehmen können. Zusammen mit der Urlaubszeit, die ich noch abzustottern hatte, würde ich mindestens dreieinhalb Monate verlieren, bis ich frei war. Wenn er einem Auflösungsvertrag nicht zustimmen würde, sogar noch länger. Angesichts der vielen Zeit, die ich durch die Kündigung verlieren würde, vielleicht doch lieber da bleiben?
Aber mein Entschluss stand. Ich bin mehr wert als das, verdammt nochmal!
Zwei Wochen und eine Initiativbewerbung später hatte ich eine Jobzusage von einem anderen Hannoveraner Institut in meinem Mailpostfach und drei Tage, nachdem der Chef vom Golfen zurückkam, saß ich in seinem Büro. Er reagierte verhältnismäßig souverän, weder Beurteilung noch Auflösungsvertrag verweigerte er mir.
Hilflosigkeit und andere Seuchen
Hilflosigkeit ist eine Seuche, Ohnmacht ist Geschwür und Karzinom.
Der Grund, weshalb es in meinem Leben ziemlich viele Befreiungs-, aber nur wenig Ohnmachtssituationen gibt, ist dieser: ich hasse dieses Gefühl, jemandes Willkür ausgeliefert zu sein, so sehr, dass mir fast alles besser erscheint als das.
Immer wäge ich dabei mögliche Zukunftsszenarien gegeneinander ab.
Was kann im schlimmsten Fall passieren, wenn ich diese Situation verändere, und wird es schlimmer als das, was jetzt ist?
Wenn es das nicht wird, sondern besser oder allenfalls genau blöd, dann mache ich den Befreiungsversuch auf jeden Fall.
Denn dann gibt es nichts zu verlieren, nur zu gewinnen.
All diese Gedanken kosten Zeit, Kraft und Nerven. Mögliche Lösungswege erfordern Mut und bisweilen eine ungeheure Selbstüberwindung.
Niemand sagt, dass das einfach ist. Niemand sagt, dass das mal eben so nebenbei geht. Niemand sagt, dass man immer einen Ausweg hat.
Aber Opferhaltung ist für mich auch nicht, auf die Frage “Gibt es einen Ausweg?” auch mal mit “Nein” zu antworten.
Opferhaltung ist für mich, das “Ja” gar nicht erst zu suchen.
Opferhaltung ist für mich, die Frage nicht zu stellen.
Niemand hat das Recht, mich schlecht zu behandeln.
In allen schwierigen Situationen meines Lebens habe ich mir zuerst diesen Satz in den Kopf gerufen und dann erst die Frage nach dem Ausweg gestellt. Die Antwort fällt mit dem Satz im Gepäck oft ganz anders aus als ohne.
Ja, aber. Die Sache mit der Sexismusdebatte hat doch noch mehr Graustufen als bloß Schwarz (Opferhaltung) und Weiß (Wehren). Um zu erklären, was ich meine, wähle ich mein eigenes Aufschrei-Beispiel: Mein Chefredakteur legt mir die Hand aufs Bein und will mit mir ins Café – “auf eine Latte”. Je nachdem, ob man die handelnden Personen hier kennt oder nicht, wirkt das Szenario ganz unterschiedlich. Bedrohlich, eklig oder auch einfach nur peinlich, lächerlich. Tatsächlich war es bloß Letztgenanntes. Jener Chefredakteur wollte nichts von mir. Hätte ich meine Hand auf seine Hand auf meinem Bein gelegt, wäre er vermutlich vor Schreck ganz bleich geworden. Für ihn gehörte so ein Verhalten eher zum üblichen Gehabe gegenüber Frauen. Ich habe mich in dieser Situation nicht als Opfer empfunden. Trotzdem war ich schwer genervt. Weil er sich distanzlos verhalten hat. Er hat mich in ein Dilemma gebracht: Nehme ich schweigend hin, akzeptiere ich seine Distanzlosigkeit. Aber sage ich ihm, dass ich sowas nicht mag und dass er sich seine Latten besser mit seiner Frau teilen sollte, dann steht diese Begebenheit unangenehm zwischen uns und wird dadurch größer als uns beiden recht sein kann. Denn ich mag nicht nur nicht von Fremden angefasst werden. Ich mag auch nicht mit Fremden über deren kritikwürdiges Verhalten sprechen. Worauf ich hinauswill: Ich war genervt, dass sein Verhalten mich dazu zwang, überhaupt über eine angemessene Reaktion nachzudenken. Deshalb finde ich die öffentliche Debatte so sinnvoll. Sie birgt die Chance, dass solche Männer merken, dass ihr Verhalten allgemein missbilligt wird und es nicht an mir hängt, sie auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen.
