Briefpost an die Piratenpartei

+++ OMG, jetzt mit mehreren Updates weiter unten!!! +++

Liebe Piraten,

ich habe Bauchschmerzen.
Das liegt nicht etwa an der etwas zweifelhaften, kross gebackenen Ente vom Chinamann gestern Abend, sondern daran, dass ich das Gefühl habe, dass Ihr gerade eine Chance, die gefühlt nur einmal alle 63 Milliarden Jahre in der politischen Landschaft vorkommt, mit Schmackes in den Sand setzt.
Die Chance, etwas anders zu machen.

Doch von Anfang.
Ich bin nicht sonderlich politisch interessiert, ich gehe in der Regel zur Landtags- und zur Bundestagswahl und informiere mich darüber hinaus lediglich über diejenigen politischen Themen, die mich interessieren.
Ich wähle die SPD schon seit Jahren, weil mein Urgroßvater Johann, der Sozialdemokrat war, im Zweiten Weltkrieg den polnischen Zwangsarbeitern in seiner Fabrik Bütterken mitbrachte. Bütterken, so sagt man das in Dortmund, wo mein Urgroßvater Johann wohnte. Er brachte ihnen Bütterken mit, einfach so, weil er ein anständiger Mensch war. Seine Frau schimpfte immer mit ihm, weil sie fürchtete, er würde dafür eines Tages von den Nazis umgebracht werden, aber er wies sie nur an, mehr Butterbrote zu schmieren.
Ich dachte immer: “Wenn Sozialdemokraten solche Dinge tun, dann kann es so verkehrt nicht sein, sie zu wählen.” Also wählte ich sie. Jahrelang. Ich bin sehr stolz, einen Urgroßvater Johann in meiner Familie zu haben. Etwas später verblutete er in einem Lazarett, wo man die Wunde an seinem Handgelenk, die ein Granatsplitter geschlagen hatte, zu nachlässig verbunden hatte.
Aber das ist eine andere Geschichte.

Dann kamt Ihr.
Habt alles anders gemacht. Habt die Leute gefragt: “Worum geht es Euch? Was ist Euch wichtig?” Habt Entscheidungsprozesse in öffentlichen Blogs ausgebreitet. Habt gesagt “Bei uns kann jeder mitmachen.” Habt Fehler zugegeben, anstatt fortwährend die Intelligenz der Menschen mit Füßen zu treten. Politik war noch nie so nah an den Wählern wie bei Euch.
Keine undurchsichtigen politischen Entscheidungen, die den Leuten erst mitgeteilt werden, wenn sie schon in Beton gemeißelt sind. Keine Ideen, die doch nur die mangelnde Bodenhaftung der Regierungspolitiker offenbaren. Keine “Reformen”, die sich, für den einzelnen Bürger spürbar, entweder gar nicht oder erst so lange nach ihrer Durchführung bemerkbar machen, dass sich eh kein Schwein mehr dran erinnern kann. Worum ging’s bei der Reform nochmal?

Aus meiner Sicht war das stärkste Argument für Euch die Aussicht, die Art zu verändern, wie Politik in Deutschland passiert. Direkte Demokratie, jeder Bürger kann selber mitgestalten, alle fraglichen Themen werden in der Öffentlichkeit ausgetragen, so dass sie tatsächlich nachvollziehbar werden.
Die Stimme des Volkes würde nicht mehr als Tyrannei der Massen empfunden, sondern als praktischer Fingerzeig.
Die Aussicht, dass dieser den gesunden Menschenverstand in einem fort beleidigende Politikapparat dahingehend aufgebrochen wird, dass so etwas wie ein faires Miteinander entsteht, verhieß das Paradies.
In mir war ein einziges Frohlocken.

Doch dann fingt Ihr an, Euch wie ein unsicherer, unreifer Haufen von Soziallegasthenikern, Sexisten und Problemignorierern aufzuführen.
Und deshalb kann ich Euch nicht wählen.
Obwohl ich Euch als einmalige Chance betrachte. Obwohl ich die Verjüngung der politischen Landschaft für den ersten Schritt zu mehr Lebensnähe halte. Obwohl ich mir nichts mehr von den Politikern wünsche, als mehr Ehrlichkeit im Umgang mit eigenen Schwächen.

Und ich hoffe inständig, dass Deutschland rechtzeitig merkt, dass Ihr Euch zwar 1A mit Internet und so auskennt, Euch ansonsten aber noch ein, zwei Dekaden zu der inneren Reife und Ernsthaftigkeit fehlen, die ich mir von einer Regierungspartei wünsche.

Begründungen? Gern.
1.) Anstatt Euch zu formieren, zu informieren und rasch diskutierbare Positionen zu verschiedenen Fragen zu entwickeln, habt Ihr parteiinterne Streitereien öffentlich ausgetragen, als gäb’s kein Morgen mehr. Inklusive Beschimpfungen auf Twitter und jeder Menge Offener Briefe.
Nach der Landtagswahl in Berlin habt Ihr erst einmal darüber gestritten, wer von den Abgeordneten welches Büro bekommt.
Zwischendurch wütete in Euren Reihen ein erpresserischer Troll, der mit viel Tamtam ans Licht gezerrt wurde.
Eine junge Piratin gab mal eben ihrem Lebensgefährten einen Parteiposten, um ihn kurz darauf – “Huch, ich wusste gar nicht, dass Vetternwirtschaft scheiße ist!” – dessen wieder zu entheben.
Hierarchie ist Euch so zuwider, dass wann immer einer von Euch sein Gesicht in die Medien hält, sofort eine Horde von Betamännchen an der Basis neidgrün über die “gehypten Kandidaten” losgeifert – vermutlich, weil sie selber gerne mal ins Fernsehen wollen.
In echt jetzt?
Ich messe niemanden an seinen Fehlern, nur an der Art, wie er damit umgeht. Und die Art, wie Ihr damit umgeht, ist ein Problem für mich. Die erinnert mich nämlich sehr häufig an wütende Vierjährige oder an Einhörner zeichnende Siebtklässlerinnen.

2.) CDU-Mann Ansgar Heveling schreibt ein albernes, schwülstiges Pamphlet gegen die “Netzgemeinde”, mit dem er genau einen einzigen Menschen der Lächerlichkeit preisgibt, nämlich sich selbst. Die “Netzgemeinde” schlägt zurück, knackt seine Website, veröffentlicht die Zugangsdaten und schon toben sich dumme Leute in schönster Zwölfjährigkeit auf der Seite aus.
Und wer mittendrin? Ein Zugpferd der Piraten. Ein gehypter Kandidat (Quelle: mit eigenen Augen gesehen und Authentizität kurz darauf aus 100%ig sicherer Quelle bestätigt).
Haha, Riesenbrüller. Wat het wie lächt, wie wir an meiner Hamburger Schule immer sagten.
Euer Landeschef für Sachsen-Anhalt, Henning Lübbers, sagte neulich “Wir sind keine Spaßpartei“, aber bis jetzt sieht das anders aus.
Liebe Piraten, ich sag’s Euch in aller Freundschaft: das politische Parkett ist nicht das Heise-Forum. Ein solches Verhalten hat nichts mit Humor zu tun oder mit der gewitzten Rache des kleinen Mannes. Das ist albern und unseriös. Das sind Dinge, die nur eine Spaßpartei tun würde.
Für Nicht-Trolle drückt ein solches Verhalten die Unfähigkeit, sich mit der Meinung anderer erwachsen auseinanderzusetzen, aus. Oder Unreife, wie man andernorts dazu sagt.

3.) Seien wir ehrlich: Euer “Bei uns kann jeder mitmachen” hat Schmeißfliegen jeglicher Kulör angezogen.
Und obwohl ich Toleranz grundsätzlich für eine gute Sache halte, hat sie meiner Ansicht nach Grenzen. Dann nämlich, wenn menschenverachtende und/oder kriminelle Weltanschauungen toleriert werden.
In Eurer Partei tummeln sich Rassisten, Holocaustleugner und Rechtsradikale und Ihr wisst es.
Eure Berliner Fraktionsgeschäftsführerin ist eine Esoterikerin schlimmster Sorte, die sich nicht schämte, bis zu ihrem Job bei Euch jungen Menschen Geld für ihre volksverdummenden Lehren aus der Tasche zu ziehen, und Ihr wisst es.
Es gibt einen Unterschied und eine moralische Grenze zwischen Toleranz und Meinungslosigkeit und Ihr wisst es.

Was, zur Hölle, ist Euer Problem, dass Ihr diesen zweifelhaften und beängstigend nahe an der Kriminalität agierenden Personen dennoch Unterschlupf bietet?

Warum wird die Entscheidung, ein holocaustleugnendes Parteimitglied auszuschließen, seit zwei Jahren immer wieder vertagt? *
Warum ist alles, was Euch zu der Esoteriktante einfällt, die feige Ausflucht, jeder könne doch im Privaten machen, was er wolle?
Das kann nicht Euer Ernst sein. Unmöglich.
Liebe Piraten, eine Partei, die im Angesicht von menschenverachtenden Lehren und Überzeugungen das Maul nicht aufmacht, ist für mich unwählbar.

4.) Eure Meinungslosigkeit ist fast schon legendär.
Aber wie soll man eine Partei wählen, bei der man nicht weiß, ob sie bei der nächsten wirtschaftlichen oder sozialen Großentwicklung für die Guten oder für die Bösen kämpft oder noch schlimmer: achselzuckend daneben steht? Wie soll man eine Partei wählen, wenn man nicht weiß, wofür sie nach der Wahl einsteht?
Katze im Sack kaufen? Wohl kaum.
Und dabei geht es bis jetzt nur um Positionen, um Meinungen. Ich frage mich ernsthaft, wie es wird, wenn es darum geht zu handeln.

Der Grund für diese Schwammigkeit liegt vermutlich in Eurem basis-demokratischen Ansatz, der aus meiner Sicht nur in der Theorie toll ist. Vor jedem öffentlichen Statement jeden Krethi und Plethi der Parteibasis zu fragen, um eine gemeinsame Linie zu finden, macht Euch nämlich zum schwerfälligsten und unbeweglichsten aller gegenwärtig und zukünftig existierenden Politik-Dinosaurier.

Eine Partei besteht in der Regel aus mehr oder weniger Gleichgesinnten. Ein paar Menschen haben ein paar Ideen und werden dafür von anderen Menschen, die die Ideen okay finden, gewählt. Und indem sie diese Partei wählen, erteilen sie ihr die Legitimation, in ihrem Namen zu sprechen. Das verkürzt die Amtswege und ermöglicht im Zweifelsfall ein schnelleres Handeln. Dass die Partei dabei manchmal auch Sachen sagt, die man nicht so knorke finde, kommt in der besten Ehe vor.

Wenn man aber wie Ihr sagt “Hier darf jeder mitmachen”, dann kommen Menschen aus den unterschiedlichsten Lagern zusammen. Sich mal schnell über ein tagespolitisches Thema zu verständigen, ist allein bei der bloßen Anzahl Eurer Mitglieder schon schwierig. Aber wenn jedes dieser Mitglieder auch noch eine andere Meinung als sein Nebenmann hat, wird es wirklich mühsam.
Es ist eine (gute) Sache, die Entscheidungsfindungsprozesse für Parteimitglieder offenzulegen, aber eine völlig andere (schlechte), jede Entscheidung von der Absegnung der Parteibasis abhängig zu machen.

Entschuldigung, aber Politik besteht nicht nur aus Grundsatzfragen. Die Bedürfnisse der Bürger entwickeln sich nicht immer langsam und mit schriftlichem Antrag in dreifacher Ausfertigung. Manchmal geschehen Dinge schnell, sehr schnell.
Der Untergang von Lehman Brothers und die dazugehörige Weltwirtschaftskrise, der Tsunami in Japan und die sich anschließende Diskussion um den raschen Atomausstieg Deutschlands – solche Ereignisse erfordern eine klare Positionierung. Und zwar schnell und nicht erst Monate später, wenn schon wieder alles vorbei ist.

5.) Ich bin eine Frau. Und ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nicht ein einziges Mal diskriminiert oder zurückgesetzt gefühlt.
Aber was ich in dem Brandbrief Eurer “Jungen Piraten” gelesen habe, die sich unter anderem über sexistische Entgleisungen und den Umgang der Parteispitze damit beschwerten, löste in mir den spontanen Wunsch, mich in mein Essen zu erbrechen, aus.

Da wurde gesagt, eine Frau “müsse nur mal hart durchgef—** werden, vielleicht entspannt sie sich ja dann ein bisschen.”

Dass solche Äußerungen jedes Klischée bestätigen, das man vom unansehnlichen, soziopathischen Computer-Nerd hat, mit dem in der Schule nie ein Mädchen ausgehen wollte, muss ich Euch vermutlich nicht sagen.
Dass Ihr, die Ihr immer behauptet habt, post-gender zu sein, Euch mit solchen Äußerungen und Eurem Umgang damit nachgerade lächerlich macht, vielleicht schon.
Und dass solche Äußerungen Eure Gesellschaftstauglichkeit, Eure Integrität und Eure Vertrauenswürdigkeit in toto massiv untergraben, vielleicht auch.

Roflcopter, gtfo.

Liebe Piraten, Ich freue mich für Euren Erfolg. Ich mag Veränderung, die hält beweglich. Und wir alle haben hier dank Euch die Möglichkeit, viel zu verändern, den Umgang der Politik mit ihrem Volk zu beeinflussen.
Versaut das nicht.
Ich bitte Euch inständig: Versaut. Das. Nicht.

