Drei Jahre

Drei Jahre ist es her, seit Du weg bist.
Drei Jahre.

Deine letzten Worte höre ich so deutlich in meinem Kopf als hättest Du sie gestern erst gesagt. Ich höre das Rasseln Deines Atems, dieses unerträgliche Rasseln, das so klingt als ob Du ertrinkst. Ich sehe die Geste, mit der Du Dir immer über den Kopf gestrichen hast beim Nachdenken. Am Ende konntest Du die Bewegung nicht mehr beenden, aber Deine Hand fuhr immer noch zum Kopf.
Die Erinnerung an eine Angewohnheit.
Ich sehe immer noch, wie die Anstrengung beim Husten Deinen Körper verkrampfen ließ. 58 Kilo, mehr warst Du nicht. Ich erinnere mich an die immer längeren Pausen zwischen Deinen Atemzügen. Und daran, dass der letzte Moment so plötzlich kam, dass wir es kaum geschafft haben, alle rechtzeitig an Deinem Bett zu sein. Und wie froh ich bin, dass wir es doch geschafft haben.
An Deine Hand erinnere ich mich, die ich einfach immer weiter gehalten und gestreichelt habe. Auch als sie begann, kalt zu werden.

Heute vor drei Jahren, mein Vati, um Schlag 17 Uhr nachmittags, bist Du einfach weggegangen und Worte können nicht beschreiben, wie sehr ich Dich vermisse.

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12 Kommentare

  1. Was für ein Text! Was für eine Haltung!
    Zum Niederknien…
    Wie unglaublich liebevoll und human hier ein Mensch mit dem Tod seines Vaters umgeht.
    Glücklich, wer so jemanden in der Nähe hat, wenn’s an’s Sterben geht…

  2. Beim Lesen hatte ich sofort feuchte Augen. Wow. Jeden, der einen Vater im hohen Alter hat, bewegt dieser Text.

  3. Mein Vater ging 1 Jahr und 2 tage zuvor einfach davon. Wie sehr ich es verstehen kann, dieses Vermissen.

    (Zeit Danke zu sagen für all die “Lieber Vater” Posts, die so oft wiedergeben, was auch ich erlebte, fühlte, fühle…was ich aber niemals so wunderbar in Worte fassen kann. Danke!)

  4. Oh Mann. Bei mir ist es 10 Jahre länger her, doch das Vermissen wird nicht wirklich weniger.

  5. 2 1/2 Jahre. Er war allein.
    Der Schmerz wird nicht weniger, aber es hilft, Deine Worte zu lesen.
    Danke.

  6. Es gibt ein tolles Lied “Vatermorgana” (oder so ähnlich) von Pe Werner, das kam mir in den Sinn, als ich Ihren Text gelesen habe.

  7. What thou lovest well remains,
    The rest is dross
    What thou lov’st well shall not bereft from thee
    What thou lov’st well is thy true heritage

    Ezra Pound, Pisan Cantos LXXXI

    Bald 17 Jahre jetzt, dass mein Vater starb, wichtigster Mensch meiner frühen Jahre. Die Trauer vertrautes Echo.

  8. Meine Mutter ist Ende Juli 2012 verstorben, das kam für mich auch sehr plötzlich.
    Wir hatten ein enges, aber kein unbelastetes Verhältnis.
    Es hat mich erstmal sehr aus der Bahn geworfen, aber inzwischen habe ich wieder einigermaßen “festen Boden” unter den Füßen…

    Der Tod ist und bleibt unbegreiflich.
    Eben war der Mensch noch da, im nächsten Moment ist er weg und kehrt nie wieder.
    Aber die Erinnerung bleibt, zum Glück.

    Liebe Grüße,
    Vivi

  9. “Die Trauer vertrautes Echo.” Das ist schön gesagt. Es passt so gut zu meinem Empfinden, weil ich meines Vaters Stimme (Sätze) immer bei mir habe, als Ratgeber in Alltagssituationen wie auch bei wichtigen Entscheidungen. Nicht selten entlocken mir die Gedanken an ihn ein Lächeln. Ich habe vor einem Jahr zuletzt am Abend an seinem Sterbebett gesessen. Meine Familie hat ihn noch bis zum nächsten Nachmittag zu Haus sein lassen, weil wir ihn noch nicht “hergeben” wollten. Das war sehr hilfreich für die Trauerarbeit aller Familienmitglieder. Jedenfalls eine der besten Entscheidungen, die meine Mutter je getroffen hat.

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