Pardon, aber blödes Verhalten von anderen zwingt einen doch andauernd, über Reaktionen nachzudenken! Das hat doch absolut null mit Sexismus zu tun, eher mit Menschen. Es gibt blöde Menschen und es gibt tolle Menschen. Man wird immer gezwungen sein, sich mit dem Verhalten blöder Menschen auseinanderzusetzen. In den beiden Beispielen meines Textes zeige ich doch gerade Leute, die nicht sexistisch waren, sondern einfach ALLE scheiße behandelt haben.
Eine Gesellschaft, in der man nicht über blödes Verhalten anderer nachdenken muss, wäre eine Welt ohne Menschen.
PS: Ich habs auch nicht gern, wenn man mir auf die Pelle rückt, aber mangelndes Gespür für Nähe und Distanz ist nun wirklich eine Unart, die Frauen genauso toll beherrschen.
PPS: Kein Schwarz-Weiß im gesamten Text. Bitte genau lesen.
Aber es ist doch ein Unterschied, ob jemand kündigt (wie du in deinem Beispiel) und damit dem blöden Menschen aus dem Weg geht, oder ob jemand dem blöden Menschen seine Dummheit direkt vor Augen führt. Hast du deinem Chef denn im Kündigungsgespräch gesagt, warum du gehst? Hast du ihn mit seiner Dummheit konfrontiert? Denn wenn ich deine Antwort an Kah richtig verstege, wäre das doch der Weg, den sie oder er hätte gehen sollen.
Für mich ist der springende Punkt erstmal, das blöde/respektlose Verhalten nicht hinzunehmen. Da, wo ich glaube, dass ein Gespräch das Problem lösen kann, dass ein Gespräch zu einer Einsicht führen kann, suche ich das Gespräch. Aber bei einem Mensch mit Größenwahn, der die Realität nicht mehr richtig einschätzen kann, kann kein Gespräch zu einer Einsicht führen. Ich bin noch nicht einmal sicher, ob bei so jemandem überhaupt etwas zur Einsicht führen kann. Der Mann ist ja nicht dumm, wie Du sagst, sondern jenseits von Gut und Böse.
Natürlich habe ich dem Professor gesagt, dass die Arbeit sich nicht als das entpuppt hat, was ich mir bei der Unterzeichnung des Vertrages vorgestellt hatte, aber da mein Entschluss zu gehen ja nun schon gefallen war, warum noch Energie verschwenden?
Klar, gibt es blöde Menschen, die sich blöde verhalten, aber es gibt eben auch gewisse strukturelle Konstanten. Dazu gehören Männer, die sich Frauen gegenüber in sexistischer Weise blöde verhalten. Und gegen strukturelle Probleme braucht es ein bisschen allgemeinere Gegenwehr als nur einen großen Haufen individueller Reaktionen. Das würde dann auch denen nützen, die tatsächlich Opfer werden und (aus welchen Gründen auch immer)sich nicht wehren können.
P.S.: Verzeihen Sie, dass ich mit dem Schwaez/Weiß ungenau war. Ich brachte vor vier Tagen ein Kind zur Welt und mein Gehirn ist noch nicht wieder ganz auf Zack.