Werdet erwachsen.
Hört auf, so zu tun, als bestünde die Welt nur aus Digitalthemen. Das ist weltfremd.
Bezieht Stellung. Auch zu dem seltsamen Rassisten- und Sexistengeschmeiß in Euren eigenen Reihen.
Zeigt im Licht, wer Ihr seid. Transparenz heißt für mich auch, sich zu bekennen. Für oder gegen etwas.

Hierarchien pauschal abzulehnen, weil das für den Denkfaulen gleichbedeutend ist mit Unterdrückung, ist dumm.
Und menschenverachtende Meinungen herunterzuspielen oder zu verschleiern, ist keine Politik.
Das ist feige.

Freundschaftlich grüßt,
Eure Meike

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* Gerade eben meldet SpOn, dass der Holocaustleugner wegen eines Formfehlers im Ausschlussverfahren in der Partei bleiben darf.
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** Selbstzensur, um mich der ganzen Menschen zu erwehren, die bei Google nach durchgef—-en Damen, Herren, Schafen und Lehrerinnen suchen und mir damit meine ganze Blogstatistik ruinieren.
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Update 1: Pirat Florian Meier hat einen sehr formidabulösen Artikel darüber geschrieben, warum Basisdemokratie schwierig ist. Lesen!
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Update 2: Ein, zwei weitere thematisch passende Links.
SpOn über über die neueste Naziäußerung der Piraten.
Martin Delius über seinen Vergleich der Piratenpartei mit der NSDAP.
Christopher Lauer klärt über die vermeintliche Themenlosigkeit der Partei auf.

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114 Kommentare

  1. Formfehler passieren, da muss man mit leben. Ich denke die nächsten 12 Monate entscheiden ob sie aus der Pubertät heraus kommen. Wie Augstein (Der Freitag) sinngemäss sagte: “Es müssen sich dort politische Talente zeigen.” Ich erinnere an die Grünen Anfang der 80er.

  2. Hallo Meike,
    vielen Dank für deinen Artikel, du sprichst mir aus der Seele und alles was du anprangerst, finde ich ebenfalls unglaublich zum Kotzen. Erst gestern war ich auf 180, weil der Nazi-Troll aus formalen Gründen in der Partei bleiben darf. Doch ich gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass sich trotzdem etwas durch die Piraten ändern lässt und wir auch die von dir erwähnten Probleme langfristig in Griff bekommen. Höre im Zweifelsfall aber nicht auf, uns anzupimmeln, wenn es wieder Bockmistalarm gibt.

    • Ich muss mal schauen, wie ich das Anpimmeln mit meiner Vagina hinbekomme, aber ok. Ich werde nicht aufhören.

  3. sagt vielen Dank für das niedergeschriebene was ich auch zum Grossteil denke und dessen Kritikpunkte ich fast ausschliesslich teile, auch wenn ich der Meinung bin, dass gerade die Einleitung “wenn so jemand SPD wählt…” eigentlich etwas unglücklich gewählt ist und eigentlich schon etwas an Niveau des weiteren Beitrages zweifeln liess, welches meiner Meinung nach jedoch nicht bestätigt wurde.

  4. Was ich zu faul war zu schreiben, steht jetzt hier. Und sicher viel besser als ich es hätte formulieren können (oder wollen?). Da sage nochmal jemand, warten zahle sich nicht aus!

    • Plakativ, desinformiert … kurz: SCHLECHT!

      Pseudopolitkultur in Reinform

  5. ““Wenn Sozialdemokraten solche Dinge tun, dann kann es so verkehrt nicht sein, sie zu wählen.” Also wählte ich sie. Jahrelang.”

    Wie soll man denn jemanden ernst nehmen, die sowas von sich schreibt? Und dann behaupten, du würdest die Piraten nicht wählen.

    Menschen wie du sind der Grund (ohne dich beleidigen zu wollen), warum in der Politik so aussieht, wie es heute aussieht! Warum Menschen an der Macht sind, die an der Macht sind!

    Und nein, ich bin weder in der Piratenpartei, noch habe ich sie jemals gewählt.

    • Vielleich wär’s ganz hilfreich, mal die Füße etwas stiller zu halten!

      Man kann schließlich nur Leute / Parteien wählen, die auch zur Wahl stehen und wählbar sind!

      (Bis) Zu den Zeiten eines Jochen Vogel oder eines Johannes Rau war – und das sage ich als konservativer Wähler – die SPD noch wählbar!

      So wie die Piraten sich im Moment darstellen, haben sie weder jetzt den Status einer wählbaren Partei noch werden sie ihn in absehbarer Zeit bekommen.

      Im Moment kann / könnte man sie nur aus einem einzigen Grund wählen: Um den ‘großen’ Parteien einen vor den Bug zu knallen. Ansonsten aus keinem anderen.

    • genau mein reden, als spd wähler sollte mal lieber still sein ^^

      btw ich hab auch noch nie die piraten gewählt

    • Oach, naja, ich sehe das wieder etwas entspannter …

      Klar, ich empfinde ähnlich wie’s hier im Artikel geschrieben steht. Da sind eine ganze Reihe ungeschickter, dummer Sachen passiert. Aber ich würde das trotzdem noch unter “normal” abheften.

      Man muss sich doch nur die aktuellen Umfragen anschauen, dann sieht man, dass das auch für die meisten Leute hier kein so großes Ding ist.

      Wenn man beim Theater in die Umkleiden schaut, dann sieht das da auch viel Chaotischer aus, als es auf der Bühne den Anschein macht. Die Piraten-Umkleide ist jetzt einfach die erste Umkleide, die man im Detail zu Gesicht bekommt.

      Ach und dann bin ich mir auch noch sicher, dass rechtes Gedankengut gibt es auch in anderen Parteien (vielleicht sogar in Parteien wie der CDU?). Und selbst als das NPD-Parteiverbot in Deutschland wegen einem “Formfehler” nicht durchgekommen ist, hat’s hier keine Auswanderungswellen gegeben ;)

      Ich denke die Piraten tun unserer Politik jetzt schon gut. ;-)

      • Spot on und all diese Punkte werden von den Wahlkampfstrategen der “grossen 3” ausgeschlachtet bis zum geht nicht mehr.
        Alleine fuer diese Zeit habe ich mir schomma ein paar Buetterken als Popcorn-Ersatz ueberlegt. So lecker mit Guerkskes und Tomaetchen!

  6. Liebe meike,
    danke für deine Ausführungen. Genau dieselben Kritikpunkte sind mir auch aufgefallen. Zudem muss man als Wähler auch strategisch denken. Wählt man z. B. in NRW die Piraten, besteht die reale “Gefahr”, dass mit einer großen Koalition viel weniger der Politik in den nächsten Jahren gemacht wird, die man eigentlich gar nicht wollte, mit seiner piratenstimme. Also, will man einige der Inhalte der piraten im reallife sehen, bleibt einem nichts anderes übrig, denkt man realistisch, die SPD und Grünen zu wählen.
    Gruß.

    • Strategisch wählen ist der Grund für allen politischen Schlamassel. Demokratie sieht anders aus.

    • Wenn der Wähler strategisch wählt, wird die Politik strategisch handeln. Das heißt, es geht nicht mehr um die Bedürfnisse von Menschen, sondern nur noch um Machtfragen und wer mit wem. Inhalte werden dann den Bündnissen untergeordnet. Im Ergebnis gibt es dann das Betreuungsgeld der CSU und die Hotel-Steuersenkung der FDP. Punkte, die sonst nie eine Mehrheit hätten.

      Eine große Koalition wird nicht von Wählern kleiner Parteien gewählt, sondern von den Wählern der beiden großen Parteien.

    • Die große Koalition hat doch jeden Schrecken verloren, sie ist ja faktisch oft genug schon da!

      In Zeiten, in denen – egal wer gerade regiert – offensichtlich stets gemacht werden muss, was “die Märkte” erzwingen (und was die Lobbyisten in die Gesetze schreiben), hilft halt nurmehr ein ganz grober Wink mit dem Zaunpfahl.

      Vielleicht müssen die Piraten ja auf 30% anwachsen, bevor die etablierten Parteien einsehen, dass es ein Update in Sachen DEMOKRATIE braucht?

      Klar, diese Stimmung jetzt ist Pech für ganz konkrete Landespolitik, z.B. in NRW. Aber die Welt wird auch mit einer großen Koalition nicht einfallen, genauso wenig wie “Rot/Grün” einst die Hoffnungen erfüllt hat, die die Wähler in diese Koalition gesetzt hatten.

  7. Sehr gute Beitrag,

    und alles trifft genau zu was di hier anspricht,

    Danke

    Paul

  8. Hab Dank dafür.
    In mir geht es ähnlich zu.
    Und auch, wenn du es schon zwei Mal sagtest:

    Liebe Piraten.
    Versaut das nicht.

  9. Ich bin Pirat und ja. Ich schäme mich für viele Sachen, die meine Kindergartenkollegen regelmässig fabrizieren.

    Ich weiss aber auch, dass wir inzwischen über 25 000 Mitglieder sind und die Zahl an wirklichen Idioten gefühlt tatsächlich relativ klein ist.

    In meinem Kreis habe ich jedenfalls bisher nur vernünftige Leute kennengelernt.

    Das Problem ist natürlich, dass nur diese Idioten an die Oberfläche gezogen werden. Der Rest des Ozeans wird leider selten berücksichtigt.

    Und das passiert nur, weil wir offen diskutieren und streiten. Und diese Selbstdarstellern so auch noch auf eine Bühne heben. Genau darauf legen sie es doch an.

    Würde ich das tauschen wollen? Ja. Mir wäre es lieber, diese Idioten nicht zu haben. Aber solange wir sie haben ist es wichtig, darüber auch zu reden und sie nicht einfach in ein Hinterzimmer zu verbannen.

    PS: Bzgl. der Sexismusdebatte fehlen übrigens noch die Attacken gegen die Männer. Ich habe in letzter Zeit auch häufiger gelesen: “Denen müsste man mal die Eier abschneiden” oder “Der tut nur so groß, hat aber so einen kleinen”…

    • Solche Leute als Idioten zu bezeichnen, verharmlost ihr Tun.
      Jemand, der unhöflich zur Supermarktverkäuferin ist, ist ein Idiot.
      Jemand, der den Holocaust leugnet, Pauschalvorbehalte gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen hat, sich an der systematischen Verdummung von Jugendlichen bereichert oder meint, Frauen müssten nur mal hart durchgefickt werden, ist kein Idiot, sondern ein menschenverachtendes Subjekt, das jegliche Berechtigung, an öffentlichen Diskussionen beteiligt zu werden, verwirkt hat.
      Statt Einlullungen, die tatsächlich idiotisch sind, erwarte ich von einer Partei a) eine klare Stellungnahme gegen solches Gedankengut und b) Konsequenzen.

      • Hm das ist aber nicht sehr sozial von dir, wenn du Menschen keine Fehler zugestehst und ihnen keine 2. Chance ermöglichen willst. ReSOZIALisierung ;)

        • Eine Resozialisierung setzt Einsicht und eine Entschuldigung/Änderung des Verhaltens voraus, oder nicht?

      • naja die PP hat sich schon öfters von rechtem Gedankengut distanziert – nur dass das nicht so in den M.-Medien war.

  10. Liebe Frau Meike,

    danke für die umfangreiche Analys, und das sage ich nicht als Pirat, und schon gar nicht als “Sprecher der Piraten” (Jedes Mitglied hat seine eigene Meinung) sondern als Mensch, der sich ansieht was so alles passiert.

    Die von (ich hoff fas ist okay) Dir geschilderten Inhalte können einem nur Magenschmerzen machen. Seh ich auch so. Dennoch muss ich auch genauer hinsehen.

    Die meisten Piraten die ich in dem letzten drei Monaten kennen lernte, sind Menschen von der strasse, Menschen wie Du und ich. Jeder von Ihnen hat seine Macken, seine Kanten, seine Fehler (ich bin schnell angefressen und zuweilen viel zu aufbrausend, noch immer Formal-Fu orientiert und garantiert an der einen order anderen Aussagestelle nicht druckreif). Aber auch seine Stärken, seinen Idealismus, seinen Einsatz und vor allem seineHingabe etwas in diese Lande zu verbessern.

    Ich glaube und ich bitte Dich, die Piraten zu wählen. Und wie auch Du habe ich dafür viele Gründe.

    Hier gerne: Alle Piraten die ich bisher kennen gelernt habe, neigen dazu Fehler einzugestehen und sobald sie erfasst sind diese auch anzugehen und Änderungen zu verursachen.

    Basisdemokratie ist ein Prozess. Für viele Piraten arbeiten wir miteinander daran, und jeder kann und darf sich einbringen. Ob er nun Pirat ist oder nicht, oder nicht nicht, oder nicht mehr.

    Jede Partei hat “problemmitglieder” bei den Piraten fallen diese mehr auf, weil die Piraten öffentlicher Handeln. Das Bundesschiedsgericht hat einen Antrag auf Parteiausschluss zurück gewiesen. Fand ich persönlich, nach dem ich mir die Historie angesehen habe blöd. Dennoch ist dies ein Urteil eines Gerichtes. Und damit bindend. Ab der Lack. Erledigt.

    Was nicht sein darf und nicht sein kann. Ohne Greicht keine Verurteilung. Das fordern wir an jeder Stelle, sei es bei Ipred, bei Cispa, bei ACTA oder wie sie alle heissen. Wir sind für Menschen und für Bürgerrechte, wenn ich als einzelner “meine” Partei richtig verstanden habe. Das bedeutet aber nun mal auch, das wir als Partei genau danach handeln müssen und uns noch weniger als andere vielleicht Abweichungen von diesen Grundlagen leisten können. Wir müssen hinsehen. Und uns auseinandersetzen. Jedoch dürfen wir das nicht über Polemik, Vorverurteilung und oder Selbstjutiziare Handlungen. Wir sind als einzelne nicht Richter, sondern Menschen. Bürgerrechte bedingen auch Bürgerpflichten. Wenn ich für die Rechte eintrte, dann auch für die Pflichten.

    Moralische Verwerflichkeit und etische Bedenklichkeit sind keine Tatbestände, die in der Welt Rechtsrang oder Rechtscharakter haben. Nach diesen Werten zu handeln obliegt allein der Basis. Niemand muss mit einem Anderen reden oder arbeiten. Unsere Wahlperionden sind kurz. Macht ein “Parteitag” einen “Wahlfehler”, in dem ohne ausreichende Kenntnis einer Person diese gewählt würde, wird sie sicher auch wieder abgewählt.

    Sind Personen eben nicht das was sie zu sein vorgeben, ist es klar, wir unternehmen was geht. Gibtes keine Rechtsgrundlage durch eine Verurteilung ist das “Behaupten von Straftaten” für die es keine Verurteilung gibt selbst “Üble Nachrede” oder “Verleumdung”. Ich kenne in meinem Landesverband mitlerweile etwa 3 % der Mitglieder persönlich, und habe in den verschiedenen Komunikationsformen noch mal etwa 12-15 % kennen gelernt, ohne sie getroffen zu haben. Keiner einer davon ist bereit, rechts aussen, Nazis oder Faschisten Raum zu lassen.

    Ich glaube wir werden mit den Aufgaben und an ihnen wachsen, wir werden dem gerecht werden und wir werden die Zukunft dieser Heimat im Sinne eines grundgesetzorientierten freien und wahr-demokratischen Rechtsstaat mit vollständigen und unbeschnittenen Bürgerrechten erleben.

    Habe Mut, bringe Dich ein und wähle die Piraten. Hilf jedem Piraten an den Fehlern die Du mit Ihm erkennst zu arbeiten, und das in Respekt und auf gleicher Augenhöhe. Nur so erreichen wir die Zukunft unserer Demokratie.

    Herzlich Dir dankend
    Thomas

  11. Viel Wahres, wahrlich. Und auch nicht zu rantig, da recht sachlich begründet.

    Aber die Piraten, so wie _ich_ sie verstehe, wollen doch gar nicht bei jeder Frage erstmal die Basis fragen. So weit ich das verstanden habe, soll das ja LFB lösen. Also Delegation nach Vertrauen.

  12. Liebe Meike,
    Du hast Dir soviel Mühe gegeben, Deine ganze Wut bis ins kleinste Detail darszustellen. Danke erstmal dafür!

    Doch im Grunde ist es doch ganz einfach, warum Nerds meinungslos sind:
    das Interesse an der Systematik eines Netzwerks und dessen Form an sich ist für sie wichtiger als der Inhalt, mit dem man ein “Instrument” füllen sollte. Sonst bleibt eine Platt-Form eben nur eine platte Form! Es gibt halt Menschen, die sind fasziniert von Zahlen, Systemen, Strukturen und nicht an Werten, Inhalten, Genuss. Da die Konzerne heutzutage die elektronischen und technischen Möglichkeiten geschaffen haben, die es zu Deiner Schulzeit noch nicht gab, nimmt eben auch die Zahl derjenigen zu, die sich lieber mit Strukturen als mit Inhalten beschäftigen, und die Zahl der Menschen, die Inhalte und Werte vertreten nehmen proportional ab. Und dies wird zunehmend steigern, wenn Nerds Kinder aufziehen und diese nie mit Inhalten aufgewachsen sind. Es ist wie mit dem faden Industriefraß, wer nie gelernt hat wie eine frische echte köstliche Tomate gegessen, oder einen ganzen frischen Fisch gesehen hat, vermisst ihn auch nicht und definiert Essen nicht als Genuss und Lebensfreude, sondern als funktionale “Ernährung”. So ist es eben in allen Bereichen. Es ist eine sinn-lose Generation!

  13. DANKE für den offenen Brief!!! Er spricht mir aus der Seele und beschreibt einwandfrei die Probleme, die ich mit den Piraten habe. Nichts fehlt. Alles exakt getroffen. Selbst wenn ich sie wählen wollen würde, könnte ich sie aus diesen Gründen nicht wählen.

    • Dann lieber Parteien wählen die deutsche Soldaten in einen Angriffskrieg senden? Oder die ein menschenverachtendes Hartz4 geschaffen haben? Die Terrorgesetze nach dem 11.9.2001? Die, sie den Spitzensteuersatz gesenkt haben oder die, die den Finanzmarkt dereguliert haben? Oder die, die grade mit dem ESM und dem Fiskalpakt einen unkündbaren Vertrag eingehen der das Haushaltsrecht der Bundesrepublik beschneidet? Die einen imunen Gouverneursrat etablieren wollen der wie ein Hedgefond(wer hat die nochmal zugelassen?!) agiert und ungeniert und ohne Klagemöglichkeit in unseren Haushalt greifen können? hmmm na dann…

      • Ich weiß nicht, wie gut du dich in unserer Parteienlandschaft auskennst, aber es gibt eine Partei, die gegen Krieg ist, gegen ALG II stimmt, nicht an den Terrorgesetzen von 2001 beteiligt war, gegen die Senkung des Spitzensteuersatzes ist und den Finanzmarkt regulieren möchte. Sie haben auch gegen den ESM gestimmt, weil sie wissen, dass damit nicht die Griechen, sondern die Banken gerettet werden.

        Du wirst andere Punkte gegen die Partei finden müssen, auf die ich mich hier beziehe, aber eins kann man ihnen nicht nachsagen: Sie haben Positionen zu den Themen, die wirklich wichtig sind. Denn tut mir Leid, aber was brauche ich das Internet, wenn ich nicht weiß, wie ich am Ende des Monats meinen Kühlschrank fülle? Solange die Piraten sich nicht auf ihre Positionen einigen, sind sie aus den von Meike genannten Gründen nicht wählbar.

  14. Liebe Meike,
    vielen Dank für diesen wirklich tollen und breitbandigen Artikel über aktuelle Probleme in der Piratenpartei.

    Ich saß hier vor dem Rechner und habe beim Lesen zustimmend genickt. :-)

    Ich habe zu der Sache mit den Hierarchien die Tage auch etwas geschrieben, vielleicht darf ich das hier hinterlassen: http://www.flomei.de/2012/04/09/uber-basisdemokratie-hierarchien-und-vertrauen/

    So, und jetzt gehe ich diesen Artikel rumschicken. ;-)

    Gruß,
    Florian

    • Vielen Dank für den Zuspruch.
      Ich finde Deinen Artikel über die Schwierigkeiten der Basisdemokratie großartig. Du hast viel ausführlicher beschrieben, wie und warum sie die Partei mehr behindert als ihr zu nützen. Der Punkt des Vertrauens ist besonders wichtig, wie ich finde.
      Ich erlaube mir, auf den Artikel in einem Update zu verlinken, ja?

  15. Ich finde die Kritik in einigen Bereichen vollkommen richtig. Wir müssen in so manchen Punkten tatsächlich noch besser werden (wenn wir das geschafft haben, sind wir übrigens perfekt, nur mal so zum Maßstab).

    In einigen Punkten halte ich die Kritik hier selbst aber für nicht sonderlich erwachsen, bzw. voller Widersprüche. :/

  16. zu 1.)

    Das ist halt Transparenz: Du siehst sofort _alle_ Streitereien, Fehler, Diskussionen.
    Wäre es dir etwa lieber alles würde im Hinterzimmer diskutiert und du würdest mäßig bis gar nicht informiert?
    Das die Presse div. Skandälchen künstlich aufbauscht liegt in der Sache der Natur
    Was den “Erpresser” angeht: Du verwechselst die Piratenfraktion Berlin und den LV Berlin. Das sind zwei Unterschiedliche Einheiten.

    2.) nicht jeder Shitstorm im Netz ist auch die parteiliche Aussage
    3.) finde ich immer noch nicht gut und ich hätte sie deswegen auch nicht eingestellt, aber nicht meine Baustelle
    4.) Nur die Basis kann irgendwas beschließen und Bundesparteitage sind scheiß teuer 10-15K€. Die durch die neue Bundesparteifinanzierung des Geld klamm ist. Können wir uns keine 4 BPTs im Jahr leisten.
    Und stell dir diese FRage: Wusste die Aktuelle Regierung zur Eurokrise eine Antwort? Nein warum – weil sie zur Wahl noch nicht zur Debatte stand. Also warum sollen die Piraten diese Frage beantworten, die noch nicht mal im Bundestag sind?

    5.) hat mich auch geschockt was ich da gelesen habe – ich habe das genutzt um um eigenen LV/KV mehr darauf zu achten.

    PS: kann grad nicht auf mehr eingehen muss weg
    grüße
    moep

  17. Hallo Meike,

    vielen Dank für deinen Text. Es zeigt mir, dass ich nicht allein in weitem Feld bin (ok, so richtig allein war ich nie) und die Lauten häufig zu stark wahrnehme.

    Leider gibt es unverbesserliche Erbsenzähler, die der Meinung sind, das Gute an deinem Text anhand von einzelnen Sätzen ins Lächerliche zu ziehen. Eben genau die, über die du in deinem Text einen Überblick verschaffst.

    Ich kann mich gar nicht genug fremdschämen, wie es angebracht wäre, irgendwann ist das Maß einfach voll.

    P.S.: an M106 – Thema verfehlt: durchgefallen

  18. Danke, Meike! Und tatsächlich krieg ich auch Angst vor der Vorstellung was “die” anstellen wenn Sie wirklich Macht haben…

  19. Vielen Dank für diesen wunderschön geschriebenen Artikel, du sprichst mir aus der Seele! Auch ich habe in den letzten Wochen viel über meine eigentlich schon getroffene Entscheidung, Piraten zu wählen nachgedacht, aus all den von Dir genannten Gründen. Ich werde es jedoch weiterhin tun, aus folgenden Gründen:

    – Der LV Berlin hat nichts mit der NRW-Wahl zu tun. Wenn die meinen, die Eso-Trulla könne privat machen, was sie wolle, deren Sache. Das wird schon noch nach hinten los gehen.

    – Im Internet, und gerade bei Twitter, bekommt man meist die lautesten Stimmen mit. Und das sind selten die vernünftigsten. Deswegen möchte ich glauben, dass diese Idioten nur einen kleinen Teil der >25.000 Mitglieder ausmachen.

    Die Piraten müssen noch einige Selbstreinigungsprozesse durchlaufen und werden auch im Landtag NRWs das ein oder andere Mal auf die Schnauze fallen. Aber nur so lernt man.

    Schönen Gruß,
    Ein Nicht-Pirat

    • Ich bin gerne bereit, meine Meinung nach den wünschenswerten Selbstreinigungsprozessen nochmal zu überdenken, aber im Moment sind die Piraten für mich unhaltbar – einmalige Chance hin oder her.

  20. Liebe meike, gut gebrüllt liebe löwin und so wahr. Aber der aufstieg bedeutet auch den fall der piratenpartei.
    Die flaschenköpfe, die jetzt mal “mitmachen” dürfen sind ein ergebnis der basisdemokratischen einstellung der piraten. Alles andere würde wieder zu bildung von hierarchien und eliten führen und eins, zwei, drei hat man das alte, überkommende parteienmodell, dessen man so überdrüssig ist.

    Das modell der funktionierenden basisdemokratie gab es ohnehin in der reinform nur in der antike und der grund dafür lag auf der hand: antike prototypen der neuzeitlichen flachbirne, unterklassenexponenten oder wirrwarrs usw. haben mal einfach keine bürgerrechte gehabt oder wurden bei bedarf entzogen. Die basisdemokratie der antiken intelligenz sozusagen ist also auch eine herrschaft der elite gewesen.

    Daher kann die piratenpartei, so interessant der ansatz und gesellschaftlich bemerkenswert der versuch für sich betrachtet ist, nur eine interessante stilblüte der deutschen nachkriegsgeschichte bleiben.

    Es sei denn, man wird seriös. Dann m.E. lieber den laden dichtmachen und in verklärung an die guten alten rocker wieder die alten zöpfe wählen. Wegen mir die SPD. Lasalle finde ich auch gut.

    //chris

  21. Verfolge das Geschehen um die Piraten seit 2009 sehr genau. Vieles von dem was du schreibst sehe ich genauso kritisch.

    Gründe warum die Dinge so ablaufen wie sie ablaufen wurde von einigen Kommentatoren gut erklärt.

    Ich finde alle anderen Parteien noch viel unwählbarer.