Oha, Glückwunsch zu der wirklich sehr frischen Lieferung! :)
Bezüglich der strukturellen Konstanten sind wir uns ja einig, ich bin eben nur der Meinung, dass es nicht alleine Aufgabe der Männer ist, diese Konstanten zu durchbrechen, sondern dass wir alle, auch Frauen, dabei mithelfen müssen. Und zwar aktiv und konstruktiv und nicht nur durch lautstarkes Fordern.
Dankesehr! Und ja, der Meinung bin ich auch.
Ich fasse mich mal kurz. :-) Ich fand deinen Artikel gut. Teile deine Meinung. Und du brauchst dich nicht zu rechtfertigen. Ich bewundere deine Ausdauer, immer wieder auf die Kommentare zu antworten. Bei 250 insgesamt, bräuchte ich längst eine Auszeit. :-) Ich lese gerne bei dir. Du hast klare Meinungen und kannst sie wunderbar in Worte und auf den Punkt bringen. Herzlich Grüße morgenrot
Selbstbestimmung, und der Umgang mit Menschen, die man nicht mag..
“Niemand hat das Recht, mich schlecht zu behandeln.”
Das sowieso, keine Frage.
Es wird möglicherweise leider immer Leute geben, die das trotzdem versuchen.
Mein Satz ist: “Ich bin doch keine Marionette.”
Das ist schön plakativ :o), und stimmt aber auch nicht so ganz: Von Menschen, die mir wichtig sind, lasse ich gerne auch mal meine unsichtbaren Strippen ziehen. Ich glaube, sowas nennt man Empathie.
Aber muss ich jedem die Macht geben, mich emotional zu beeinflussen?
Nein. Koboldkönige haben keine Macht über mich.
Kommunikation, besonders verbale, kann man unterteilen in wie etwas gesagt wird (Ton, Wortwahl, das “zwischen den Zeilen”) und den eigentlichen Inhalt und Sinn der Aussage.
Bei Menschen, die ich mag, versuche ich möglichst alles davon aufzunehmen und zu verstehen.
Bei Menschen, die ich nicht mag, ist mir deren Gemütslage ziemlich egal. Ohne Konsequenzen fürchten zu müssen kann ich das “wie” einfach ignorieren und den Wortschwall eindampfen in das für mich Handlungsrelevante.
Da bleibt in der Regel nicht viel vom ursprünglichen Wortschwall übrig.
Selbstbestimmung heißt für mich auch, nur da empathisch zu sein, wenn ich es will.
Klar, solche missliebigen Mitmenschen können auch in der realen Welt Fakten schaffen, die einem das Leben unnötig schwer machen.
In meiner inneren Welt weigere ich mich einfach, diese Menschen hineinzulassen und mich zu ärgern.
Einen verärgerten waldbaer – sowas braucht kein Mensch. Schon gar nicht die, die ich mag ;o)
Das war jetzt bewusst kurz gefasst, da könnte ich Seitenlang.. Ich hoffe, keine Missverständnisse her..
Und jetzt mach ich mal nen Punkt.
Interessant. Das wird immer gern übersehen, das ‘Wehrt Euch’ auch bedeutet das man in anderen Situation in denen man nicht um seine körperliche Unversehrtheit fürchten muss, entdecken kann, das man nicht von anderen abhängig ist! Das man aus eigener Kraft und mit eigenen Bordmitteln die Situation zum Besseren wenden kann.
Das es viele Situationen gibt in denen man durchaus vielfältige Wahl und Handlungsmöglichkeiten hat.
Eine Sache fiel mir im Nachgang zu der “Wehrt-euch”-Thematik noch ein:
Bislang wurde – sofern ich mich da richtig erinnere – vor allem darüber gesprochen, daß die Konsequenzen beim “Sich-Wehren” so hart sein können, daß man diese Möglichkeit nicht weiter in Betracht zieht. Und einigermaßen allgemein anerkannt stand dann im Raum, daß ab diesem Punkt im Grunde keine allgemeingültige Empfehlung mehr gegeben werden kann, sondern daß diese Konsequenzen jede/r Einzelne für sich selbst abwägen muß – und sich dann eben entscheiden muss: Wehre ich mich in dieser Situation (wie auch immer ein Wehren aussieht) oder lasse ich es sein (weil mir eben die Konsequenzen doch zu knackig sind).
Was aber auch noch mit reinspielt, ist “der Level, auf den man nach dem Wehren fällt” – damit meine ich: wenn ich mich wehre, wird sich vieles verändern. Ja, natürlich, die Situation, aus der ich mich herausbringen will, ist (wenn ich es richtig gemacht habe) nicht mehr da.
Aber.
Aber ich lande dann irgendwo. Und diese Situation, in der ich lande, mag vielleicht für zwei unterschiedliche Menschen gleich sein, aber sie mögen diese Situation nicht gleich “gerne”:
Einer zum Beispiel kommt vielleicht ganz gut damit klar, daß er viele soziale Kontakte verliert, wenn er sich gegen einen mobbenden Chef (bspw.) wehrt. Die andere würde beim abrupten Wegbrechen von x Leuten (die sich vielleicht nicht auf ihre Seite schlagen wollen oder können oder trauen) nicht mehr gut mit sich alleine klarkommen.
Der eine findet es nicht schlimm, den Pfennig 2x umzudrehen, wenn er sich unter Inkaufnahme von finanziellen Verlusten aus einer Situation “herauswehrt” – also befreit – der andere kann einfach nicht dauerhaft von Tütensuppe von Pennymarkt leben.
Im Harvard Negotiation Project wird das etwas näher beleuchtet und dafür der Begriff “BATNA” geprägt und häufig verwendet. BATNA ist “best alternative to a negotiated agreement”. Also hier: die persönliche Bewertung derjenigen Alternative, die ich in Kauf nehme, wenn ich mich unter den o.g. Verlusten aus einer Situation herauswehre.
Das BATNA ist etwas sehr Subjektives. Ein und dieselbe Beschreibung einer Situation kann für zwei unterschiedliche Personen ein völlig unterschiedliches BATNA sein.
Das heißt unter anderem, daß je mehr man “sich selbst genug” ist, desto einfacher wird man es vermutlich finden, sich unter Verlusten (finanziell, sozial, …) aus einer Situation “herauszuwehren”.
These so in etwa nachzuvollziehen?
Gruß,
M. Emmert
Was ich oft denke ist das nicht nur Männer von Frauen lernen müssen sondern auch umgekehrt.
Nicht nur die Männer müssen lernen mehr Gefühle zu zeigen und Rücksicht zu nehmen.
Frauen dürfen sich ruhig auch etwas von den Männern abschauen. Stolz (das lasse ich mit mir nicht machen) bis manchmal sogar zu “Lieber gehe ich mit wehenden Fahnen unter”.
Alleine wenn ich mir schon anschaue wieviel Frust sich auf lange Sicht bei vielen Menschen offensichtlich anstaut weil sie sich als Opfer gefühlt haben muss man sich doch die Frage stellen ob ein Wehren mit allen Konsequenzen die das haben kann nicht besser gewesen wäre.
Klar kann es für die Lebensumstände schlechte Folgen haben wenn man seinen Job verliert oder was auch immer …. was aber hat es für Folgen für das eigene Selbstwertgefühl wenn man immer nur erträgt ohne auch nur zu versuchen sich zu wehren?
Volle Zustimmung.
Ich habe auch oft mit der Selbstbefreiungskeule um mich geschlagen und Dinge auch gern mal drastisch geändert.
Hörte dann oft, dass ich im Gegensatz zu Person xy das ja auch einfach so machen könne, während Person xy aus diesen und jenen Gründen nicht tun könne.
Und ich sage gern:
Man hat immer eine Wahl. Immer. Es heißt nicht, dass die Optionen immer toll sind. Oder immer gleich toll sind. Dass sie einfach wären. Aber es gibt eine Wahl. Immer.