  22. Meike spricht mir mit diesem Beitrag aus der Seele. Danke schön.

  23. Statt einer Antwort, ein Beispiel, Meike! Da wird in einer Gemeinde ein Tourismusanlockdingens diskutiert. Es gibt Befürworter, die endlich ein paar mehr Touristen sehen, die Geld in der Gemeinde lassen – da gibt es Gegner, die Natur und Ruhe und auch die Touristen, die das mögen, schätzen. Der Gemeinderat hat schon Investoren gefunden, ohne dass die Bürger informiert wurden; es gibt Filz zwischen Gemeinde und Kreis. Was machen nun die Piraten? Sie lassen die vom Kreis in Auftrag erstellte Studie ins Netz (“wie, man kann sowas ins Internet stellen, hab ich ja noch nie gesehen” … Kreisbeamter), damit sie jedermann einsehen und endlich das Gesamtkonzept nachlesen kann. Die Piraten machen in ihrem Wiki eine Pro- und Kontra-Seite auf, wo fast alle Zeitungsberichte und sonstigen Stellungnahmen aufgenommen werden (“toll, Leute, endlich kann man sich mal komplett informieren” … ein Bürger). Die Piraten selbst diskutieren das Pro und Kontra … es gibt keine Mehrheit für eine Position … deswegen wird nach außen zweilei (der Presse) signalisiert: (1) wir haben dazu noch keine einheitliche Meinung und (2) wir sind dafür, eine Bürgerbefragung in dieser Gemeinde durchzuführen und setzen uns dafür ein. ——- Was ist jetzt daran verkehrt? Wo bitte, wird jemals der Bürger im Regen stehen gelassen?? Und welche Katze kauft man hier???

  24. Bei den Piraten darf, wie du, Meike, richtig erwähnst, jeder mitmachen. Es ist zwar zweifelhaft, dass die Piraten dadurch einen Gesellschaftsdurchschnitt darstellen, dennoch glaube ich, dass die Piratenpartei näher am Schnitt dran ist, als jede andere Partei. Unsere Gesellschaft hat Probleme, die in der Piratenpartei zum Vorschein kommen. Das finde ich gut. Probleme, die unter dem Radar bleiben, kann man nicht bekämpfen. Es erscheint mir unvorstellbar, dass sich in den beiden selbsternannten Volksparteien weniger Nazis tummeln. Die Linke wird davon vermutlich relativ verschont sein. Bei den Grünen wiederrum wimmelt es dafür nur so von Esoterikern.

    So zynisch die erste Presseerklärung der Piratenpartei auf den offenen Brief der JuPis erscheinen mag (“Jede Partei hat 10% Idioten”) – falsch wird diese Aussage dadurch, leider, nicht. Natürlich darf man sich damit nicht abfinden, wie es jene Pressemitteilung leider suggeriert. Andere Parteien haben sicher mehr Erfahrung in ihrer Öffentlichkeitsarbeit und kehren ihre Probleme souveräner unter den Teppich (obgleich es der ein oder andere Thilo doch immer wieder mal an die Oberfläche schafft). Mir graut es vor dem Tag, an dem die Piraten ebenfalls so souverän werden. Mir graut es vor dem Tag, an dem den JuPis der Erfolg der Partei so wichtig wird, dass sie darauf verzichten weiterhin auf Missstände hinzuweisen. Ich weiß gerne, wenn etwas falsch läuft, statt es ständig nur vermuten zu müssen.

    Die Piraten sind wie Open Source Software. Jeder kann mitmachen und jeder kann Schadcode einschläusen – Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Schadcode überlebt, ist jedoch relativ gering, da auch jeder andere ein Auge drauf werfen kann.

    Eine andere Analogie ist die Wikipedia, in der mutwillige Fehler binnen Sekunden revidiert werden.

    Bei den Piraten kann das ähnlich funktionieren (und das tut es auch). Allerdings mache ich die bedauerliche Beobachtung, dass immer mehr Menschen wie dir, Meike, das Vertrauen in dieses Prinzip fehlt. Weil es euch jetzt, wo es um Politik geht – also um RL und nicht um irgendwelche Software oder Lexikonartikel – zu heiß wird. Ich kann das zu 100% nachvollziehen. Ich verstehe, wieso man die Piraten nicht wählen möchte. Aber ich befürchte, dass die Piraten aus genau diesem Grund die Kurve eben nicht kriegen: Weil die richtigen Köpfe sich von der Partei distanzieren. Und das frustriert mich.

  25. “Doch von Anfang.
    Ich bin nicht sonderlich politisch interessiert, ich gehe in der Regel zur Landtags- und zur Bundestagswahl und informiere mich darüber hinaus lediglich über diejenigen politischen Themen, die mich interessieren.
    Ich wähle die SPD schon seit Jahren, weil mein Urgroßvater Johann, der Sozialdemokrat war, im Zweiten Weltkrieg den polnischen Zwangsarbeitern in seiner Fabrik Bütterken mitbrachte.”

    Ich denke exakt diese Einstellung ist das Problem in der heutigen Politik. Viele Menschen wählen Parteien aus einem Bauchgefühl heraus, eben weil es sich gut “anfühlt” und man einem weltverbesserischen Populismus auf den Leim geht, ohne darüber nachzudenken ob die jeweiligen Forderungen überhaupt in der Realität umsetzbar oder deren Auswirkungen tatsächlich nützlich und sinnvoll sind.

    Mir ist auch die Kinnlade runtergeschlagen, als ein Freund von mir erzählte, dass er die Linkspartei wähle, weil sein Großvater Kommunist war. Politische Einstellungen sind doch nichts was man einfach unreflektiert übernehmen sollte, nur weil jemand den man kennt und mag, diese Ansichten propagiert. Nur weil jemand vielleicht ein netter Mensch ist, heißt das doch nicht das seine Überzeugungen auch zwangsläufig richtig sein müssen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, die Fakten prüfen und in einen historischen Kontext stellen um zu seinem persönlichen Ergebis zu kommen.

  26. Danke,
    für diese sehr schönen Worte.
    Du beschreibst in großen Teilen meine Ansichten, die ich bis jetzt nicht in Worte fassen konnte.

    Zudem halte ich die Piraten für gefährlich.
    Jeder kann hier mitmachen, d.h. jeder ist zunächst willkommen.
    Die Basisdemokratie hört sich in der Theorie auch nobel an, aber ich befürchte, dass sich viele nicht an Entscheidungsfindungen beteiligen werden, und so wieder wenige Personen entscheiden werden, die wahrscheinlich eine ganz andere Denkweise und Ziele haben als man selbst ….

    Da kaufe ich nicht Katze im Sack, sondern wähle eine Partei, deren Grundprinzipien ich kenne und ruhig schlafen kann ohne die Angst, dass am nächsten Tag eine andere Meinung aufgrund der Mehrheitsbildung vertreten wird.

    Ich muss einer Partei vertrauen können und keine Angst vor einem sich ständig wandelndes Blatt haben, welche Meinung jetzt die Mehrheit der Parteimitglieder haben könnte ….

  27. Danke schön für diesen knackigen – und m.E. sehr treffenden Text.

    Und dann ein pauschales Riesen-Dankeschön für diesen Blog an sich. Durch den ich mich grade durchgefressen habe wie durch einen hyperspannenden 2000-Seiten-Roman.
    Bin an und für sich kein großer Blog-Fan, aber hier mache ich eine begeisterte Ausnahme und werde Dich sogleich fleißig weiterempfehlen.
    Hach, jetzt will ich mehr Input und bin doch schon durch…;)

  28. Transparenz hat Nachteile. Etwa denjenigen, dass jeder durch die gefühlten zigtausend Posts, Pads und Abstimmungsprozesse um wirklich extrem schwierige und komplexe Themen surfen kann, bis er das eine zitierenswerte Statement gefunden hat, das kurz und knackig seine vorgefasste Meinung bestätigt.

    Da sagt ein Pirat etwas Saudummes – oder es sagen 50 Piraten etwas Saudummes, oder ein saudummer Mensch wird Pirat, oder 50 saudumme Menschen werden Piraten – und weil die Partei offen agiert kann das jemand mitkriegen. Und das passiert dann auch, denn im Kampf um die nächste Wahl ist jedes Mittel recht.

    Gibt es bei den etablierten Großparteien keine saudumme Menschen? Fraglich. Wird am SPD-, CDU-, CSU-, Grünen-, Linken-Stammtisch kein einziger dummer Spruch gebracht? Dampf abgelassen, indem man etwas wirklich politisch Unkorrektes sagt? Nicht beweisbar, da nicht nachzulesen.

    Ich bezweifle, dass die Basismitglieder anderer Parteien dummheitssicher sind. Im übrigen bezweifele ich auch, dass das Ausmaß von Vetternwirtschaft, das bei den Piraten im Artikel oben zitiert wurde in anderen Parteien überhaupt aufgefallen wäre – hier also hat wenn nicht die Prävention, dann zumindest die Selbstkontrolle funktioniert.

    Vertrauen kann man den Piraten. Man kann ihnen vertrauen, dass sie mit harten Bandagen um tragfähige Mehrheiten ringen. Und darum, dass ein durch die gesamte vernetzte Partei getragenes “Hü” nicht einfach mal eben zum “Hott” wird, wie das etwa eine Merkel jederzeit gerne einmal tun kann und ja auch tut.

    Man kann auch den anderen Parteien vertrauen: Darauf, dass sie wohlformulierte Programme haben, deren Befolgung im Zweifel dann auch mal nachrangig zum Interesse des Machterhaltes ist.

    Die Menschheit will offenbar tatsächlich belogen werden. Schade, denn dazu sind die Piraten nicht bereit.

    Wähler, versaut das nicht. Lest die Informationen selber nach, an der Quelle, gerne auch in kritischen Medien, aber durchbrecht mal die gläserne Wand des sich immer im Kreis drehenden Vorurteils.

  29. Hallo Meike,

    ich gebe dir in vielen Kritikpunkten recht und finde es oft beschämend, was man aus Piratenkreisen so hört. Dabei ist mir aber sehr wichtig zu sagen, dass jeder deiner Kritikpunkte auf eine andere Minderheit abzielt. Ich verstehe, dass beim Schreiben eines solchen Textes Wut und Enttäuschung hochkochen, aber etwas weniger “Piraten sind so” wäre angebracht gewesen. So ist der überwiegende Teil nämlich eben gerade nicht.
    Ich persönlich ziehe mir keinen dieser Schuhe an und ich kenne persönlich auch keine Piraten, denen ich Rassismus, Sexismus oder den Hang zum Trollen vorwerfen könnte.

    Die Beispiele der jungen Piraten haben mir echt die Schuhe ausgezogen. Schade, dass du so einen negativen Eindruck von Nerds hast, ich empfinde meinen Nerd-Freundeskreis und meine Softwareentwickler-Kollegen eigentlich als eine extrem Sexismus-ferne Gruppe. Ich habe in der Vergangenheit jede Menge Sexismus erlebt (von Mobbing, blöden Anmachen und Sprüchen bis hin zu Witzen über Kinderbordelle). Aber noch nie von einem “klassischen Nerd” und noch nie von einem Piraten, den ich persönlich kenne.
    Bei den Piraten sind, soweit ich es mitbekommen habe, die Leute, die so ausfällig werden, meist eben keine Nerds sondern ganz klassische Machos, die gerne dominant und cool auftreten. Und ja, die gibt es auch bei den Piraten.

    Bei zumindest einem Rechtsausleger, der hin und wieder genannt wird, habe ich auch den Eindruck, dass das Problem eher der Alkohol ist, Harald Juhnke – Syndrom. Das entschuldigt die Aussagen nicht, erklärt aber, warum er gleichzeitig aktives Mitglied der Partei ist und dabei nicht negativ auffällt.

    Wir sind 26.000 Menschen, die 70% ihrer Kommunikation öffentlich machen. Auffällig werden nach meiner Schätzung weniger als 20 Piraten.
    Bitte urteile nicht wegen diesem Dreckigen Dutzends über Tausende.

    Natürlich haben wir Fehler gemacht, indem wir viel zu lange offen waren. Ich persönlich (seit Anfang 2009 bei den Piraten) dachte bis in Frühjahr 2010 auch, dass es nicht nötig wäre, sich gezielt gegen Rechte und Spinner abzugrenzen. Ich sehe einfach keine ideologische Kompatibilität zu ihnen. Und wenn ein rechter Spinner tagein, tagaus dabei zusehen muss, wie Piraten für ein Ausländerwahlrecht stimmen, sich international organisieren, Europa für eine tolle Idee halten usw., und immer allein dagegen stimmt, dann geht der doch von alleine! So habe ich jedenfalls gedacht, und den Masochismus der Nazis unterschätzt. Und nun würzen sie es halt mit Sadismus, und lassen uns für die Versäumnisse blechen, indem sie bei jeder Gelegenheit als Springteufel aus der Kiste hüpfen.

    Deine Kritik an der Basisdemokratie teile ich übrigens nicht. Wir haben die Mittel und Wege, um das durchzuziehen. Und letztlich ist es auch nur das, was uns von anderen Parteien unterscheidet. Hierarchien würden die “Führung” unweigerlich von der Basis und der Bevölkerung entfernen, weil Führungspersönlichkeiten prinzipbedingt in einer Filterblase leben. Zudem würde die Führung recht schnell durch dominante Persönlichkeiten besetzt, zum Beispiel von den genannten Machos. Die haben derzeit bei Vorstandswahlen keine Chance, und werden durch die Verweigerung von Macht demotiviert, aber wenn sich so ein Klüngel erstmal etabliert hätte…

    Robert

    • Zum Thema Basisdemokratie verweise ich Dich auch nochmal direkt an den Link aus meinem Update: Dein Mit-Pirat Florian Meier hat viele kluge Beobachtungen dazu aufgeschrieben wie ich finde.
      Und ansonsten? Man muss eine Partei auf ein Grundrauschen reduzieren können, ohne dass 25.000 Mitglieder sich angegriffen fühlen. Sicher habe ich nicht den Einblick in die Partei wie Mitglieder, ich erfahre die Dinge meistens aus den Medien, aber daraus abzuleiten, dass “das alles nicht repräsentativ” sei, funktioniert nicht.
      Entschuldigung, aber ich kann als potentieller Wähler nicht 25.000 Mitglieder einzeln berücksichtigen, weil ja jeder seine eigene Meinung hat (s. Aussage des Piraten in einem der oberen Kommentare). Das ist lebensfern und weltfremd.

      • Das ist das, was mich derzeit an den Piraten am meisten stört. Das fehlende Hintergrundrauschen. Man könnte es auch die Ablehnung von Sippenhaft nennen. Oder auch: Die konsequente Weigerung, für die anderen in der Partei einzustehen.

        Egal was man anspricht: Es sind immer nur bedauerliche Einzelfälle. Ein Pirat, auch wenn er noch so hoch in der nichtexistenzen Hierarchie steht, vertritt immer nur eine unbedeutende Privatmeinung unter 24.999 anderen. Das sei soo irrelevant, dafür könne man doch nicht “die Piraten” verantwortlich machen. Auch auf Pressemitteilungen der Piratenpartei darf man sich nicht verlassen, denn auch da fehlt die Legitimation.
        Da rastet eine Fraktionsvorsitzende (!) in einem Bezirksparlament aus und bepöbelt statt der angesetzten Haushaltsdebatte einfach mal so sehr das Parlament generell als Hort der Korruption, dass sogar Piratenfraktionäre den Saal verlassen. Aaaber: Privatmeinung.

        Bindend sei allenfalls ein offizieller Parteitagsbeschluss, aber auch die kann man ja beim nächsten Mal ändern.

        Und davon gibts nur eine Ausnahme. Sagt man, die Piraten hätten ja keine Inhalte. Dann, und nur dann kommen die vielen, vielen, unbedeutenden Privatmeinungen als Beleg hervor.

        Und so gehts einfach nicht.

  30. Viel Wahres ist dabei. Doch, werte Dame, eines habt Ihr übersehen: die uralte Weißheit, daß vielleicht 10% der Leute 90% des Ärgers machen. Der wesentliche Unterschied dabei ist, bei uns Piraten (ich bin seit 2009 offiziell dabei) werden die 10% “pubertären Trolle” nicht mundtot gemacht. Wer eine echte Demokratie will, muß damit leben, daß auch die Deppen, “die zu blöd für den Hauptschulabschluß waren” (vgl. Volker Pispers) mitreden dürfen.

    Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die Politik nur von undogmatischen Fachleuten betrieben würde. Doch so funktioniert unsere Gesellschaft leider nicht.

    Was ich – gerade heute wieder einmmal – versuche in die piratige Diskussion UND den allgemeinen Sprachgebrauch zu bringen, ist die Verlogenheit abzuschaffen, die allein schon unsere Gesetze haben.

    Da redet man über ein Urheberrechtsgesetz. Das ist – ich bitte die Ausdrucksweise zu entschuldigen – gequirlte Kacke! Es GIBT KEIN URHEBERRECHT! Die Urheberschaft ist niemmals übertragbar, veräußerbar oder veränderbar. Worüber wir eigentlich reden wollen, ist das Verwerterrecht. Das Recht Kopien anzufertigen und diese gegen Entgeld zu verbreiten.

    Da redet man von Ausländerpolitik. Man redet aber über Deutsche, die einen deutschen Ausweis besitzen, aber vor ein bis zwei Generationen noch im Gebiet der ehemaligen UDSSR lebten. Man redet über Gastarbeiter, die sich für uns – ich bitte abermals um Entschuldigung – den Arsch aufgerissen haben und deren Kinder von Deppen mit tiefbrauner Gesinnung angespuckt werden. Wen wundert es, wenn diese Menschen lieber unter sich bleiben?

    Ich möchte lieber über Integrationspolitik sprechen. Ich will über Partizipationspolitik diskutieren. Ich will etwas zu einer Geschlechts- und Herkunftsfreien Welt beitragen.

    Ich habe erlebt, wie ich als einfacher Pirat an der Basis etwas erreichen konnte. Und ich will weiter dafür kämpfen, solange mir meine Gesundheit und meine Arbeit, vor allem aber meine Familie Zeit hierfür lassen. Denn leider bin ich nicht mehr ganz so jung wie andere Piraten.

    Mit freundlichen Grüßen und meinen besten Wünschen für Ihre Familie und Sie selbst

    Martin Freiherr von Ketteler
    Dr. h.c. of holistic science MLDC / USA

  31. Du zitierst da einiges, was eine Schamlosigkeit zeigt, die fassungslos macht. Und dann das Wort “Gesellschaftstauglichkeit”. Dass ist doch paradox, dass diese nach allen Seiten offene Gruppierung, in der die Gesellschaft wie in keiner anderen Partei frei zur Geltung kommen soll, auf einmal vor der Frage steht, ob sie gesellschaftstauglich sei. Der Begriff kommt zwar aus dem Inventar des bürgerlichen Dünkels, etwas Besseres zu sein. Aber du meinst ihn hier offenkundig anders. Und reißt mit diesem einen Wort das Dilemma einer Partei auf, die keine Partei sein will – entweder sie wird wenigstens in Bezug auf bestimmte grundsätzliche Positionen eine Partei oder sie fällt in die “Nicht-Gesellschaftsfähigkeit” (Unwählbarkeit) zurück. In der Demokratie sind Umgangsformen durchaus nicht nebensächlich – Respekt ist die Grundlage jedes politisch halbwegs vernünftigen Gesprächs und jeder Debatte.

  32. …möchte gar nicht wissen, was bei der gründung der spd alles schief gelaufen ist. nur hatten die das glück dass es das internet noch nicht gab. twitter und facebook sowieso nicht. da konnte nicht jede trulla ihren senf abgehen.

    • Und nicht jeder Scheinriese sich hinter Anonymität verstecken. Vielleicht war früher doch alles besser.

  33. Hi Maike, meine Frau, Piratin, hat mir diesen Beitrag gezeigt. Ich kann Dir versichern, dass alle Mädchen und Frauen in meinem Verband sehr zufrieden sind und auf die Worte wie “Quote” oder “Gender” mir an die Gurgel springen. Also beuge ich mich der Frau – sie hat wie überall sonst so oft auch – bei den PIRATEN die Oberhand.

    LG
    stephan

    • Ich wusste nicht, dass es bei Emanzipation darum geht, als Frau die Oberhand zu haben.
      Ich dachte immer, es geht um Respekt. Und den scheinen die Jungen Piraten zu vermissen. Ich auch.

  34. […] Meike Lobo hat einen offenen Brief an die Piraten geschrieben und darin alle Punkte benannt, die auch mir aufstoßen. […]

  35. Meike, es hindert dich keiner weiter die sarrazin-Partei zu wählen. Auch das ist demokratie.

    • “es hindert dich keiner daran weiterhin die Sarrazin Partei zu wählen.”
      Wie brüllen es die Piraten es doch immer?
      “Ein Einzellfall” – auch Sarrazin ist nur einer und nicht einmal ein Funktionsträger.
      Ach und der spezielle “Einzelfall” der Piraten verursacht in mir einen noch schlimmeren Brechreiz als Sarrazin.

      • “Wie brüllen es die Piraten es doch immer?
        “Ein Einzellfall” – auch Sarrazin ist nur einer und nicht einmal ein Funktionsträger.”

        Ich kann mich ja irren, aber ich glaube bis jetzt stand noch keinem Piraten der SPIEGEL und die BILD zur Verfügung, um rechtsextremes, rassistisches Gedankengut zu verbreiten. Aber du hast recht – Sarrazin ein Einzelfall (genau so wie BigBrother-Schilly und Gazprom-Schröder).

  36. Danke für diesen Beitrag, liebe Meike. Und über die teilweisen respektlosen (Respekt ist für viele heute ein Unwort) Kommentare kann ich mich nur wundern. Du schreibst teile Meinung mit, klar und nachvollziehbar. Bedauerlich, dass die kritischen Stimmen sich oft nur polemisch äußern. Aber so ist es halt … in einer Demokratie.

    Liebe Grüße
    von Renate

    P. S.: Werde auf dein Blog verlinken.

    • Danke für Lob und Verlinkung, aber eigentlich finde ich die Diskussion, die hier geführt wird, bisher ziemlich toll.
      Bei dem Thema war ganz und gar nicht sicher, in welche Richtung sich Auseinandersetzungen entwickeln würden, aber ich bin ganz umgerührt von dem Umstand, wie respektvoll und sachlich hier überwiegend geschrieben wird, und freue mich sehr.

  37. Hallo Meike. :)

    Superschicker Eintrag.
    Selten etwas so ausführliches, pikantes und oft passendes gelesen, wie das.

    Ich bin Pirat, versuche im Bezirk Mittelfranken mein möglichstes, um die Partei voranzutreiben und sage klar: ja! Ganz viel von dem, was du kritisierst ist absolut wahr!

    Zum Wesentlichen:

    1. Absolut korrekt, es wirkt skurril, beinahe peinlich was die Piraten da für öffentliche Schlammschlachten austragen. Da wird getrollt, geflamed und in den höchsten Tönen diskreditiert. Ich frage dich: Warst du jemals auf einem Parteitag der CDU/SPD/Grünen/FDP?

    Ich versichere dir, da geht es nicht anders zu. Es geht in einer anderen Sprache vor sich, in deutlich weniger öffentlichem Ausmaß und mit weit weniger Medienpräsenz einher. Logisch. Da streiten sich die Damen und Herren aber nicht mehr um ihre Büros, sie streiten sich auch nicht mehr darum, wer denn nun die Nase in den bayerischen Rundfunk halten darf. Denn da ist das seit Jahren klar. Und du hast völlig recht – es liegt an der Hierarchie.

    Aber wäre es dann nicht einfach mal an der Zeit zu hinterfragen, ob das zum Stil gehört, der sich künftig etablieren soll? Ist es nicht vielleicht auch einfach so, dass du Angst vor dieser Veränderung hast, weil dir die bisherig verwurzelten Parteien etwas anders suggeriert haben? Absolute Sicherheit, eine Antwort auf jede Frage, einen stets sachlichen Umgangston und keine öffentlichen Schlammschlachten?

    Ich kann durchaus nachempfinden, dass es so ist und will dir keine Naivität oder politisch antiquierte Meinung attestieren, wohl aber darum bitten, auch diese Punkte in dein Urteil mit einfließen zu lassen und objektiv zu prüfen, ob sie ihren Teil zu deiner Meinung beitragen konnten.

    2. Die Unreife müssen wir uns eingestehen, ganz sicher. Ich kann weder irgendwelche Hacks, Tricks oder Kniffe gut finden, die andere in irgendeiner Form beschneiden. Aber sei mal ehrlich: Dass uns die CDU in Ratingen die Domains vor der Nase wegkauft ist erwachsen? Letztlich ist es so, dass man den Piraten häufig etwas zum Vorwurf macht, was ganz und gar nicht unüblich ist. Aber bei uns ist es besonders einfach und offenbar angezeigt, ebendies zu kritisieren. Ich bin dennoch bei dir, wenn du sagst, dass diese “Zwölfjährigkeit” albern ist, ja. Da sollte sich dann auch tatsächlich jeder in unseren Reihen an die eigene Nase fassen. Und auf der anderen Seite sollte man vielleicht Verständnis dafür aufbringen, dass man den Damen und Herren, die sich selbst eine Gewisse Kenntnis in Netzfragen attestieren wollen, hier eines Besseren belehrt. Dennoch: Eine Entschuldigung ist das nicht, eher der Versuch es nachzuvollziehen.

    3. Ja! Es sollte jeder tun und lassen dürfen, was er tun will. Das Ganze ist aber, und so steht es doch auch in den Stellungnahmen dazu, natürlich nicht grenzenlos. Wir dürfen auf keinen Fall die Augen davor verschließen, dass wir in den eigenen reihen Leute haben, die von Demokratie nichts halten und unseren Erfolg als Trittbrett für die eigene Sache nutzen. Aber ich möchte es dir dann auch aus der Sicht eines Piraten sagen: Ich dulde keine Rechten. Weder in der Partei, noch außerhalb! Und gerade DANN ist es doch wichtig, dass es mehr und mehr Piraten gibt, die eine interne Revision bilden. Je weiter die Vernetzung, desto einfach der Ausschluss dieser Mitglieder. Und bei der mittlerweile erreichten Mitgliederzahl muss man einfach auch die Relation sehen. Du hast auch hier recht: Es darf auf keinen Fall passieren, dass man das klein redet, das Gegenteil will ich! Wir haben ein Problem mit Nazis, ein Problem mit Homophobie und ein Problem mit Intoleranz. Und an dem müssen wir dringend arbeiten. Ich kann dir zumindest für den Bezirk Mittelfranken in Bayern versichern: Das tun wir, so gut wir können. Und überall dort, wo es nicht getan wird, sollte seitens der Landesverbände durchgegriffen werden, was auch Schiedgerichtsurteile wie die von dir zitierten umso skurriler wirken lässt.

    4. Dann sprichst du dich klar für ein Delegiertensystem aus. Und dem, und das ist dann das erste Mal in deinem Beitrag, widersetze ich mich massiv. Wenn ich eine Meinung habe, hat sie einen Wert. Punkt. Und es ist ein Unding zu glauben, dass jemand, nur weil er gewählt wurde, die Meinung von tausenden Menschen vertreten kann. Er kann sie repräsentieren und umsetzen, kann forcieren dass sie ausgearbeitet wird. Ich wehre mich aber mit Händen und Füßen dagegen, dass man nur aufgrund der Tatsache, dass wir zu nicht allen Themen eine ausgearbeitete Meinung haben, ein Delegiertensystem einführen sollte. Du hast schon recht, es gibt Themen, die einer deutlich schnelleren Handlung erfordern. Du exemplifizierst den Tsunami in Japan: Wie kannst du das tun? Weder waren die Piraten da so in die Politik involviert wie jetzt, noch hatten sie Handlungsspielraum wie finanzielle Unterstützung. Insofern kannst du gar nicht beurteilen, wie wir in einer solchen Extremsituation handeln würden. Zum Thema Finanzkrise: Richtig. Wir brauchen da viele kluge Köpfe die sich reflektiert mit dem Thema beschäftigen. Warum sollten wir aber jetzt auf die Schnell etwas verabschieden, das in keiner Weise zielführend ist? Um vom Regen in die Traufe zu kommen? Sicher nicht!

    5. Ja. JA! JAAA! Absolut! Und ich gehe sogar weiter: Ich finde diese Genderscheisse genauso abartig wie den ganzen Nazimist und will das nicht hören. Auch hier: Weder in der Partei, noch außerhalb. Aber es findet statt. Und wir müssen alle daran arbeiten, dass das endlich ein Ende hat. Unser Gesamtvorstand in Mittelfranken besteht etwa zu 20% aus Frauen. Ich bin der Meinung, dass das viel zu wenige sind. Ich bin aber auch der Meinung, dass sich Probleme wie diese auch nur dann lösen lassen, wenn sich Frauen an der Politik beteiligen – und das nicht nur in einem Blog. Deswegen muss der Aufruf lauten: Frauen, macht mit, Männer, lasst mitmachen! Es gibt keinen einzigen Grund (!) warum eine Frau weniger wichtig wäre als ein Mann. Aber stell dir mal eine Frage:
    Warum wird unsere Frau Marina Weisband in den Presseinterviews nach ihren Dates gefragt? Warum interessiert man sich für ihren Freund? Ist das ein Problem der Partei allein, oder ein Problem der Gesellschaft, das eben immer noch nicht vom Tisch ist? Ist es so, dass Frauen gleichberechtigt sind? Fucking nein! Und das ist widerlich. Und dagegen müssen wir etwas tun. Aber das ist ein Problem, das (z.B) ich als Mann nicht lösen kann – zumindest nicht alleine. Dazu bedarf es Frauen die sich ebenso verhalten wie Frau Weisbnad und klar sagen: “Freunde, das geht euch nichts an! Sprecht mit mit über politischen Inhalt, der Rest geht euch einen Scheiss an.”

    Ich hoffe, dass ich wenigstens ein paar Missstände “heller” machen konnte. Und ich hoffe, dass du unsere Partei weiter kritisch begleitest, nur mit der Kritik werden wir wachsen und nur durch die Kritik haben wir die Möglichkeit das umzusetzen, was wir uns so groß auf unsere Banner schreiben: Jeden mitnehmen, alle hören, das Beste tun, um es möglichst gut zu machen.

    Ich will aber auch dafür werben sich aktiv zu beteiligen. Dazu ist noch nicht mal die Mitgliedschaft nötig. Es reicht in ganz vielen Fällen aus, Mailinglisten oder Twitter Accounts zu abonnieren und im richtigen Augenblick zu sagen: “Bis hier hin und nicht weiter”. Es ist aber auch wichtig zu sagen: “Ja! Bis hier hin und noch viel weiter”. Wir brauchen Feedback. Davon viel, das objektiv, und das dauerhaft. Nur dann kann aus etwas, das du insgeheim schon als “versaut” siehst, etwas werden.

    Ich für meinen Teil sehe noch immer riesiges Potential in unseren Reihen, das wir nur ordnen und bündeln müssen. Wenn wir das schaffen, haben wir einen Politikstil, der uns alle weiter bringt.

    Alles Gute.

    Pinny

  38. Feministinnen Terror oder was is hier trumpf?
    Ich denke kaum, dass die Äußerung, “eine Frau müsse mal richtig durchgefickt werden”, die Meinung aller Piraten wieder spiegelt.. Aber wenn man sich ma grad so schön in Rage geschrieben hat, findet man immer noch was um seine Meinung zu untermauern.
    Ich wähle übrigens nicht die Piraten.

  39. Deutschlands Retter? » Piraten, Talkshows, Zuckerberg, Politiker, Jahren, Parteien » sagt:

    […] die Piraten eine enstzunehmende Alternative sind – ich kann es nicht beurteilen. Aber hier habe ich einen wunderbaren Brief von Meike an die jungen “Wilden” entdeckt. Und ich […]

  40. so ähnlich wie im blog beschrieben
    habe ich auch mal über die piraten gedacht. inzwischen aber meine meinung geändert.
    ich halte das erneute aufflackern eines gesteigerten interesses an echter demokratie in immer grösseren teilen der bevölkerung für so bemerkenswert und erfreulich, dass ich bei nächster gelegenheit auf jeden fall die piraten wählen werde. in der hoffnung das der durch sie vertretene und sich findende kulturimpuls irgendwie zur grundsätzlichen verbesserung der situation im allgemeinen und damit auch rückwirkend aufs spezielle, zb ein bg für mich, beitragen möge. und zwar dallich!

  41. Was gesagt werden musste, wurde gesagt… An Kritik kann und sollte man wachsen um sich zu entwickeln. Sich selbst einzugestehen das man noch einen weiten Weg zu einer Regierungspartei hat, fällt den Piraten besonders schwer. Leider ..

  42. Hallo Meike,
    ich habe deinen Artikel mit Interesse gelesen und auch fast alle Kommentare. Es zeigt sich auch hier, dass mit der zeit der Zusatzwert immer geringer wird, denn neue Impulse werden immer seltener. Was aber auch ganz klar bei den Antworten hier auffällt: Auch offensichtlich politisch nicht Richtung Piraten orientierte Menschen vergreifen sich im Netz im Ton, schreiben saudumme Sachen oder bezeugen mit ihren Statements politische Inkompetenz. Das Netz ist somit in vielen Punkten, wie der Dorfstammtisch, an dem noch heute viele Basisverbände der “etablierten” Parteien anfangen. Welche Sprüche dort geklopft werden, ohne dass sich der Ortsvorstand davon distanziert, sie öffentlich macht oder wenigstens nicht mitlacht, das hat man entweder selbst schon erlebt, oder man kann es sich als sehr wahrscheinlich vorstellen. Diese Saubermänner lachen sich ins Fäustchen, wenn sie lesen, dass jemand – unabhängig vom Parteiprogram – eine Partei aus solchen Gründen für nicht wählbar hält. Ich fürchte sogar, dass die Zahl der Idioten und sogar der “menschenverachtenden Subjekte” in anderen Parteien (von der Spitzer bis zur Basis in der Kneipe) nicht geringer ist. Trotzdem finde ich die Ermahnung in Richtung der Piratenpartei wichtig.
    Schön wäre es, wenn solche Ermahnungen auch an die anderen Parteien gingen und auch dort mehr Leute die Finger in die Wunden legen würden, die es unübersehbar gibt. Diese Parteien sind für mich nähmlich aus anderen Gründen auch nicht wählbar. Doch das ist ein anderes Thema.

  43. jetzt seid doch bitte nicht so streng mit Meike! Mit ihrer Sicht auf die Dinge will sie lediglich darauf aufmerksam machen, dass einige Sachen bei den Piraten gerade nicht so laufen.
    Dass die Oeffentlichkeit und die damit einhergehenden Medien eben kein positives Bild von den Piraten vermittelt bekommen.
    Sie schreibt doch aber klar und deutlich, dass sie sich einen Politikwechsel wuenscht (wie wir alle!) und will lediglich darauf aufmerksam machen, dass die Piraten bei der Bevoelkerung nicht auf das Masss einer Protestpartei reduziert werden bzw das Image einer (Rechts) radikal unterwanderten und frauenfeindlichen Partei verpasst bekommen sollen. Denn genau, dass versuchen die “linientreuen” Medien. Nein, man muss es nicht allen recht machen, aber man muss ja auch nicht jedes Fettnaepfchen mitnehmen, das da rumsteht.
    Die Gruenen haben diese Erfahrung bereits Anfang der 80iger gemacht und die Piraten werden diese ebenfalls machen.
    Und ja, es wird auch bei den Piraten ein Selbstreinigungsprozess stattfinden. Und Meike hat doch mit ihrem Artikel erreicht was sie wollte, Dinge ansprechen, die eben gerade nicht sooo toll laufen
    und die geaendert werden muessen.

  44. Hallo Meike, hallo Mitkommentatoren,

    wow, dieser Thread ist echt eine Freude zu lesen. Endlich wird mal wieder wo sachlich und ohne gegenseitiges Fertigmachen, Rechthaberei oder rhetorisch verpackte Gemeinheiten geschrieben. Danke dafür!
    Eigentlich wurde auch schon alles geschrieben. Ich empfinde ähnlich wie Dominik Kegel und Martin Ketteler .

    Nur eines möchte ich ergänzen, was noch nicht so gesagt wurde:
    Die Piraten – wer sind die denn eigentlich wirklich? Ich hab oft den Eindruck, dass fast schon jeder, der nur ein Twitteraccount hat, als Pirat gesehen wird. Und damit auch jeder Tweet der schräg oder einfach nur bekloppt ist. Und dann heisst es wieder, die Piraten hätten da solche Typen (aber auch solche Frauen) bei sich.
    Dies ist aber selbstverständlich nicht so.
    Wenn ich an die Stammtische denke oder wenn ich mit den Menschen direkt zu tun hab, muss ich sagen, daß man es bei den “echten Piraten” viel eher mit Leuten zu tun hat, die was bewegen wollen. Die eine bessere Welt wollen. Die irgendwo doch noch Hoffnungen haben trotz aller Zynik und allen Hass. Und das wollen die nicht für sich.
    Es gibt natürlich auch da Leute mit denen man sich nicht versteht; Das ist natürlich und es wäre auch komisch wenn dem nicht so wäre. Aber duch diese allen gemeinsame Hoffnung und Freude, jetzt etwas bewegen zu können -und sei es nur indem man den Altparteien Angst macht und sie so wieder zurück in die richtige Richtung treibt- hat man eine gemeiname Basis.

    “Hier” im Internet jedoch und insbesondere in Twitter, sind ganz andere Verhältnisse. Da sind erstmal auch ganz viele andere Leute. Ich glaub nicht, daß der Anteil der Piratenanhänger im Twitter wirklich viel größer ist als die positivste Prognose von einem Meinungsforschungsinstitut.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Bitte macht nicht den Fehler, alle möglichen politisch motivierten Tweets den Piraten zuzuordnen.

    Ah, noch was:
    Die Piratenpartei ist zwar wie oben gesagt wirklich sehr sehr offen.
    So kann beispielsweise jeder Mensch, auch du, ja sogar selbst CSU-Mitglieder könnten das, Anträge für bspw. den Bundesparteitag stellen. (Es gab ja schon einige obskure Anträge, die auch medial entdeckt wurden und dann gleich ausgeschlachtet wurden – “Hey schaut her, was sind das für Leute bei denen solche Anträge erörter werden, die spinnen doch total!”). Der Haken ist: Jeder kann zwar einen Antrag stellen. Aber abstimmen können nur echte Mitglieder.
    Und das finde ich was wunderbares. Die Piraten erlauben es Parteifremden, Vorschläge zu machen.
    Die dann auch zur Abstimmung kommen können.
    Aber ob es durchgeht, ist eben eine andere Frage.
    Und genau da, bei der Abstimmung wird sich dann zeigen, wesen Wesen die Parteimitglieder wirklich sind.

    Ciao,
    Wolfgang

  45. Meiner bescheidenen, ungefragten Meinung nach, hat hier die Verfasserin des Briefes ein Statement in Richtung Piratenpartei gegeben, welches sicherlich in Teilen auf einzelne Vertreter zutreffen mag. Und Sie hat auch sicherlich Recht damit. Darüberhinaus sollte man auch bedenken, dass die Ausführungen, im Gegensatz zu manch anderen Statements, in einer durchaus zivilisierten. höflichen und erfrischenden Art und Weise dargestellt sind. Ich bin zwar kein Pirat, auch wenn ich gern einer wäre, aber beim Lesen der Lektüre wurde mir eines klar: Die Pratenpartei sollte mehr solcher Mitglieder haben, und die Führungsriege selbiger, sollte sich zumindest Gedanken darüber machen. Aber auch ein anderer Punkt ist klar: Dass die Piraten einen Lernprozess durchmachen müssen, liegt in der Natur der Sache. Es ist noch nie ein Meister vom Himmel gefallen und ich finde, dass auch die Piraten die Chance dazu haben sollten. Und so wie im echten Leben, wird auch hier dieser Lernprozess, mit der Zeit, die Spreu vom Weizen trennen. Ich für meinen Teil, wünsche den Piraten jeden erdenklichen Erfolg.

  46. Danke, Meike. Einer der besten Beiträge, die ich in der letzten Zeit zu den Piraten gelesen habe. Ich stimme Deinen Gründen uneingeschränkt zu. Eines ist für mich als gläubiger und christlich erzogener Mensch untragbar: Das Bashing von Christen, siehe Tanzverbot an Karfreitag. Was ich da gelesen habe, auch von Piratenanhängern, hat beim besten Willen nichts mehr mit Respekt vor Andersgläubigen zu tun.

    Ich beobachte ebenso seit 2009 sehr genau, was die Piraten machen. In letzter Zeit habe ich aber auch vermehrt den Eindruck, dass Sexisten, Rassisten und Esoterikern eine Plattform in der Partei gegeben wird, die sonst nirgends zu finden ist.

    Wenn die Partei mal erwachsen sein sollte, wenn klar Stellung zu Themen wie Gesundheitspolitik, Sozialpolitik, Wirtschafts- und Umweltpolitik bezogen wird, dann werde ich darüber nachdenken ob sie wählbar sind. Aber es ist unmöglich für mich, selbst als Nerd / Coder usw. so eine Partei zu wählen.

    Netzpolitische Themen sind wichtig, keine Frage. Aber was nützt das, wenn dafür die Wirtschaft bergab geht? Wenn es den Menschen immer schlechter geht, wir weiter von Großkonzernen verarscht werden? Da bringt mir so etwas wenig.

    In meinen Augen verhält sich die Öffentlichkeitsarbeit momentan wie ein Kindergarten. Bashing hier, Trolle da, blödes rumgeflame. Sowas will ich von einer ernstzunehmenden Partei nicht lesen.

    Danke, Meike.

  47. Ich kanns nur unterschreiben. Leider. Ich bin nach wie vor von den Grundideen der Piraten sehr überzeugt, aber die – ich nenns mal Tagesarbeit – lässt doch sehr zu wünschen übrig. Es fehlen organische Anpassungsprozesse an die neue Wichtigkeit, es fehlen Inhalte und professionelle Strukturen. Meine Erfahrungen sind zwar von der Geschichte her anders, im Ergebnis kommt es ach Dasselbe raus. Wer’s nachlesen mag: http://reyamm.com/2012/04/piraten-rauben-letzten-nerv/

  48. […] fraumeike.de: Briefpost an die Piratenpartei Und ich hoffe inständig, dass Deutschland rechtzeitig merkt, dass Ihr Euch zwar 1A mit Internet und so auskennt, Euch ansonsten aber noch ein, zwei Dekaden zu der inneren Reife und Ernsthaftigkeit fehlen, die ich mir von einer Regierungspartei wünsche. […]

  49. Ich mach´s so wie du mit der SPD und Urgroßvater Johann: Ich wähle die Piraten, weil ich Johnny Depp gut finde. Ist doch ok, oder?

  50. Das Argument “Bei den anderen geht’s auch so zu, da ist es nur nicht so öffentlich” greift zu kurz, denn genau die Öffentlichkeit ist der entscheidende Punkt, der schmale Grat, an dem sich unterscheidet, ob ein Verhalten tolerierbar ist oder nicht.

    Am Stammtisch und im heimischen Hobbykeller kann jeder fröhlich und mit Hingabe seine Unreife zelebrieren, aber auf einem öffentlichen Parkett hat das nichts zu suchen.

    Ich muss Euch, liebe Piraten, die Ihr derzeit fröhlich die Landesregierungen stürmt, jetzt nämlich etwas Schlimmes sagen: “regieren” kommt vom lateinischen “regere” und bedeutet “führen, lenken, leiten”.
    Da steckt – oh contraire! – die Hierarchie praktisch schon drin.
    Das bedeutet, dass Euch mit jeder Wahl automatisch Führungsverantwortung zukommt, da könnt Ihr Hierarchien ablehnen, bis Ihr braun schwarz werdet. Ob da am Ende einer von Euch für alle spricht oder alle 25.000 nur für sich selbst, ist erstmal nebensächlich; ich erwarte einfach, dass sich der Eine (oder die 25.000) wie ein erwachsener, zivilisierter Mensch aufführt.

    Eine Partei sollte – zumindest nach meiner antiquierten Vorstellung – Vorbildcharakter haben, so ähnlich wie Polizisten und Lehrer.
    Parteimitglieder und -abgeordnete, die sich wie in einem Kindergarten aufführen, sind keine Vorbilder.
    Außer für Kindergartenkinder vielleicht, und selbst da erscheint es mir fraglich.

    • Meiner Meinung verkennen diese Texte die Realität.

      Wenn du dich fragst: Wofür stehen die Piraten? Schau ins Programm!

      Auch wenn es genügend Idioten gibt, zählt, was am Ende die Partei mehrheitlich wählt. PUNKT.

      Warum es so schwer ist, diesen einfachen Sachverhalt nicht zu akzeptieren, ist mir schleierhaft.

      Befreit euch davon Meinungen einzelner auf die ganze Partei zu projizieren.

      Was mir noch aufgefallen ist: die Geschichte mit der Vetternwirtschaft passt nun wirklich nicht in diesen Text, oder ich hab dich einfach falsch verstanden.

      Sie hat einen Fehler gemacht (Sie ist jung und du gönnst Menschen angeblich Fehler) und zügig diesen Fehler bereinigt.

      In wiefern ist sie mit ihrem Fehler nun falsch umgegangen – und genau das ist es ja, was dir wichtig ist…wie Parteien mit Fehlern umgehen?

      Ich vermute viele kognitive Dissonanzen.

    • Super Blogpost, es ist sehr wichtig, dass diese Debatte geführt wird, und IMO auch wichtig, dass jemand, der sich dagegen entscheidet, uns zu wählen, uns auch fundiert mitteilt, warum das so ist.

      Letztendlich ist es aber so, dass dir Basisdemokratie nicht so wichtig ist wie Kommunikationsstil und Vorbildcharachter. Das scheint bei der Mehrheit der Piraten, und der Piratenwähler jedoch nicht der Fall zu sein, von da her ist es unwahrscheinlich, dass es sich ändert. Davon hängt anscheinend ab, ob du uns deine Stimme gibst. Dennoch musst du uns zugestehen, dass wir soweit Erfolg haben, es also Wähler gibt, denen Basisdemokratie wichtiger ist als der Vorbildcharacter. Aus deinen eigenen Kriterien abzuleiten, dass das auch für einen Großteil der Piratenwähler zutrifft und in folgedessen unseren Untergang zu prophezeien, finde ich jedoch leicht vermessen.

      Anders ausgedrückt. Mir sind die Vorteile von Basisdemokratie wichtiger als der Kommunikationsstil, der einfach mit dem Internet zu tun hat. Ein Piratenmitglied, das auf der Mailingliste etwas dummes schreibt, macht nichts anderes als ein Normalbürger, der etwas dummes im heise- oder SPON Forum schreibt. Das hat mit der Parteilinie eigentlich nichts zu tun, egal ob die Medien aus der Mailingliste zitieren oder nicht.

      Die Extremisten- und Sexismusprobleme werden sich legen, da bin ich mir sicher. Ich stimme dir insofern zu, dass die Vorstände, die Mitglieder und das Schiedsgericht da noch lernen müssen, glaube aber zeitgleich an einen Selbstreinigungsprozess, der noch etwas dauern wird, aber sicherlich stattfindet.

      Wenn uns das für dich dann unwählbar macht, so be it. Ich bin zuversichtlich, dass eine Basispolitische Partei möglich und auch wünschenswert ist.

  51. Ich kann die Kritik nur in Ansätzen nachvollziehen.
    Es sind alles Einzelfälle – und das sieht bei den Altparteien kein Stück anders aus, nur dass es nicht sichtbar wird, weil diese nicht schriftlich kommunizieren.
    Das ist der Denkfehler 1.
    Denkfehler 2 ist, dass auch für Idioten Meinungsfreiheit besteht und auch für Idioten Diskriminierungsverbote gelten.
    Ich sag´s nur zu Dokumentationszwecken. Das da vieles vielen nicht gefällt, auch mir nicht, sollte auf einem anderen Blatt stehen.
    Dann schreibt man aber: Diese fünf Verhaltensweisen gefallen mir nicht.
    Ob nämlich zu verallgemeinern ist oder nicht – das ist hier die Frage.
    Das fatale an der Argumentation hier, die anhand einer Hand voll Einzelbeispiele auf etwas Allgemeines schliesst ist, dass sie sich des selben Musters bedient wie diejenigen, die sie angreift.

    • Sowohl zu dem Argument “Die anderen haben aber auch, man sieht es nur nicht” als auch zu dem Terminus “Idiot” als auch der Forderung, doch bitte nicht zu verallgmeinern, habe ich direkt über Dir und etwas weiter oben etwas geschrieben.

  52. Meike, alles gesagt, alles bestens auf den Punkt gebracht. Da kann noch so getönt werden, alles richtig.

  53. Heute in der Saarbrücker Zeitung: “Das Piratenparteimitglied Bobo Thiesen kann trotz umstrittener Äußerungen zur Nazi-Zeit in der Partei bleiben.” Ja, wenn man die “alten” Definitionen von rechts und links aufweichen will, dann passiert sowas. Wohlwissend, dass die Piraten natürlich mehrheitlich nichts mit Faschisten am Hut haben, so sind derartige Karzinome am Parteikörper nicht sonderlich gesundheitsförderlich und für mich einfach nur unfassbar.

    • Er darf vorerst bleiben weil sie sonst einen Rechtsgrundsatz unseres Rechtsstaates hätten missachten müssen. “für eine Delikt wird man nur einmal bestraft” .. da er schon eine Verwarnung bekommen hatte konnte man nicht einfach die Strafe rauf setzen.

  54. […] noch Durchblicken?!? Die Nachrichten in den letzten Tagen sind voll mit den Themen: Breivik, den Piraten, Syrien, mal wieder irgend welche Milliardenhilfen, der Führungsdiskussion in der LINKEN, […]

  55. Die Beispiele für schnelle Entscheidungsgewalt durch Politiker sind schlecht gewählt.

    Fukushima und der Atomausstieg waren alles andere als großartige Leistungen.. das Thema wurde vorher 30 Jahre lang diskutiert und ein Ausstieg war schon beschlossene Sache und man hat nur den Ausstieg vom Ausstieg beschlossen und das auch erst in einiger Zukunft so dass man es vielleicht sogar, wenn es die Bevölkerung mehr oder weniger vergessen hat, wieder rückgängig machen kann.

    Lehman Brothers und die Wirtschaftskrise ist ein sehr gutes Beispiel für die Machtkonzentration die mittlerweile stattfindet. Da wurden in kurzer Zeit 480 Milliarden Euro verteilt. (zum Vergleich: Bundeshaushalt 2009 325 Milliarden, Bildungsetat 2009 10 Milliarden quasi ~50 Jahre Bildungsetat wurde da mal eben schnell vergeben)

    Haushaltsexperte Kahrs verlangte zudem, die Rechte des Haushaltsausschusses zu wahren. Es gehe nicht an, dass das neunköpfige Sondergremium des Haushaltsausschusses „in Telefonkonferenz mit einer Mehrheit von fünf zu vier Milliardensummen bewegt, während der Haushaltsausschuss selbst über Beträge von 10.000 Euro streitet“. Dies sei „abenteuerlich“. Mit einer Veränderung des Rettungsschirmes müsse das ganze Parlament und der gesamte Haushaltsausschuss befasst werden, forderte Kahrs: „Herr Schäuble kann das Parlament nicht aushebeln.“

    Eine Politik wo eine handvoll Leute über solche Summen entscheidet will ich nicht haben.

    Insgesamt bin ich der Meinung das es nur sehr selten wenn überhaupt Ereignisse gibt die eine extrem schnelle politische Entscheidung brauchen. In Anbetracht das Gesetzte in der Regel einige Jahrzehnte bestand haben sollten sie sehr wohl überlegt erstellt werden.

    Nachtrag: Eine Lösung für die Bankenkrise gibt es selbst 4 Jahre später nicht, im Gegenteil die Bilanzierungsregeln für die Banken wurden sogar nochmal gelockert damit sie den Stresstest bestehen und es hat sich zu einer Eurokrise ausgeweitet die in vielen Ländern für viele Menschen existentielle Probleme hervorgerufen hat.

    ———————

    Warum jetzt ausgerechnet an der esoterischen Piratin rumgenörgelt wird, ist mir nicht klar. Unser Bundespräsident hat bei der Vereidigung die esoterischen Worte “So wahr mir Gott helfe” angefügt, da hat sich auch keiner aufgeregt.
    Und das obwohl im Namen der Kirche mehr als genug menschenverachtendes getan wurde… zur Belohnung sammeln wir sogar noch Geld für die Kirche ein.

    ———————

    Ich für meinen Teil finde die Piraten noch immer toll. Wegen ihren Vision von einer besseren Demokratie und für den Mut mit dem sie trotz der vielen Schelte immer und immer wieder neue Dinge probieren und sich den Herausforderungen stellen.
    Auch wenn sie noch in keiner Regierung sitzen habe sie schon einiges Erreicht. Sie haben einiges an Nichtwählern mobilisiert. Sie haben den “Hinterbänklern” der anderen Parteien wie Mut und Zuversicht gegeben das diese nicht nur “Stimmvieh” ihrer Führungsriege sind.
    Sie haben auch schon einigen Einfluss auf die Parteiprogramme der anderen Parteien.
    Ein Punkt der hier im Blog gerade angeprangert wird, sie setzen sich mit den Menschen die selbst mit 20,30 oder auch 40 noch keine reifen Menschen sind auseinander. Und das öffentlich, mit ein bisschen Glück führt das dazu das man den unsäglichen Frontalunterricht mit vorgefertigten Meinungen endlich mal wenig in den Schulen eindämmt.

  56. Schön hintereinander gebrachte Worte für eine traurige Realität.

  57. Hallo Meike,

    danke für die Analyse, ich halte sie zum Teil für richtig, zum Teil für falsch, aber sie ist vernünftig gemacht und gut geschrieben, besser als so manches, was ich zu dem Thema von “professionellen” Journalisten die letzten Monate lesen musste. Allerdings schließt du die falschen Schlüsse, da du Dinge auslässt.

    1. Die Piratenpartei ist so wie sie ist, da sie einfach eine strukturelle Reflektion des Internets ist. Mit all seinen Stärken und Schwächen. Dass die Schwächen bereits erkannt sind, sieht man an der Liquid Feedback Software. Damit ist eine moderne Form der Delegation möglich, basierend auf der Idee der Liquid Democracy/des Delegated Voting. Die Software kommt wohl jetzt in die 2.0 Version und es gibt auch einen Antrag dieses Tool als “Ständige Mitgliederversammlung” einzuführen. Wenn das vernünftig implementiert ist, dann werden sich Amts- und Mandatsträger bei den Piraten wohl endlich trauen, auch mal was tagespolitisches zu sagen. Dass sie die Schwächen ihrer Struktur erkannt haben und daran arbeiten, sie zu verbessern, ist Grund 1 für mich, sie zu wählen.

    2. Die Piraten sind die einzige Partei, die für Bürgerrechte und Mitbestimmung und gegen Korruption und Lobbyismus einsteht. Es gibt Strömungen bei der FDP, bei den Grünen und bei den Linken, die zwar auch in die Richtung tendieren, aber sie haben parteiintern keine Macht. Diese wechseln vielleicht irgendwann zu den Piraten, wenn sich die anderen Parteien nicht anpassen. Grund 2.

    3. Die Partei ist schon lange keine Ein-Themen-Partei, aber immer noch eine Kein-Geld-Partei. Der Mitgliedsbeitrag ist ein Witz, spricht aber für die soziale Ausrichtung der Piraten. D.h. neben Spenden sind die Piraten vor allem auf Wahlkampfkostenerstattung angewiesen, um überhaupt mal eine echte Partei werden zu können. Das wäre Grund 3.

    4. Erst wenn die Piraten im Parlament sind, werden sie ihre Struktur an die Realität anpassen müssen. Sie zu wählen, zwingt sie dazu sich zu “professionalisieren” (Ich mag das Wort nicht, habe aber auch kein besseres). Jeder Einzug in ein weiteres Parlament erzeugt bei der Basis den Druck, einer Anpassung der Struktur zuzustimmen. Da die Basis die Macht innehat, muss sie diese auch erst mal abgegeben. Bisher gab es keine Veranlassung dazu, sobald die Chance besteht, wirklich was zu ändern, steigt die Bereitschaft zum Kompromiss. Nummer 4.

    5. Wie schon von anderen erwähnt, sind die Piraten der Arschtritt für die anderen Partei endlich aufzuwachen, und uns wieder mehr als Bürger und nicht als Untertanen zu behandeln. Jeder weitere Erfolg der Piraten sorgt für mehr Transparenz, Bürgerbeteiligung, etc. Man sieht ja jetzt schon, welche Konsequenzen die Erfolge der Piraten bei den anderen Parteien haben.
    Wie die Grünen sind die Piraten diejenigen, die neue (alte) Themen in die etablierten Parteien tragen. Das alleine wäre Grund genug sie zu wählen, hier ist es der 5te.

    Und das reicht mir auch schon. Der Rest, der dagegen spricht, ist für mich irrelevant. Die Piraten werden entweder eine vernünfige Partei werden oder es wird sie auf dem Weg dahin zerreissen. Ich will die Selbstreiningung, die du ja wohl auch erwartest, dadurch beschleuningen, dass ich die Notwendigkeit dazu erhöhe.

    Sexisten, Pseudo-Nazis und andere Arschlöcher jedweder Couleur wird es weiter geben, so wie in jeder anderen Partei auch, ich hoffe da machst du dir nichts vor (nachdem ich mit grünen und linken Antisemiten Gespräche hatte, waren meine letzten Illusionen diesbezüglich auch zerstört). Die werden auch weiterhin in der Öffentlichkeit bekannt werden, solange die Öffentlichkeit ihnen Beachtung schenkt. Aber sie werden weiterhin ohne Einfluss bleiben, ich wage sogar zu behaupten, dass diese Personen bei den Piraten jetzt schon weniger Einfluss haben (zumindest auf Bundesebene), als in anderen Parteien.

    Liebe Grüße,
    André

  58. Nach meiner ganz persönlichen Wahrnehmung sind die medial angeführten innerparteilichen Probleme nicht so groß, wie sie oft dargestellt werden:

    Von anderen Parteien ist man daran gewöhnt, dass Probleme unter den Teppich gekehrt werden, solange es geht. Wenn man etwas hört, handelt es sich dann oft um ein derart gewaltiges Problem, dass man es nicht mehr verheimlichen kann. Manchmal ist es dann auch schon zu spät.

    An die neue Transparenz der Piraten ist die Bevölkerung noch nicht so sehr gewöhnt, sodass Medienschaffende diese neue Offenheit geschickt auszunutzen wissen, selbst dann, wenn der äußere Betrachter nur Zeuge des Funktionierens innerparteilicher Regelungsmechanismen wird.

    Damit möchte ich keineswegs irgendwelche Probleme marginalisieren, sondern darauf aufmerksam machen, dass sich die Presse daran gewöhnen wird, dass man von Piraten immer wieder etwas hört, auch die unschönen Seiten, welche es in jeder Partei gibt. Piraten stehen zu ihren Problemen, das ist neu.

    Und es war ja nicht die Presse, die Probleme aufgedeckt hätte, sondern es waren Piraten selbst, die ohne Nachteile fürchten zu müssen, ihre berechtigten Bedenken äußern konnten, obwohl es gerade während eines Wahlkampfes gewohnten Verhaltensmustern zuwiderläuft.

    Auch das ist neu. Die Bauchschmerzen werden sich legen.

    • Ohne Nachteile fürchten zu müssen? Na, wenn der Antrag des LV auf ein Parteiausschlussverfahren gegen den Piraten, der das öffentlich gemacht hat, kein Nachteil ist, weiß ich es nicht. Und ob besagter Pirat trotz des abgelehnten PAV da noch mal einen Fuß auf den Boden bekommt …

      Grundsätzlich zum Text: Danke. Er spricht mir aus der Seele.

  59. @ André:

    Partizipation und Entscheidungen in einer politischen Partei auf einer Software basieren zu wollen ist aber höchst exkludierend und nicht demokratisch. Und es zeugt von eindimensionalem Denken, alle Sympathisanten der Piraten seien jung und mulitmedial ausgerüstet.

    Was passiert mit all denen, die zwar grundsätzlich mit Zielen der Piraten sympathisieren, aber, aus welchen Gründen auch immer (Alter, Unkenntnis, Finanzen) nicht über die technische Infrastruktur verfügen?

    Nur auf einer Software aufbauend, lässt sich dauerhaft keine innerparteiliche Kommunikation etablieren. Oder dürfen Menschen ohne PC und Internetanschluss gar nicht Mitglied der Piraten werden?

  60. Gelesen und gemerkt am 18.4.2012 | just another weblog :: Christian Fischer – fine bloggin' since 2001 sagt:

    […] »Briefpost an die Piratenpartei (Frau Meike)Liebe Piraten, ich habe Bauchschmerzen. Das liegt nicht etwa an der etwas zweifelhaften, kross gebackenen Ente vom Chinamann gestern Abend, sondern daran, dass ich das Gefühl habe, dass Ihr gerade eine Chance, die gefühlt nur einmal alle 63 Milliarden Jahre in der politischen Landschaft vorkommt, mit Schmackes in den Sand setzt. Die Chance, etwas anders zu machen.« […]

  61. “Da wurde gesagt, eine Frau “müsse nur mal hart durchgefickt werden, vielleicht entspannt sie sich ja dann ein bisschen.”

    Er meinte sie hat einen Stock im Arsch und es nervt. Ehrlich gesagt, obwohl es nicht schön in dieser politisch richtigen Welt klingt, haben solche Sprüche (sowie bei verklemmten überspießigen Männern) Recht. Wer nicht genug und zufriedenstellenden Sex hat, ist oft für andere, entspannte Personen anstrengend und nervig. Warum soll das unser Problem sein?

  62. Gut geschrieben. Mir fehlt bei den Piraten auch ein eindeutiges Profil. Die Worthülsen sind zwar schön und nett aber letztlich bewegen sie sich auf dem Niveau unserer anderen Parteien und das ist eben kein Kompliment und lang nicht ausreichend sondern ein Zeichen von potentieller Beliebigkeit und dummer Politik ohne Ziel und Herkunft.

  63. […] 1: Volker Strübing, Poetry Slammer mit Fickt euch, Piraten. Piratenbashing 2: Frau Meike mit Briefpost an die Piratenpartei. […]

  64. Die Piraten haben keine Ahnung, das schlimme daran ist aber, dass es die anderen Parteien auch nicht haben.

  65. ,,Dass solche Äußerungen jedes Klischée bestätigen, das man vom unansehnlichen, soziopathischen Computer-Nerd hat, mit dem in der Schule nie ein Mädchen ausgehen wollte, muss ich Euch vermutlich nicht sagen.”

    Das hört sich ziemlich trollig an – woher willst du wissen, dass es ein Nerd war?

    ,,Schmeißfliegen jeglicher Kulör angezogen.”

    Achso ich dachte alle in der PP/PP-Umfeld wären Nerds?

    Und noch was – nur weil EINER, der wömichlich nichtmal in der PP ist soetwas gesagt hat kann man dafür doch nicht die ganze Partei verdammen – mal sehen, was man bei der SPD so findet…

  66. Was bringt es, sich über Leute wie Bodo Thiesen aufzuregen? Er ist einer unter 28.000. Und es ist weder ein “Formfehler”, noch verwunderlich, daß das Schiedsgericht den Ausschluß ablehnte; als Partei, die (ehemals) für das Grundgesetz eintritt (eintrat, jetzt wird das abgelehnt – “was kümmert uns das Programm von 2009? Grundrechte schützen heißt, Grundrechte solange zu schützen, bis sie uns stören”) und für den Rechtsstaat (noch) eintritt, muß man auch solche Leute aushalten – solange, bis man “ein Programm hat, das diese Leute so anwidert, daß sie freiwillig gehen” (Hartmut Semken in seinem – schlecht formulierten, und von “Offene Brief-Schreibern” und Leuten, die die Piratenpartei mit der NSdAP 1928-1933 vergleichen ganz sicher nicht verstandenen – umstrittenen ‘Blogpost).

    Die Problematik hat m.E. Markus Kompa sehr gut beschrieben (incl. der Probleme): Auch Piraten haben kein Scherbengericht – ein Scheißfall. Unbedingte Leseempfehlung!!!

    Des weiteren: man kann nicht – aus gutem Grund – die Entschädigung für Gäffgen korrekt finden (s. Heute fiel sein Dienst mir schwer…), aber andererseits verlangen, daß gegen jemanden, der sich auf den unsäglichen Germar Rudolf bezieht, grundlegende(!) rechtsstaatliche Regeln nicht gelten – und das Verbot der Doppelbestrafung nicht sehr weit hinter der Unschuldsvermutung.

    Die PIRATEN haben viele Probleme, und es gibt viele Punkte, die man an ihnen kritisieren kann, ohne auf vermeintlichen Sexismus und Rechtsradikalismus einzugehen. Den “Offenen Brief” der Jungen Pioniere kann man getrost als Publicitystunt von genau denen ansehen, die bei jedem Shitstorm an vorderster Front dabeisind.

    Daß die Piraten z.B. neuerdings “Privilegierte statt Delegierte” (FAZ) haben und die Parteitage “Kandidaten-Castingshows” sind, auf Bundesebene nahezu zu einem “Kandidatenwahlverein” degenerierten, weil die Parteitage nicht mehr arbeitsfähig sind, und alles getan wird, um den Bundesverband sowohl finanziell klein zu halten (Ablehnung von Mandatsabgaben – man dürfe die Mandatsträger nicht “bevormunden”), dafür die Basis alle Lasten tragen darf, ist schlimm. Der Personalkult um die Mandatsträger (die in Berlin anscheinend Narrenfreiheit genießen) ist schlecht. Wo die Piraten Positionen und Vorlagen haben (“Sozialstaat 3.0” der Sozialpiraten, Urheberrechts-Reformvorschlag), sind die von einer Dilletanz, daß man wünschte, sie hätten sie NICHT (si tacuisses…).

    Und man kann sich teure Bundesparteitage eigentlich sparen und das Ergebnis von Abstimmungen über Programmbeiträge und Satzungsänderungen auswürfeln; die Mehrheit der “Privilegierten” auf den Parteitagen liest sich Anträge nicht durch, hört bei der Vorstellung nicht zu, und äußert trotzdem dazu ihre Meinung und stimmt gemäß den Beiträgen dieser “Rädelsführer” in der Diskussion ab.

    Es klingt böse, aber ich hoffe, daß die Bundespartei einmal dermaßen derb vor den Prellbock fährt mit dem “Privilegierte statt Delegierte”-System, daß sie endlich ein ehrliches Delegiertensystem verabschiedet und zuschaut, wie trotz Fachausschüssen (AGen) und Delegierten Basismitglieder mitarbeiten können und gehört werden. :-(

    “Liquid Feedback” ist mittlerweile durch die Kettendelegationen Teil des Problems, nicht der Lösung – und als Werkzeug konnte es sich nicht durchsetzen, wer Liquid Democracy will, verwendet mittlerweile Adhocracy.

    Ansonsten Gruß von der Saar nach Düörpen, vor allem Althoffstraße und Möllerbrücke (Sehnsucht…).

  67. […] wenn selbst Haarhaltern die Energie ausgeht, Luftballongeplagte aufzufangen, ist es vielleicht Zeit, notfalls zur Nadel zu greifen. So lange das Schiff noch nicht gesunken ist, besteht noch Hoffnung, vorausgesetzt die Mannschaft […]

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